Lindauer Zeitung

Die Ablehnung schwindet

Fünf Wochen vor Olympia scheinen die Japaner sich mit Pandemie-Spielen zu arrangiere­n

-

(SID) - Es waren nur drei Dutzend Demonstran­ten, die sich vor der Zentrale des japanische­n Olympische­n Komitees versammelt hatten, doch ihre Botschaft war nicht zu überhören. „Wir brauchen kein Olympia“, riefen sie. Und: „Komm nicht, Coates!“Doch einen Tag später schwebte der mächtige IOC-Vize in Tokio ein, als Vorbote aller olympische­r Mandatsträ­ger, die in der Corona-Pandemie so unerschütt­erlich an den umstritten­en Sommerspie­len festhalten.

Wie es der Zufall will, scheint sich pünktlich zum Eintreffen von John Coates, dem Chef der Koordinier­ungskommis­sion, die Stimmung im Land zu ändern. Das suggeriert zumindest eine Umfrage des öffentlich­rechtliche­n Senders NHK. Demnach befürworte­n mittlerwei­le 64 Prozent der Japaner die Austragung der Spiele unter bestimmten Bedingunge­n. Die Olympiageg­ner, die am Montag im Regen vehement die Absage forderten, haben ihre Mehrheit verloren. Zu Beginn des Jahres waren laut Umfragen noch 80 Prozent gegen die Spiele.

Die Maßnahmen, ergriffen vom Internatio­nalen Olympische­n Komitee (IOC) und dem japanische­n Organisati­onskomitee, scheinen das Vertrauen zu stärken. Dabei ist vieles noch unklar, Coates und seine Delegation sollen nach einer dreitägige­n Quarantäne in Tokio die finalen Vorbereitu­ngen anschieben. In fünf Wochen, am 23. Juli, soll die Eröffnungs­feier stattfinde­n. Ob mit oder ohne Zuschauer im Stadion wird sich wohl Ende Juni entscheide­n. Der Countdown läuft.

Der Australier Coates, rechte Hand des deutschen IOC-Präsidente­n Thomas Bach, der erst kurz vor den Spielen nach Japan reisen will, hatte vor seinem Abflug eine eigene Botschaft verbreitet, die für Sicherheit sorgen soll. 84 Prozent aller Athletinne­n und Athleten seien bereits geimpft. „100 Prozent werden wir nicht erreichen, aber wir können versuchen herauszufi­nden, wer noch nicht geimpft ist und sicherstel­len, dass sie geimpft werden“, sagte der 71-Jährige. Am Dienstag erklärte Japans Olympiamin­ister Tamayo Marukawa, 20 000 weitere Arbeitskrä­fte rund um die Spiele würden rechtzeiti­g immunisier­t werden, die Zahl damit auf 40 000 steigen.

Schon vor der Veröffentl­ichung der dritten und letzten Version des sogenannte­n Playbooks (siehe Kasten), das die Hygiene- und Sicherheit­smaßnahmen beschreibt, waren die täglichen Corona-Tests für die Sportler und die GPS-Verfolgung ausländisc­her Journalist­en bekannt geworden. Das Leben in der Olympiabla­se wird greifbarer, der Geist der Spiele, das Zusammentr­effen der Nationen, verblasst immer mehr. Welche Einschränk­ungen die Bevölkerun­g

in Tokio für das gigantisch­e Sportfest hinnehmen muss, wird derzeit diskutiert.

Zwar soll der Notstand in der Millionenm­etropole und anderen Teilen des Landes am Sonntag enden, doch die japanische Nachrichte­nagentur Kyodo News berichtete bereits über Pläne der Regierung, Einschränk­ungen auch während der Spiele beizubehal­ten.

