Lindauer Zeitung

Strategie als Schlüssel

Max Verstappen bezwingt Lewis Hamilton in Frankreich nach einer nervenaufr­eibenden Aufholjagd

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(SID) - Max Verstappen hätte im Siegesraus­ch um ein Haar seinen Vater Jos und seine Freundin Kelly übersehen. Im Generation­enduell um die Formel-1-Krone hat der 23-Jährige den Dauerweltm­eistern Mercedes und Lewis Hamilton mit einer gewagten Strategie einen Tiefschlag versetzt. Der RedBull-Star baute durch das entscheide­nde Überholman­över in der vorletzten Runde seine WM-Führung vor dem doppelten Heimrennen in Spielberg auf zwölf Punkte aus – und hinterließ bei Mercedes einen Berg von Sorgen.

„Das geht auf uns“, funkte Silberpfei­l-Chefstrate­ge James Vowles schuldbewu­sst an den aufopfernd kämpfenden Hamilton. Der siebenmali­ge Champion war in der einstigen Mercedes-Hochburg Le Castellet über das gesamte Wochenende langsamer als Verstappen und durfte doch fast bis zur Zielflagge auf den Sieg hoffen. Letztlich hatte der 36-Jährige aber keine Abwehrchan­ce gegen Verstappen, der einmal häufiger beim Reifenwech­sel war und auf frischeren Pneus vorbeizog. Im Mai in Barcelona noch hatte Hamilton mit dieser Taktik die Nase vorn gehabt.

„Die Strategie war der Schlüssel“, sagte Verstappen nach seinem 13. Formel-1-Sieg: „Ich habe das genossen. Wir kämpfen weiter, das wird noch eine aufregende Saison.“Für Hamilton war auch der zweite Rang dicht hinter dem Niederländ­er und vor dessen Teamkolleg­en Sergio Pérez (Mexiko) nach schwierige­n Tagen offensicht­lich ein Trost. „Wir hatten das ganze Wochenende über Probleme“, sagte er, „dafür ist das ein gutes Resultat. Wir haben auf den Geraden viel auf Red Bull verloren, das müssen wir uns noch mal genauer anschauen.“

Besonders auffällig: Red Bull macht Mercedes nun auch bei der Strategie Konkurrenz, konnte damit eigene Fehler übertünche­n. „Irgendwo ist der Wurm drin. Wir müssen so etwas vermeiden und den Fehlerteuf­el austreiben“, sagte Mercedes-Motorsport­chef Toto Wolff bei Sky: „Es war ein Abwägen bei der Strategie. Heute haben wir die schwächere Karte

gezogen.“Hamilton erklärte, er habe „den bestmöglic­hen Job gemacht“, sei nicht am Boden zerstört, aber: „Wir hätten früher stoppen und einen Zwei-Stopp machen können. Dann hätten wir wahrschein­lich das Rennen gewonnen.“

Sebastian Vettel, der vor zwei Wochen in Baku starker Zweiter geworden war und Aston Martin das erste Podium überhaupt beschert hatte, setzte beim Start auf die härteste Reifenmisc­hung und wollte so zum Erfolg kommen. Am Ende reichte es für den Heppenheim­er von Startplatz zwölf aus für Rang neun und zwei WMPunkte – damit holte er immerhin zum dritten Mal in Folge Zählbares. „Es war okay. In einem perfekten Rennen hätten wir ein paar Punkte mehr mitnehmen können“, sagte Vettel.

Mick Schumacher konnte seinen bislang besten Startplatz nicht in sein bestes Rennergebn­is ummünzen. Der Formel-1-Neuling fiel von Rang 15 früh zurück und kam vor 15 000 Zuschauern als 19. vor seinem Teamkolleg­en Nikita Masepin ins Ziel.

Verstappen gewann den Start, rutschte aber in der zweiten Kurve weg und musste Hamilton passieren lassen. Der Brite konnte sich Zehntel um Zehntel absetzen. Als Verstappen am Ende der 18. Runde zum Reifenwech­sel reinkam, betrug sein Rückstand auf den WM-Rivalen gute drei Sekunden – doch diese holte er in einer Runde auf: Als Hamilton einen Umlauf später aus der Boxengasse auf die Strecke zurückroll­te, hatte Verstappen knapp die Nase vorn.

Hamilton attackiert­e, kam aber nicht in Schlagdist­anz. Verstappen klagte allerdings alarmieren­d früh über nachlassen­de Reifen, 21 Runden vor dem Rennende tauschte der Niederländ­er noch mal auf Medium, Hamilton blieb draußen und schonte seine Pneus. Doch es nutzte nichts. Verstappen machte es wie Hamilton beim vierten Saisonrenn­en in Barcelona. Er nahm einen zwischenze­itlichen Platzverlu­st in Kauf, um mit frischen Reifen wie in Siebenmeil­enstiefeln die Spitze zurückzuer­obern. Phasenweis­e war Verstappen zwei Sekunden pro Runde schneller als Hamilton, in der 52. von 53 Runden übernahm der Niederländ­er die Spitze.

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FOTO: NICOLAS TUCAT/AFP Auf dem Sprung zum WM-Titel: Durch den Sieg in Frankreich baut Max Verstappen seinen Vorsprung in der Formel-1-Gesamtwert­ung aus.

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