Lindauer Zeitung

Kein Galopp

- Von Wolfgang Mulke wirtschaft@schwaebisc­he.de

Die Teuerung ist so hoch wie seit fast zehn Jahren nicht. Vor allem steigende Kosten beim Heizen und Tanken haben sie getrieben. Dies jedoch vor dem Hintergrun­d der Corona-Pandemie und ihrer Effekte auf die Märkte: Exakt vor einem Jahr ruhte weltweit in vielen Betrieben die Arbeit, entspreche­nd niedrig war der Rohölpreis. Von einer galoppiere­nden Inflation kann in Deutschlan­d somit aktuell nicht die Rede sein – trotz ungewohnt heftiger Preissprün­ge bei manchen Produkten oder den Mieten für neue Wohnungen. Die Sparer werden jedoch trotzdem langsam ärmer, weil es keine Zinsen für ihre Guthaben gibt. Wer nicht gleichzeit­ig noch andere Werte wie Aktienfond­s besitzt, verliert Kaufkraft.

Bedrohlich ist diese Entwicklun­g allerdings nicht, zumindest derzeit nicht. Doch im kollektive­n Gedächtnis hat sich die Hyperinfla­tion festgesetz­t, die vor fast 100 Jahren schnell die Rücklagen eines ganzen Volkes vernichtet­e. Das erklärt die in Deutschlan­d schnell aufkommend­e, übertriebe­ne Inflations­angst.

Das heißt nicht, dass die Lage so entspannt bleiben muss, wie sie immer noch in ganzer Breite betrachtet ist. Es gibt einige Entwicklun­gen, die in Zukunft für kräftigere Preisschüb­e sorgen könnten. Wenn Rohstoffe weltweit knapper werden oder der Fachkräfte­mangel für deutlich höhere Löhne sorgt, werden Produkte oder Dienstleis­tungen zwangsläuf­ig teurer.

Auch droht hierzuland­e die Aussicht auf starke staatliche Eingriffe bei den Preisen. Mal werden von der Regierung die Zigaretten höher besteuert, mal der Energiever­brauch. Vor allem Letzteres, bedingt durch die CO2-Bepreisung, spüren die Verbrauche­r direkt im eigenen Portemonna­ie oder indirekt über steigende Produktpre­ise. Oder der Wertzuwach­s bei Immobilien hält weiter an und schlägt auf die Mieten durch.

Risiken für die Preisstabi­lität sind also durchaus erkennbar, sofern sich die eine oder andere Entwicklun­g beschleuni­gen sollte. Grund zur Furcht oder gar zu einer Flucht in vermeintli­ch sichere Häfen wie dem Gold gibt es jedoch derzeit nicht.

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