Zwischen Optimismus und Delta-Angst
Fortschritte bei Reisen und Impfungen – Mutation des Coronavirus breitet sich aus
(dpa/AFP) - Die Corona-Lage entspannt sich, Reisen in weitere Urlaubsziele werden einfacher und jeder Zweite in Deutschland hat jetzt mindestens eine erste Impfung. Doch trotz dieser Entwicklungen werben Bundesregierung, Wissenschaftler und Ärzte weiter für Vorsicht in der Pandemie. Viele Experten warnen unterdessen vor der Delta-Variante des Virus, die zunächst in Indien aufgetreten war und als wesentlich ansteckender gilt.
„Das kann ein guter Sommer werden“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag in Berlin. Es gebe Anlass zur Zuversicht – vor allem, wenn alle aufmerksam blieben. Sorgen bereiten ihm und Lothar Wieler, dem Präsidenten des Robert-Koch-Instituts (RKI), jedoch die Prognosen bei der Delta-Variante. So befürchtet auch der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, eine rasche Ausbreitung. Montgomery sieht Handlungsbedarf bei der Politik. Es sei zu erwarten, dass sich die Delta-Variante in Deutschland noch schneller ausbreite als die bisherigen Varianten, sagte er der Funke Mediengruppe. „Das Tückische bei dieser Variante ist, dass Infizierte sehr schnell eine sehr hohe Viruslast im Rachen haben und damit andere anstecken können, bevor sie überhaupt merken, dass sie sich infiziert haben.“
Solange noch nicht genügend Menschen geimpft seien, müssten vor allem die Ansteckungsrisiken im Alltag reduziert werden, mahnte der Ärztevertreter. „Im öffentlichen
Nahverkehr, in Geschäften und anderen Innenräumen sollten deswegen unbedingt weiterhin FFP2-Masken getragen werden.“Die Länder sollten prüfen, ob geplante Lockerungen nicht zu weit gingen. „Sie sollten außerdem die politische Größe haben, angekündigte Lockerungen wieder zurückzunehmen, wenn die Infektionszahlen durch die Delta-Variante wieder steigen sollten“, betonte Montgomery. Dies habe etwa die britische Regierung vorbildlich getan. Dort ist die Delta-Variante bereits weit verbreitet. Auch RKI-Chef Wieler mahnte, weiter auf Masken und Abstand zu achten. „Das Virus ist nicht verschwunden. Lassen Sie uns die Erfolge nicht leichtfertig verspielen“, sagte Wieler am Freitag in Berlin.
Bundesweit ist die Zahl der Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen nach jüngsten RKI-Zahlen weiter gesunken – auf nun 10,3 nach 18,6 vor einer Woche. Die Hälfte der 16 Bundesländer liegt demnach unter 10, die Spanne reicht von 3 in Mecklenburg-Vorpommern bis 16 in Baden-Württemberg. Auch im Südwesten breitet sich die Delta-Variante des Corona-virus weiter aus. In den vergangenen zwei Wochen habe ihr Anteil an den besorgniserregenden Varianten bei 4,62 Prozent gelegen, teilte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums am Freitag in Stuttgart mit. In den 14 Tagen zuvor waren es noch 1,89 Prozent. Bei 13 Prozent dieser Fälle handele es sich um Reiserückkehrer.