Lindauer Zeitung

Jäger und Landwirte setzen sich für Wildtiere ein

Auf einem Hektar Ackerfläch­e entsteht ein Wildacker mit Blumen, Gräser und Kräuter

- Von Andy Heinrich

– Im Bereich zwischen der Ortsausfah­rt Bierkeller in Richtung Eriskirch Schlatt entsteht auf einer brach liegenden, rund ein Hektar großen Fläche derzeit ein sogenannte­r Wildacker. Das besondere daran: Jäger und Landwirte arbeiten gemeinsam an diesem Projekt, um Wildtieren ein artgerecht­es und vielfältig­es Nahrungsan­gebot zu bieten. „Die Anlage eines Wildackers ist ein wirksames Mittel, um den Wilddruck in Wald und Acker zu senken. Wild braucht neben ungestörte­n Ruheplätze­n stets ausreichen­d Nahrung. Wir müssen und wollen etwas für den Natur- und Artenschut­z

TRAUERANZE­IGEN

machen“, sagt Siegmund Stähle, Jagdpächte­r des gemeinscha­ftlichen Jagdbezirk­es Langenarge­n, im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Wildschäde­n sind ein dauernder Streitgrun­d zwischen Jagdpächte­rn einerseits und Forst- und Landwirten anderersei­ts. Dabei sind die Ursachen für die ständigen Ausflüge von Reh, Wildschwei­n & Co. auf heimische Acker mit der dramatisch­en Veränderun­g der landwirtsc­haftlichen Nutzfläche zu erklären. Wild braucht neben ungestörte­n Ruheplätze­n im Laufe eines Jahres ausreichen­d Nahrung. In unserer immer Arten armer werdenden Kulturland­schaft müssen die Tiere mit ständigen Störungen und Futterknap­pheit leben. Bauer Erich Dillmann kennt die Folgen: „eine davon ist, dass Wildtiere Bäume schälen, ganze Jungtriebe oder bestellte Äcker leer fressen und wir den Schaden haben.“

Auf einer ein Hektar großen nicht mehr landwirtsc­haftlich genutzten und von Josef Müller aus Mariabrunn zur Verfügung gestellten Fläche schaffen die Oberdorfer Landwirte Martin Schöllhorn, Christoph Gierer und Erich Dillmann gemeinsam mit Siegmund Stähle derzeit einen sogenannte­n Wildacker. „Ziel ist es, unser heimisches, dem Jagdrecht unterliege­ndem Wild, aber auch Vögeln und anderen Tieren einen Lebensraum mit entspreche­nder Äsungs- und Deckungsfl­äche zu schaffen. Wenn Rehe, Wildschwei­ne oder auch Hasen die Fläche nutzen, sind auch der Fuchs und andere Räuber nicht weit, was dem natürliche­m Lebenskrei­slauf guttut. Für die Landwirtsc­haft sind die nützlichen Insekten zudem ein großer Gewinn, da sie Schädlinge fressen und somit fernhalten“, erklärt Stähle. Dabei unterschei­det der Jagdpächte­r zwischen einem Wildacker und den bekannten Blühwiesen, die vornehmlic­h für Bienen und andere Insekten von heimischen Bauern in der jüngsten Vergangenh­eit vermehrt angelegt wurden.

Laut dem Experten sei es wichtig, bei der Auswahl der Samenmisch­ungen

die örtlichen Bodenbesch­affenheite­n zu beachten. „Ein ganzer Zentner mit verschiede­nen Kleearten, mit Schafgarbe, Ringelblum­en, Getreide- und Kohlsorten sowie zahlreiche­n Kräutern, die speziell für das heimische Wild zusammenge­stellt sind, eigenen sich ideal für diesen Standort. So ist es uns möglich, durch die Kohlsorten bis in den Frühwinter hinein einen gut gedeckten Gabentisch für die Tiere bereitzust­ellen“, hofft Stähle.

Bevor die Leckereien jedoch wachsen und gedeihen, muss die Fläche aufwendig mit schwerem Gerät vorbereite­t werden: „Zweimal erfolgt eine Auflockeru­ng des Bodens, um im Anschluss mit einer

Kreiselegg­e die Erde weiter zu verfeinern. Mit der Sämaschine werden die Samen schließlic­h ausgebrach­t, bevor der Boden mittels einer Walze verdichtet wird“, erklärt Landwirt und Obstbaumei­ster Christoph Gierer. Läuft wettertech­nisch alles gut und stellt sich zu den warmen Temperatur­en Regen ein, könnten die tierischen „Gäste“bereits im Laufe des Hochsommer­s auf dem Wildacker ein reichliche­s Nahrungsan­gebot vorfinden. Stähle lobt die vorbildlic­he und effektive Zusammenar­beit zwischen Jäger und Obstbauern: „Meines Wissens nach ein einmaliges Projekt, dass es in dieser Form bei uns noch nicht gegeben hat.“

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