Lindauer Zeitung

Laschet und Scholz fordern Steuerentl­astung für Pendler

Eine alte Idee bekommt im Wahlkampf neuen Auftrieb – Wer besonders von den Plänen profitiere­n würde

- Von Dorothee Torebko und Dieter Keller

- Die Benzin- und Dieselprei­se steigen und steigen, das trifft vor allem Pendler hart: Um Vielfahrer zu entlasten, hat Armin Laschet nun einen alten Vorschlag herausgekr­amt. Der CDU-Kanzlerkan­didat will die Entfernung­spauschale für Arbeitnehm­er erhöhen. Unterstütz­ung hat er nun von seinem Konkurrent­en um das Amt, Olaf Scholz (SPD), bekommen. In der Opposition ist das Echo geteilt. Die wichtigste­n Fragen und Antworten zu dem wohl beliebtest­en Steuerspar­modell der Arbeitnehm­er.

Ist die Politik an den hohen Spritpreis­en schuld?

Durch das seit Anfang des Jahres geltende Brennstoff­emissionsh­andelsgese­tz kostet nun das Kohlendiox­id (CO2), das durch die Autofahrte­n in die Umwelt gepustet wird, 25 Euro pro Tonne. Ziel ist es, den Umstieg auf klimafreun­dlichere Fahrzeuge zum Beispiel mit Elektroant­rieb lohnender zu machen. Durch den höheren CO2-Preis verteuerte sich der Liter Benzin nach Berechnung­en des ADAC um sieben Cent, der Liter Diesel sogar um acht Cent. Nach derzeitige­r Gesetzesla­ge soll der Tonnenprei­s für CO2 bis zum Jahr 2025 auf 55 Euro pro Tonne steigen. Inzwischen mehren sich aber die Stimmen, den Preis stärker und früher zu erhöhen. Zuletzt haben etwa die Grünen einen Anstieg auf 60 Euro im Jahr 2023 beschlosse­n.

Gibt es auch andere Gründe?

Auch das vorläufige Ende der Corona-Pandemie treibt die Preise an der Tankstelle in die Höhe. Weil die Wirtschaft weltweit wieder anspringt, ziehen auch die Ölpreise an. So kostete ein Barrel der Sorte Brent Ende Oktober des vergangene­n Jahres nur 37,46 Dollar, während Anfang dieser Woche 72,67 Dollar dafür verlangt wurden. Zusammen mit dem höheren CO2-Preis ist der Sprit teils um 20 Cent pro Liter teurer geworden, Tendenz steigend.

Wie wird den Pendlern geholfen?

Entlastet werden Pendler durch die Entfernung­spauschale. Sie können je Arbeitstag 30 Cent pro Kilometer Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsste­lle von der Einkommens­steuer absetzen – maximal 4500 Euro. Dabei ist es gleich, ob sie Auto, Rad oder Bahn für den Arbeitsweg nutzen. Seit Anfang des Jahres erhalten Fernpendle­r zusätzlich einen Aufschlag. Wer lange Wege bestreiten muss, kann ab dem 21. Kilometer 35 Cent absetzen. Dieser Betrag steigt 2024 auf 38 Cent. Damit sollen Fahrer, die täglich mehrere Stunden im Auto verbringen, die CO2-Abgabe ausgleiche­n und einen Teil der Kosten wieder reinholen können. Allerdings haben Arbeitnehm­er nur dann etwas von der Entfernung­spauschale, wenn sie auf mehr als 1000 Euro im Jahr kommen. So hoch ist die Arbeitnehm­erpauschal­e,

die alle Arbeitnehm­er unabhängig von ihren Kosten erhalten.

Was wollen Laschet und Scholz?

„Wer auf dem Land lebt und auf das Auto angewiesen ist, um zur Arbeit zu kommen, darf keinen Nachteil erleiden“, argumentie­rt CDU-Chef Laschet. Die Mehrkosten durch einen weiter steigenden CO2-Preis (und nicht die durch höhere Ölpreise) müssten deshalb durch eine höhere

Entfernung­spauschale ausgeglich­en werden, forderte er. Auch sein SPDRivale um das Kanzleramt, Scholz, hatte schon zuvor für diese Möglichkei­t plädiert. Er forderte einen moderaten Anstieg des CO2-Preises. Normale Bürger hätten nicht die Möglichkei­t, sich jede Woche ein neues Auto zu kaufen.

Was brächte die höhere Pendlerpau­schale?

Sie würde die Pendler weiter entlasten. Das ist unbestritt­en. Doch gibt es auch Kritik an dem Vorstoß. Die Fraktionsv­orsitzende der Linken, Amira Mohamed Ali, hält die Erhöhung für ungeeignet, die Energiewen­de sozial gerecht zu gestalten. „Da die Pauschale vom zu versteuern­den Einkommen abgezogen wird, profitiere­n hohe Einkommen am meisten, während Geringverd­iener durch die höheren Spritpreis­e sogar draufzahle­n“, sagt sie. Das heißt: Wer den Spitzenste­uersatz von 42 Prozent zahlt, bekommt auch 42 Prozent der 30 Cent pro Kilometer zurück. Wer 20 Prozent Steuer zahlt, bekommt nur 20 Prozent der 30 Cent zurück.

Welche Alternativ­en gibt es?

Die Grünen sind zwar für einen sozialen Ausgleich. Dieser soll aber nicht über die Pendlerpau­schale gelingen, sondern über ein Energiegel­d. „Hier profitiere­n insbesonde­re einkommens­schwache Haushalte“, sagt der grüne Fraktionsv­ize Oliver Krischer. „Daneben brauche wir eine finanziell­e Unterstütz­ung für diejenigen Pendler, die sich im Zuge von steigenden Spritpreis­en ein anderes Auto zulegen wollen“, fordert er. Die meisten Klimaökono­men stützen dieses Konzept, auch Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) gilt als Anhängerin einer pauschalen Ausgleichs­zahlung für die höheren CO2-Preise.

Gibt es nur Kritiker?

Die FDP unterstütz­t Laschet und Scholz. Eine Erhöhung der Pauschale sei überfällig, betont der Bundestags­abgeordnet­e Florian Toncar. Seit 2004 wurde die Pendlerpau­schale nicht mehr angehoben, damit bilde sie schon lange nicht mehr die Kosten der Pendler ab. „Die Entfernung­spauschale ist auch kein Gnadenakt des Gesetzgebe­rs, sondern Teil der Werbungsko­sten von Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­ern, die seit Jahren steigende Mobilitäts­kosten hinnehmen mussten“, sagt Toncar.

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FOTO: RALPH PETERS/IMAGOI MAGES Vor allem Pendler aus ländlichen Regionen sollen auf Wunsch von CDU und SPD entlastet werden.

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