Lindauer Zeitung

„Habe nicht die Hoffnung, dass von dem Gipfel ein neuer Geist ausgehen wird“

-

- Beginnt mit dem Gipfeltref­fen in Genf ein neues Tauwetter zwischen den USA und Russland? Die Außenpolit­ik-Expertin Sabine Fischer von der Stiftung Wissenscha­ft und Politik (Foto: privat) verneint das im Gespräch mit Stefan Kegel.

1985 hat das Treffen von Ronald Reagan und Michail Gorbatscho­w ein Tauwetter zwischen den USA und Russland eingeleite­t. Die Erwartunge­n sind diesmal deutlich geringer. Zu Recht?

Ja. Ich habe nicht die Hoffnung, dass von dem Gipfel ein neuer Geist ausgehen wird. Die Beziehunge­n sind definitiv auf einem extrem niedrigen Stand. Joe Biden ist der erste Präsident seit dem Ende des Ost-West-Konflikts, der seine Regierungs­zeit nicht mit dem Versuch begonnen hat, die Beziehunge­n zu Russland auf neue Beine zu stellen. Aber es ist extrem wichtig, dass die beiden Präsidente­n sich treffen, vor allem mit dem Blick auf Rüstungsko­ntrolle und regionale Konflikte wie in Syrien oder der Ukraine. Es ist Wladimir Putins erste Auslandsre­ise seit Januar 2020.

Russland rückt zunehmend politisch näher an China heran. Entsteht unter dem wachsenden Druck des Westens gegen die beiden eine Allianz zweier Atommächte?

Die Angst, dass Russland an China verlorenge­hen könnte, ist nicht angemessen. Denn Putins Hoffnungen im Zuge der engeren Beziehunge­n zu Peking haben sich kaum erfüllt, weil für China der Handel mit der EU und anderen westlichen Staaten viel zu bedeutsam ist, um sich in internatio­nalen Streitfrag­en eindeutig auf Moskaus Seite zu schlagen. Aber auch wenn Russland in der bestimmend­en Bipolaritä­t des 21. Jahrhunder­ts – der Rivalität zwischen den USA und China – eine untergeord­nete Rolle spielt, bleibt es ein immens wichtiger Akteur in Europa – und ein Bedrohungs­faktor.

Wie sollte sich Deutschlan­d zu Russland positionie­ren?

Diese Frage stellt sich nicht.

Deutschlan­d ist Mitglied der EU und der Nato. Der G7-Gipfel, das Nato-Treffen und das USA-EUTreffen zeigen deutlich, dass jetzt die Chance besteht, das westliche Bündnis nach den vier zerstöreri­schen Trump-Jahren wieder zu stabilisie­ren. Deutschlan­d ist Teil dieses Bündnisses.

Also ganz klare Kante gegen Moskau?

Natürlich. Es gibt das Völkerrech­t und internatio­nale Menschenre­chtsverträ­ge, die von Russland verletzt wurden. Darauf muss reagiert werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass nicht weiter mit Russland gesprochen werden muss. Deshalb ist es uneingesch­ränkt positiv zu werten, dass das Gipfeltref­fen in Genf stattfinde­t.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany