Ausgleich für die vielen verlorenen Verkaufstage
Einzelhandel fordert Sonntagsöffnung als Ausgleich für den Corona-Lockdown – Gewerkschaft kündigt energischen Widerstand an
- Der Vorstoß des Handelsverbands Deutschland (HDE), nach dem Umsatzeinbruch im stationären Einzelhandel die restlichen Sonntage 2021 für alle deutschen Geschäfte für verkaufsoffen zu erklären, ist auf ein unterschiedliches Echo gestoßen. So erklärte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, eine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten sei „dringend geboten“, damit sich der stationäre Einzelhandel im Wettbewerb gegen den Onlinehandel behaupten könne.
Auch der Städte- und Gemeindebund unterstützt diese Linie: Man müsse „jetzt alles tun, damit unsere Innenstädte und Ortskerne nicht weiter veröden“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Mehr als 100 000 Einzelhandelsgeschäfte könnten schließen. Sonntagsöffnungszeiten wären für ihn „ein kleines, aber wichtiges Signal“. Auch der Vize-Fraktionschef der FDP im Bundestag, Michael Theurer, setzt auf die Sonntagsöffnung. Die bringe „den privaten Konsum wieder in die Innenstädte“. Während aktuell sonntags der Onlinehandel boome, herrsche in den Innenstädten gähnende Leere. Dabei hätten die Deutschen in der CoronaKrise „mit sieben Billionen Euro ein Rekord-Geldvermögen angespart“. Geld für Konsum sei also da.
Vorsichtiger äußerte sich der stellvertretende wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andreas Lämmel: Die für diese Frage zuständigen Länder sollten den Vorschlag bewerten. Die Unionsfraktion werde sich in den nächsten Tagen mit dem Thema befassen „und prüfen, ob er ein Beitrag zur Stärkung des stationären Einzelhandels sein kann“. Dagegen wertete die Gewerkschaft Verdi den Vorstoß als „Generalangriff auf die
Handelsbeschäftigten, ihre Familien, aber auch auf das Grundgesetz“, sagte die im Bundesvorstand für Handel zuständige Stefanie Nutzenberger. Für sie wäre das „ein schwerwiegender gesellschaftspolitischer Eingriff“. Mit den kirchlichen Bündnispartnern in der „Bundesallianz für den freien Sonntag“werde man sich mit allen Mitteln zur Wehr setzen.
HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth hatte eine „Enttabuisierung des Themas“gefordert. Bekomme man mehr Verkaufstage, böte das den Händlern die Chance, wenigstens einen Teil des in der Pandemie entgangenen Umsatzes nachzuholen.