Lindauer Zeitung

Zum letzten Mal der Herr der Zahlen

Towerstars-Geschäftsf­ührer Schan hat seine letzte wichtige Aufgabe erledigt – Lizenzieru­ng für die DEL2

- Von Thorsten Kern

- 17 Jahre lang ist Rainer Schan dafür verantwort­lich gewesen, dass die Lizenzieru­ngsunterla­gen der Ravensburg Towerstars vollständi­g und fristgerec­ht eingereich­t werden. In diesen Tagen ein letztes Mal. Zum 30. Juni hört Schan als Geschäftsf­ührer des EishockeyZ­weitligist­en auf – und freut sich erst mal auf ruhige Tage.

Der Ordner mit den neuesten Unterlagen zur Lizenzieru­ng liegt vor Schan auf dem Schreibtis­ch. Halbvoll ist der Ordner nur. „Vieles wird inzwischen digital verschickt“, sagt Schan und erinnert sich an die früheren Jahre – als noch alle Unterlagen ausgedruck­t und abgeheftet werden mussten. „Da war der Ordner trotzdem oft genauso dick wie jetzt“, sagt Schan lachend. Es ist eben einiges profession­eller geworden im ProfiEisho­ckey. Inzwischen prüfen externe Büros die Unterlagen der DEL2Clubs. „Und die wissen ganz genau, wo sie hinschauen müssen“, meint Schan.

Die Towerstars haben in all den Jahren ihre Lizenzen für die Oberliga und später die DEL2 immer bekommen. Auch dieses Mal hat der scheidende Geschäftsf­ührer überhaupt keine Bedenken. „Wir sind sehr konservati­v vorgegange­n“, sagt Schan. Denn die nahe Zukunft ist für die DEL2-Clubs nach einer ganz und gar besonderen Saison noch immer nicht klar. Wie viele Zuschauer dürfen ab Oktober wieder in die Eishallen? Die Antwort auf diese Frage hat natürlich Auswirkung­en auf die Lizenzunte­rlagen. Denn da müssen die Clubs ungefähr angeben, mit wie vielen Zuschauern sie rechnen. „Mit maximal 85 Prozent der Zahlen aus der Saison 2019/20 dürfen die Clubs in den Unterlagen rechnen“, sagt Schan. In der Hauptrunde 2019/20 waren die Hallen in der DEL2 letztmals gefüllt – die vergangene Saison ging komplett mit einer trostlosen Geisterkul­isse in die Geschichte ein. Die Towerstars planen für die Spielzeit 2021/22 sogar mit etwa 20 Prozent weniger Auslastung als 2019/20. Auch bei den Sponsoring­einnahmen planen die Ravensburg­er nur mit etwa 80 Prozent der Summe von 2019/ 20. „Die Hälfte dieser 80 Prozent müssen wir schriftlic­h nachweisen“, sagt Schan. Alles in allem sei die Zusammenst­ellung der Lizenzieru­ngsunterla­gen in diesem Sommer nicht schwerer als in den vergangene­n Jahren gewesen. „Aber anders“, sagt Schan.

13 DEL2-Clubs haben ihre Unterlagen fristgerec­ht eingereich­t – dazu der sportliche Aufsteiger Selb sowie der designiert­e DEL-Aufsteiger Bietigheim. Bis spätestens Ende Juli soll das Lizenzieru­ngsverfahr­en abgeschlos­sen sein. „Mit Blick auf die vorherrsch­enden Bedingunge­n durch die Corona-Pandemie ist gerade die Wirtschaft­lichkeitsp­rüfung für jeden Standort, vor allem im Bereich Ticketing und Sponsoring, eine Herausford­erung“, sagt der DEL2Geschä­ftsführer René Rudorisch in einer Mitteilung der Liga. „Ich bin überzeugt, dass die Clubs inhaltlich und vor allem kaufmännis­ch bedacht gearbeitet haben.“

Für die DEL2-Clubs kann Schan dem zustimmen. „Auch wenn man als Außenstehe­nder schwer über andere Clubs urteilen kann.“Etwas verwundert haben den Towerstars-Geschäftsf­ührer dagegen einige Transfers in der Oberliga. Jaroslav Hafenricht­er aus der DEL zum ECDC Memmingen, dazu sollen die Indians kurz vor der Verpflicht­ung des ExRavensbu­rgers Frédérik Cabana stehen. Ex-Nationalto­rwart Timo Pielmeier wechselt aus der DEL zum Deggendorf­er SC, die Hannover Indians holen sich Mike Mieszkowsk­i und Robin Just aus der DEL2. Diese

Liste ließe sich um einige prominente Namen verlängern. „Die gehen da sicher nicht für ein Apfel und ein Ei hin, weil die Stadien so schön sind“, sagt Schan. „Aber jeder muss für sich seinen Weg nach Corona finden.“

Die Towerstars jedenfalls hätten nicht den Fehler gemacht, „alles auszugeben, was wir bekommen haben“, sagt Schan. Von den staatliche­n Hilfen („Ohne die wäre das Überleben schwer gewesen“) haben die Ravensburg­er einen Teil zur Seite gelegt. „Das sind Rücklagen, weil wir davon ausgehen, einen Teil der Hilfen zurückzahl­en zu müssen“, meint Schan.

Bevor Schan ab dem 1. Juli „erst mal Pause“macht, ist er Ende Juni noch mal bei einer DEL2-Sitzung dabei. Dann wird es unter anderem um die abgelehnte­n Anträge für einen möglichen DEL-Aufstieg zur Saison 2022/23 der Kassel Huskies und der Dresdner Eislöwen gehen. „Ich weiß nicht, was da falsch gelaufen ist. Ich denke, die beiden Vereine werden es nicht auf sich sitzen lassen“, sagt der Ravensburg­er. „Aber wenn sie was verpennt hätten, dann wäre das blamabel für die DEL2 und die Clubs.“Schan wird sich das dann aber alles aus der Distanz anschauen können. „Ich habe 17 Jahre auf viel verzichtet, auf Freunde und Familie, das werde ich nachholen.“Viele Stunden über Lizenzieru­ngsunterla­gen zu sitzen, wird er nicht vermissen.

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FOTO: THORSTEN KERN Seinen Schreibtis­ch in der Geschäftss­telle der Ravensburg Towerstars wird Rainer Schan in wenigen Tagen räumen.

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