Mehr Platz für die Natur an der Iller
Der bedeutendste Fluss Schwabens soll wieder natürlicher werden – Programm ist über Jahrzehnte angelegt
„Das ist toll mit diesen Tafeln“, ruft eine Radfahrerin den Mitarbeitern des Wasserwirtschaftamtes beim Vorbeiradeln zu. Hier, an der Iller bei Waltenhofen-Rauns (Kreis Oberallgäu), hat die Fachbehörde weitere großflächige Informationstafeln aufgestellt, die Wanderern und Radlern gewässerökologische Zusammenhänge nahebringen sollen. Viele Fotos von Wasserwirtschaftsamts-Mitarbeiter Armin Rieg zeigen Vögel und Fische der Flusslandschaft. Erklärt wird, warum Wurzelstöcke im Fluss, Kiesbänke und Altholz so wichtig für die Natur sind.
Rückblende: Mit der Industrialisierung um etwa 1900 hatten auch im Allgäu die meisten Flüsse und Bäche ihren natürlichen Charakter verloren. Viele Gewässer schlängeln sich nicht mehr durch die Landschaft, sondern sind kanalartig vertieft. Kiesbänke wurden beseitigt, Dämme gebaut. Auf der Strecke geblieben ist die Artenvielfalt. Ein Beispiel ist die Nase, ein früher häufig vorkommender Schwarmfisch. Heute ist er vom Aussterben bedroht.
Bei Waltenhofen-Rauns ist vor drei Jahren die Iller aufgeweitet worden. Der Fluss wurde in gewisser Weise aus seinem starren, kanalartigen Gewässerbett befreit. Kiesbänke entstanden, eine riesige alte Silberweide wird vom Wasser umspült. Ihr breitflächiges Wurzelwerk reicht bis ins Wasser und dient Fischen als Unterschlupf. Fast eine Million Euro hat die Renaturierung des Flusses bei Rauns gekostet. „Wir sind mit dem Projekt sehr zufrieden“, sagt der Chef des Wasserwirtschaftsamtes, Karl Schindele. Bis sich Erfolge einstellen, dauert es oft Jahre. Das gelte vor allem für die Fischfauna, erläutert Dr. Oliver Born, Fachberater für Fischerei im Bezirk Schwaben.
An der insgesamt 147 Kilometer langen Iller wird seit über 20 Jahren auch an anderen Stellen versucht, die Gewässerökologie zu verbessern. Dabei geht es vor allem auch darum, den Fluss mit den vielen Wasserkraftwerken wieder durchgängig für Fische werden zu lassen.
Erfolge stellen sich ein: Vom Illerursprung bis zur Staustufe 8 bei Lautrach im Unterallgäu ist der Fluss für Fische wieder voll durchlässig. Mit einer Ausnahme: Das sogenannte Felsenwehr bei Kempten stellt laut Wasserwirtschaftsamt noch eine
Länge: Mit 147 Kilometern Länge von Oberstdorf bis Neu-Ulm ist die Iller der bedeutendste Fluss im Regierungsbezirk Schwaben. Anfang: Eine Quelle gibt es nicht. Der Fluss entsteht am Iller-Ursprung bei Oberstdorf durch den Zusammenfluss der Gebirgsbäche Breitach, Stillach und Trettach. Verlauf: Auf ihrem Weg nach Norden durchquert die Iller den Landdorf kaum zu überwindende Hürde dar. Die Iller zu renaturieren, werde noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen, sagt Schindele.
Im Zuge des Projekts „Agile Iller“werden in den nächsten zehn Jahren im Rahmen eines länderübergreifenden Projekts zwischen Bayern und Baden-Württemberg für den Abschnitt zwischen Aitrach nahe Memmingen und Wiblingen insgesamt 70 Millionen Euro bereitgestellt. Da, wo der Fluss aufgeweitet wird, entstehen kreis Oberallgäu mit den Städten Sonthofen, Immenstadt und schließlich Kempten. Danach fließt sie ins Unterallgäu und bildet bald in Oberschwaben die Grenze zwischen Bayern und Baden-Württemberg.
Höhenunterschied: Vom Zusammenfluss bis zur Mündung überwindet die Iller gut 314 Höhenmeter. Der Illerursprung bei Oberstneue Naherholungsräume – wie beispielsweise bei Rauns. Auf der dortigen Kiesbank halten sich oft Menschen auf – zum Sonnenbaden und Picknicken. „Es ist wichtig, dass gezielte Zugänge geschaffen werden“, sagt WasserwirtschaftsamtsSprecher Rieg. Das diene der Besucherlenkung und so könne man andere schützenswerte Bereiche schonen.
Immer mehr Menschen bevölkern im Sommer den Fluss, heißt es vom Wasserwirtschaftsamt. Bis auf wenige Ausnahmen gebe es aber noch keine „Übernutzung“, sagt Schindele. Mit den Informationstafeln will die Behörde auch einen Schritt in Richtung Umweltbildung gehen: Denn nur was der Mensch kenne und verstehe, sei er auch zu schützen bereit. Später am Nachmittag bevölkern einige Badegäste die Kiesbank. Eigentlich rät die Fachbehörde generell davon ab, in der Iller zu baden. Die Stadt Kempten hat sogar ein Verbot erlassen. Demnach ist das Baden in der Iller, im Stadtweiher und in der Rottach verboten. Schindele empfiehlt als Badegewässer die Seen, die alle eine gute Wasserqualität aufweisen. In die Iller gelangt schon im Oberlauf Wasser aus Regen-Überlaufbecken und Mischwasserkanälen. Deshalb gilt der Fluss – anders als die Isar – nicht als Badegewässer.
liegt auf 783 Metern Höhe, die Mündung auf 468 Metern. Energiegewinnung: Drei der vier großen deutschen Energieversorgungsunternehmen betreiben an der Iller zusammen 13 LaufwasserKraftwerke. Zudem gibt es vier Stauseen.
Mündung: Südwestlich der Ulmer Innenstadt mündet sie in die Donau.