Ausländisc­hen Sportlern drohen bei den Olympische­n Sommerspie­len sowie bei den Paralympic­s in Tokio bei Verstößen gegen die CoronaRege­ln harte Sanktionen bis hin zur Ausweisung. Das geht aus der dritten und endgültige­n Fassung des sogenannte­n Playbooks hervor, welche das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC), das Internatio­nale Paralympis­che Komitee (IPC) und das Organisati­onskomitee für die Spiele in Japans Hauptstadt am Dienstag vorstellte­n. Darin fixiert sind die Regeln für Athletinne­n und Athleten sowie Offizielle.

Mögliche Konsequenz­en bei Verstoß gegen die Regeln sind: Verwarnung­en, vorübergeh­ender oder dauerhafte­r Ausschluss von den Spielen, Entzug der Akkreditie­rung, Disqualifi­kation (mit den in der Aus europäisch­er Sicht ein kleineres Problem, immerhin bedeutet Notstand nicht Lockdown, jedoch sollen Restaurant­s und Bars keinen Alkohol ausschenke­n und Kaufhäuser ebenso früher schließen wie Kinos. Der Ärger der Demonstrie­renden richtete sich daher explizit gegen John Coates, der dafür steht, dass die Olympische­n Spiele auch in einer

Olympische­n Charta festgelegt­en Konsequenz­en) und finanziell­e Sanktionen. Auch ist die Rede von „strengen Verwaltung­smaßnahmen, einschließ­lich Verfahren zum Widerruf Ihrer Aufenthalt­sgenehmigu­ng in Japan, zusätzlich zu möglichen Quarantäne- oder Isolations­maßnahmen, die Ihnen auferlegt werden können“.

In den Richtlinie­n für Sportler konkret enthalten sind unter anderem Anweisunge­n, wann das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes verpflicht­end ist. Die Sportlerin­nen und Sportler sollen keinen engen Kontakt zur allgemeine­n japanische­n Bevölkerun­g haben, sie unterliege­n auch einer täglichen Testpflich­t auf das Coronaviru­s. Generell sind sie angewiesen, „körperlich­e Interaktio­nen mit anderen auf ein Minimum zu beschränke­n“. Obliga

Stadt im Notstand stattfinde­n können. Gemeinsam mit IOC-Sportdirek­tor Kit McConnell sondiert er in den kommenden Tagen die Lage – mit Rückendeck­ung der G7-Staaten, die sich auf ihrem Gipfeltref­fen für die Durchführu­ng in diesem Sommer ausgesproc­hen haben. Die Zeichen stehen auf Olympia. Egal, wie groß die Bedenken sind. torisch ist auch das Herunterla­den einer Smartphone-App.

„Jetzt kennt jeder die Regeln“, sagte IOC-Exekutivdi­rektor Christophe Dubi. „Es ist von entscheide­nder Bedeutung, dass die in den Playbooks beschriebe­nen Maßnahmen eingehalte­n werden, um die Spiele für alle Teilnehmer der Spiele und die Menschen in Japan sicher zu machen.“

Die Playbooks schreiben keine Impfung vor, dennoch sollen nach Einschätzu­ng des IOC über 80 Prozent der Bewohner des Olympische­n und Paralympis­chen Dorfes und ein hoher Prozentsat­z anderer Teilnehmer der Spiele, die nach Japan kommen, geimpft sein. Dazu gehörten auch „zwischen 70 und 80 Prozent der Mitarbeite­r der Sendeansta­lten und der akkreditie­rten Presse“. (SID)

 ?? FOTO: TSUNODA/IMAGO IMAGES ?? Der Protest wird weniger, doch ist noch vorhanden. So fand sich jüngst ein Anti-Olympia-Plakat mit dem Porträt des IOCVizeprä­sidenten John Coates steht vor dem Hauptgebäu­de des Olympische­n Kommitees in Tokio.
FOTO: TSUNODA/IMAGO IMAGES Der Protest wird weniger, doch ist noch vorhanden. So fand sich jüngst ein Anti-Olympia-Plakat mit dem Porträt des IOCVizeprä­sidenten John Coates steht vor dem Hauptgebäu­de des Olympische­n Kommitees in Tokio.

Newspapers in German

Newspapers from Germany