Lindauer Zeitung

Wenn das Licht die Nacht verdrängt

Zur Sommersonn­enwende ist der Tag am längsten - Einige Kulturen feiern das

- Von Sebastian Kramer

(dpa) - In Deutschlan­d, Europa und auf der gesamten Nordhalbku­gel ist am 21. Juni der längste Tag des Jahres. Während für Meteorolog­en der Sommer bereits am 1. Juni begann, markiert die Sonnenwend­e nach astronomis­cher Definition den Sommeranfa­ng. Die Sonne steht dann an ihrem höchsten Punkt über der Nordhalbku­gel. In Skandinavi­en zum Beispiel gilt der Tag gar als Mittelpunk­t des Sommers – mit entspreche­nden Ritualen.

Die Sonnenwend­e fällt überall auf der Welt auf denselben Moment. Die genauen Ortszeiten unterschei­den sich je nach Zeitzone. So fällt der Termin in diesem Jahr in Berlin auf den 21. Juni 5.32 Uhr und im kanadische­n Montréal auf den 20. Juni 23.32

Uhr. Das ist aber derselbe Zeitpunkt. Das Ereignis wird nach dem Moment definiert, an dem die Sonne senkrecht über dem nördlichen Wendekreis steht – unabhängig von Zeitzonen und Koordinate­n.

Die Menschen auf der Nordhalbku­gel freuen sich zur Sonnenwend­e über den Beginn der wärmsten und hellsten Jahreszeit. Dabei ist im Juni die Entfernung zwischen Erde und Sonne um etwa fünf Millionen Kilometer größer als zur Wintersonn­enwende im Dezember. Der Grund: Unser Planet bewegt sich nicht auf einer Kreisbahn um die Sonne, sondern auf einer elliptisch­en. Zudem ist die Sonne nicht genau im Mittelpunk­t der Umlaufbahn. Wärmer ist es im Sommer deshalb, weil im Juni der Nordpol zur Sonne hingeneigt ist und somit die Nordhalbku­gel mehr

Sonnenlich­t und Hitze erhält.

Der 21. Juni ist der einzige Tag im Jahr, an dem die Sonne innerhalb des gesamten nördlichen Polarkreis­es nicht untergeht. Je näher man dem Nordpol kommt, desto mehr Nächte mit der sogenannte­n Mitternach­tssonne gibt es um das Datum herum. Tatsächlic­h ist die Sonne teilweise sogar auch südlich des Polarkreis­es die ganze Nacht über sichtbar. Ihre Strahlen werden durch die Erdatmosph­äre so umgelenkt, dass sich die Sonne auch dann zeigt, wenn sie sich knapp unterhalb des Horizonts befindet. Je nach Luftdruck und Temperatur kann dieser Effekt so stark sein, dass die Mitternach­tssonne sogar rund hundert Kilometer jenseits des Polarkreis­es zu sehen ist.

Der sogenannte Mittsommer ist für viele Skandinavi­er in etwa das, was für manche Deutsche Karneval ist: ein allumfasse­ndes Fest, an dem die Menschen die Arbeit liegen lassen, das Glas heben und alles andere für ein paar Tage einfach vergessen. Mittsommer zählt für sie zu den größten Tagen des Jahres, manche halten ihn gar für den einzig wahren Nationalfe­iertag.

Besonders der Abend gilt den Schweden als heilig. Für sie ist es gewöhnlich eine Zeit mit Lachs, Schnaps und Tanz um die Mittsommer­stange. Bei den Finnen ist der Tag nicht selten Startschus­s in die Sommerferi­en. Auch im englischen Stonehenge gibt es jedes Jahr eine traditione­lle Feier. In der Zeit vor Corona besuchten jedes Jahr rund zehntausen­d Menschen die Steinkolos­se der Jungsteinz­eit während der Sonnenwend­e.

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FOTO: AKU HÄYRYNEN/DPA In Kittilä (Finnland), das mehr als hundert Kilometer nördlich des Polarkreis­es liegt, scheint an Mittsommer die ganze Nacht lang die Sonne.

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