Exhibitionist leidet unter Erinnerungslücken
Vorbestrafter 29-jähriger zu Bewährungsstrafe verurteilt – Die Taten tun ihm leid
- Wegen exhibitionistischer Handlungen in drei Fällen hat sich ein 29-Jähriger aus dem Bodenseekreis vor dem Amtsgericht Tettnang verantworten müssen. Richterin Franziska Fischer-Missel verurteilte ihn deswegen zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, ausgesetzt zur Bewährung auf drei Jahre. Zudem muss der Angeklagte 300 Euro an eines der Opfer zahlen.
Dabei war es nicht das erste Mal, dass der Mann durch sexuelle Belästigung in Erscheinung trat. Bereits im Oktober 2020 war er vom Amtsgericht Tettnang zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden, weil er vor einem 14-jährigen Mädchen im Friedrichshafener Riedlewald sexuelle Handlungen an sich vorgenommen hatte. Gegen dieses Urteil hatte der Beschuldigte Berufung eingelegt. Das Landgericht Ravensburg wandelte daraufhin die Freiheitsstrafe in eine zweijährige Bewährungsstrafe, verbunden mit einer Geldstrafe in Höhe von 600 Euro, um. Diese Strafe floss nun in das neue Urteil des Amtsgerichts Tettnang mit ein.
Die drei jetzt zu verhandelnden Taten ereigneten sich alle an der Argen in Langenargen. Laut Anklageschrift war der 29-jährige am 16. August vergangenen Jahres gegen 19 Uhr an einem Fußweg am Ufer der Argen unterwegs und traf dort auf sein erstes Opfer. „Ich war allein an der Argen. Er kam mit dem Fahrrad. Er hat die Gegend abgecheckt, ob da einer ist, ob da Leute kommen. Dann hat er die Hose runtergelassen“, berichtete das als Zeuge geladene erste Opfer. Sie habe gleich zu ihrem Telefon gegriffen. Als er sich auf sie zubewegte, habe sie ihm mit abwehrenden Handbewegungen deutlich zu verstehen gegeben, dass er verschwinden soll, was er dann auch tat.
Gleich am nächsten Tag trieb sich der Angeklagte wieder an der Argen herum. Dieses Mal wird eine zum damaligen Zeitpunkt 15-jährige Joggerin sein nächstes Opfer. Ihr näherte sich der Angeklagte von hinten mit dem Fahrrad, wobei er bereits zuvor
ANZEIGE seine Hose ausgezogen hatte. So fuhr er etwa eine Minute neben ihr her. „Ich kann mich an wenig erinnern, weil ich unter Schock war. Ich hatte Panik, ich war verwirrt und bin dann schnell weggerannt“, erzählte die Schülerin vor Gericht. Heute habe sie dieses Erlebnis weitgehend verarbeitet.
Ganz im Gegensatz zu dem dritten Opfer, vor dem sich der Angeklagte am 4. September, ebenfalls an der Argen, entblößte. Die junge Frau leidet bis heute unter dem für sie traumatischen Erlebnis, wie ein von Richterin Fischer-Missel verlesenes ärztliches Attest bestätigte. Er erneutes Aufeinandertreffen mit dem Angeklagten könne bei ihr wieder zu psychischen Problemen führen. Für sie sprach die in dem Fall ermittelnde Polizeibeamtin. „Sie war in sehr schlechter Verfassung. Sie hat sehr damit zu kämpfen, hat sehr gelitten. Sie traut sich nicht mehr allein zum Sport, kann ihrem gewohnten Tagesablauf nicht mehr nachgehen. Sie ist massiv beeinträchtigt“, berichtete die Beamtin. Als sie der jungen Frau ein Foto des Angeklagten gezeigt habe, sei diese in Tränen ausgebrochen und habe gezittert.
Die im Urteil festgesetzte Geldstrafe von 300 Euro muss der Angeklagte an sein drittes Opfer zahlen. Der 29-Jährige räumte sämtliche Taten in vollem Umfang ein, wobei er allerdings einschränkte, dass er sich aufgrund seines damaligen Wodkaund Drogenkonsums an nichts mehr erinnern könne. „Aber geständig sind sie trotzdem?“fragte Richterin Fischer-Missel irritiert nach. „An die Gesichter der Damen kann ich mich nicht erinnern, an die Taten schon,“erklärte der Angeklagte.
Heute tue es ihm leid, was er gemacht habe, und er habe deswegen ein schlechtes Gewissen. Zum damaligen Zeitpunkt hatte er Wohnung und Job verloren und befand sich in einer schwierigen Lebensphase, erklärte er . Heute habe er wieder Arbeit und auch eine Wohnung. Alkohol und Drogen seien kein Thema mehr für ihn. Dies wertete die Richterin als positive Sozialprognose, „die sich hoffentlich auch bewahrheitet“.
„Sie traut sich nicht mehr allein zum Sport, kann ihrem gewohnten Tagesablauf nicht mehr
nachgehen. Sie ist massiv beeinträchtigt.“
Vor Gericht beschreibt eine Polizeibeamtin, welche Folgen die Begegnung mit einem Exhibitionisten
für eine junge Frau hatte.