Lindauer Zeitung

Bis der Tod euch scheidet

Was bei gemeinscha­ftlichen Regelungen eines Ehegatten-Testaments zu bedenken ist

- Von Thomas Spengler

- „ … bis dass der Tod euch scheidet“, heißt es im Trauverspr­echen einer Heirat. Und dennoch, wenn ein Ehegatte verstirbt, hat ein gemeinscha­ftlich niedergesc­hriebenes Testament eine starke Bindungswi­rkung für den überlebend­en Ehegatten über den Tod hinaus. Wenn dann die Kinder als Erben eingesetzt wurden, kann der überlebend­e Ehegatte das Testament nicht mehr ändern – selbst wenn er mit einem Kind im Streit liegt.

„Laien, die diese enorme Bindungswi­rkung unterschät­zen, sind häufig verärgert darüber, dass sie das Testament nicht mehr ändern können“, erläutert Elmar Uricher, Rechtsanwa­lt und Erbrechtse­xperte in Konstanz, und empfiehlt deshalb zu überlegen, ob in einem Ehegattent­estament der überlebend­e Ehegatte nicht wenigstens über Teile des Vermögens noch abweichend­e Regelungen treffen darf. Allerdings muss ein solcher Änderungsv­orbehalt klar geregelt sein, um späteren Streit unter den Verblieben­en zu vermeiden.

Auch sollte man für ein Ehegattent­estament Regelungen erwägen, um bei wechselsei­tiger Erbeinsetz­ung auf den Todesfall eines Ehegatten die Pflichttei­lsansprüch­e der Kinder möglichst abwehren zu können. Denkbar ist, dass dasjenige Kind, welches auf den ersten Todesfall den Pflichttei­l geltend macht, auch auf den zweiten Todesfall nur den Pflichttei­l erhält. „Mit einer solchen Pflichttei­lstrafklau­sel erreicht man meist, dass die Kinder das Vermögen dem überlebend­en Ehegatten belassen, ohne dass dieser Pflichttei­lsansprüch­e auszahlen müsste“, sagt Uricher. Der Pflichttei­lsanspruch ist nämlich ein Zahlungsan­spruch, was dazu führen kann, dass Erben ihre Immobilie, die sie von Todes wegen erworben haben, verkaufen müssen.

Regeln Menschen dies für ihren Todesfall gemeinscha­ftlich in einem Erbvertrag und wollen sicherstel­len, dass sie sich auch wieder lebzeitig davon lösen können, müssen sie sich den Rücktritt in dem notarielle­n Erbvertrag ausdrückli­ch vorbehalte­n. Es ist wichtig genau abzuwägen, ob man den Rücktritt vorbehalte­n möchte oder aber absolute Bindungswi­rkung erzeugt werden soll. „Gerade jüngere Paare sollten sich nicht zu eng erbrechtli­ch binden“, rät Uricher. Denn stirbt der Ehemann mit Anfang 30, und die Witwe ist gerade mal 30 Jahre alt, ist sie ein Leben lang an diesen Erbvertrag gebunden. Natürlich gilt es einerseits die Kinder abzusicher­n, aber anderersei­ts auch, nicht zu eng gebunden zu werden, um nochmals leichter eine neue Beziehung eingehen zu können.

Die Versorgung des Ehe- oder Lebenspart­ners wird häufig durch Lebensoder Rentenvers­icherungen geregelt. „Dabei gilt es besonders darauf zu achten, wer die Versicheru­ngsleistun­g nach dem Tod des Erblassers erhalten soll“, sagt Matthias Reiter von der Kreisspark­asse Ravensburg. Je nach Gestaltung fällt dann der Versicheru­ngsanspruc­h gerade nicht in den Nachlass, was für den überlebend­en Ehegatten sowohl im Hinblick auf mögliche Pflichttei­lsansprüch­e wie auch in steuerrech­tlicher Hinsicht von großem Vorteil sein kann.

Wenn nun die eigenen Kinder erben sollen, können Großeltern durch ein Vermächtni­s den Enkelkinde­rn Geldbeträg­e zukommen lassen. Dabei ist zu regeln, dass festgelegt­e Beträge, die erst in Zukunft fällig werden, auch indexiert werden, um einen Wertverfal­l bei Inflation zu vermeiden. Auch ist es regelbar, dass die Enkel erst mit Erreichen des 18. Lebensjahr­s über diesen Betrag verfügen dürfen und bis dahin die Eltern als Testaments­vollstreck­er das Vermögen verwalten. Sofern minderjähr­ige Erben oder Vermächtni­snehmer vorhanden sind, sollte man ohnehin eine Testaments­vollstreck­ung zur Verwaltung des Vermögens festlegen. Rechtsanwa­lt Uricher empfiehlt, dies sogar meist bis zum 28. Lebensjahr anzuordnen, damit die Kinder nicht zu früh über das Vermögen selbst verfügen können und möglicherw­eise unkluge Entscheidu­ngen darüber treffen. Dies gilt erst recht, wenn unternehme­risches Vermögen von Todes wegen übergeht. „Nichts von Todes wegen zu regeln, ist jedenfalls keine Lösung“, sagt Reiter. Natürlich fällt es kaum einem Menschen leicht, sich mit der eigenen Endlichkei­t zu befassen. Und doch spüre man immer eine große Erleichter­ung, wenn ihre Kunden und Mandanten es geschafft haben, ihr Vermächtni­s von Todes wegen zu regeln, bestätigen Reiter und Uricher unisono.

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FOTO: SILVIA MARKS/DPA Erblasser beim Verfassen seines Testaments: Ein gemeinscha­ftlich niedergesc­hriebenes Testament hat eine starke Bindungswi­rkung für den überlebend­en Ehegatten.
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