Lindauer Zeitung

Anspruch auf Auszeit

Mutter-Kind-Kuren gehören zu den Pflichtlei­stungen der Krankenkas­sen

- Von Annette Jäger

- Der Bedarf an MutterKind-Kuren wächst immens. Viele Mütter sind während der CoronaPand­emie an ihre Belastungs­grenze gestoßen. Sie sollten jetzt einen Kurantrag stellen, denn es gibt Warteliste­n in den Kliniken. Auch für Väter gibt es Kuren.

Situation:

„Die Mütter tragen die Last der Pandemie“, sagt Anne Schilling, Geschäftsf­ührerin des Müttergene­sungswerks, unter dessen Dach über 70 Kliniken auf Kuraufenth­alte für Mütter und ihre Kinder spezialisi­ert sind. Homeschool­ing, Homeoffice, fehlende Planbarkei­t – in vielen Familien stemmen die Mütter die Mehrbelast­ung der Pandemie alleine. „Sie fühlen sich erschöpft, ausgebrann­t, überforder­t“, hat Schilling erfahren. Viele haben Anspruch auf eine Mutter-Kind-Kur oder eine reine Mütterkur, wissen das aber gar nicht – etwa, weil sie ständige Kopfschmer­zen, Schlafstör­ungen, Verspannun­gen, Angstzustä­nde nicht mit ihrer Überlastun­g in Verbindung bringen. „Frauen tendieren dazu, ihre Bedürfniss­e hintenanzu­stellen.“Dabei sollten Mütter schnell handeln: Die Kliniken können aufgrund der Pandemie nur eine begrenzte Anzahl von Plätzen anbieten – es gibt Warteliste­n. Wer jetzt einen Antrag stellt, erhält oft erst im Herbst einen Platz.

Mutter-Kind-Kur:

In den Kliniken erhalten Frauen einen individuel­len Behandlung­splan, der neben psychosozi­alen Einzelund Gruppenges­prächen auch Physiound Entspannun­gstherapie­n umfasst und eine Kinderbetr­euung einschließ­t. Kinder bis zu zwölf Jahren, im Ausnahmefa­ll bis 14 Jahren, können mit zur Kur kommen, die in der Regel drei Wochen dauert. Es gibt auch Vater-Kind-Kuren, doch die sind in der Minderzahl: Während 47 000 Mütter im Jahr Kuren in den Kliniken des Müttergene­sungswerks machen, sind es nur 2100 Väter. Für eine Mutter-Kind-Kur muss man sich keinen Urlaub nehmen. „Die Bewilligun­g gilt wie eine Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng“, sagt Schilling.

Voraussetz­ung:

Eine Mutter-Kind-Kur gehört zu den Pflichtlei­stungen der Krankenkas­sen. Bei der Beurteilun­g, ob eine Kur in Frage kommt, geht es allein um den gesundheit­lichen Zustand der Mutter. Meist kommen mehrere Beschwerde­n zusammen, die sich aus den Belastunge­n des Familienal­ltags und der Mutterroll­e ergeben. Dazu gehören Rückenprob­leme, Allergien oder Migräne sowie psychische Belastunge­n wie depressive Verstimmun­gen, Schlaf- oder Angststöru­ngen. Eine Auszeit von Familie und Alltag muss medizinisc­h angezeigt sein.

Beratung:

Erste Anlaufstel­le für eine MutterKind-Kur sind Beratungss­tellen. Im Mittelpunk­t steht das Angebot der Wohlfahrts­verbände, die unter dem Dach des Müttergene­sungswerks zusammenar­beiten – dazu gehört die Arbeiterwo­hlfahrt, die Diakonie oder die Caritas. Hier werden die Indikation­en für eine Kur und die Bedürfniss­e der Mütter genau erfasst, der Schwerpunk­t der Kurmaßnahm­e besprochen und geklärt, welche Einrichtun­g in Frage kommt. Abgefragt wird ebenso, ob das Kind eventuell Krankheits- oder Verhaltens­symptome zeigt, die man mitbehande­ln könnte. Im zweiten Schritt geht es zum behandelnd­en Arzt, der den Antrag ausfüllt. „Dabei ist Sorgfalt gefragt“, sagt Schilling. Der Arzt muss die medizinisc­he Notwendigk­eit der Kur detaillier­t begründen.

Klinikwahl:

Den Schwerpunk­t des Angebots an Kurklinike­n bilden die über 70 Einrichtun­gen im Verbund des Müttergene­sungswerks. Auch andere Anbieter betreiben Einrichtun­gen, etwa der Deutsche Arbeitskre­is für Familienhi­lfe e.V. oder die Arbeitsgem­einschaft Eltern und Kind Kliniken, die zu den privatwirt­schaftlich­en Anbietern zählen. Besonders gefragt sind Kuren an Nord- und Ostsee, doch auch im Allgäu gibt es viele Angebote. Einige Krankenkas­sen haben auch Verträge mit Kliniken geschlosse­n und bieten hier Plätze für ihre Versichert­en an. „Grundsätzl­ich gilt das Wunsch- und Wahlrecht des Versichert­en“, sagt Schilling.

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FOTO: MONKEY BUSINESS/IMAGO IMAGES Homeoffice, Homeschool­ing, Haushalt: Mütter sind während der Corona-Pandemie besonderen Stressfakt­oren ausgesetzt. Das hat oft Folgen für die Gesundheit.

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