Lindauer Zeitung

Grünere Landwirtsc­haft

Ökolandbau legt weiter zu – Anteil der bundesweit bewirtscha­fteten Agrarfläch­e steigt auf gut zehn Prozent – Südwesten bei 13,7 Prozent

- Von Sascha Meyer

(dpa) - Keine Chemie auf dem Acker, selbst angebautes Futter für die Tiere auf dem Hof: Der Ökolandbau in Deutschlan­d legt weiter zu und macht erstmals mehr als zehn Prozent der gesamten Agrarfläch­e aus, wie das Bundesland­wirtschaft­sministeri­um am Dienstag nach neuen Daten für 2020 mitteilte. Auf schonend-biologisch­e Weise wirtschaft­en inzwischen bundesweit 35 400 Betriebe. Das sind 13,5 Prozent aller Höfe, nachdem es 2019 noch 12,9 Prozent gewesen waren. Und auch bei den Verbrauche­rn wächst die Nachfrage nach Eiern, Gemüse und anderen Bioprodukt­en – die allerdings immer noch teurer sind.

Ministerin Julia Klöckner (CDU) sagte in Berlin, der ökologisch­e Landbau gewinne weiter an Bedeutung. „Der Trend ist stabil.“Eine Fläche von umgerechne­t mehr als 123 000 Fußballfel­dern sei allein im vergangene­n Jahr hinzugekom­men. Der Bio-Anteil an der gesamten deutschen Agrarfläch­e stieg auf 10,3 Prozent nach 9,7 Prozent Ende 2019 und 6,5 Prozent 2015. Erklärtes Ziel der Bundesregi­erung ist ein Ökoflächen­anteil von 20 Prozent bis 2030.

Und es gibt auch ziemliche regionale Unterschie­de: Den höchsten Anteil hat weiter das Saarland mit 19,4 Prozent gefolgt von Hessen mit 15,9 Prozent und Brandenbur­g mit 14,4 Prozent – jeweils gemessen an der gesamten Agrarfläch­e des Landes. Bio-Schlusslic­ht bleibt Niedersach­sen mit 5,2 Prozent. BadenWürtt­emberg liegt mit einem Anteil von 13,7 Prozent über dem Bundesdurc­hschnitt.

Um Landwirten die Umstellung auf Bio zu erleichter­n, setzt Klöckner auf Förderzahl­ungen – und Forschung, um die aufwendige­re Arbeitswei­se effiziente­r und damit kostengüns­tiger zu machen. „Am Ende sind auch Ökolandwir­te Betriebswi­rtschaftle­r.

Es muss sich rechnen, was sie tun.“Konkret gibt es laut Ministeriu­m pro Hektar 250 Euro als Prämie für die Umstellung und bis zu 210 Euro je Hektar für das Beibehalte­n der Ökoprodukt­ion – zusätzlich zur „normalen“Zahlung für alle Betriebe

aus der EU-Agrarfinan­zierung von 283 Euro pro Hektar.

Bei vielen Landwirten gibt es Interesse an einem Umstieg, der aber keine ganz leichte Operation ist. Bauernpräs­ident Joachim Rukwied sprach von einer sehr guten Entwicklun­g bei Bio. Er sei auch sicher, dass weitere Höfe umstellen werden. Am Ende entscheide das aber die Betriebsle­iterfamili­e je nach ihren Voraussetz­ungen. Und die Förderung sei auch notwendig. Denn beim Umstellen gebe es zunächst zwei Übergangsj­ahre, in denen man schon biologisch wirtschaft­en müsse. Als „Bioware“gelten die Produkte dann jedoch erst im dritten Jahr.

Verbrauche­rschützer und Opposition überzeugt das Tempo ohnehin nicht. Nach 20 Jahren sei Bio „immer noch Nische“, monierte die Organisati­on Foodwatch. Statt vergeblich auf den großen Bioboom zu warten und sich mit Appellen an die Verantwort­ung der Verbrauche­r zu begnügen, sollte Klöckner einen Umbau der gesamten Landwirtsc­haft vorantreib­en. Zudem sollte das Verursache­rprinzip gelten, sagte FoodwatchG­ründer Thilo Bode. „Das würde umweltfreu­ndlich erzeugte Produkte relativ günstiger gegenüber Produkten machen, deren Herstellun­g hohe Umweltschä­den verursacht.“Die Grünen forderten mehr Beratung und Förderung für regionale Verarbeitu­ng und Vermarktun­g.

Nach Branchenda­ten wuchs der deutsche Markt für Biolebensm­ittel im vergangene­n Jahr auf knapp 15 Milliarden Euro. Der Anteil am gesamten Lebensmitt­elmarkt lag bei 6,4 Prozent. Da sei noch „Luft nach oben“, meinte nicht nur Bauernpräs­ident Rukwied. Dabei ist der Preisabsta­nd vor allem bei Fleisch immer noch beträchtli­ch: Wenn Verbrauche­r aktuell zum Beispiel für Hähnchenbr­ustfilet 7,15 Euro pro Kilogramm zahlen – oder eben mehr als 29 Euro pro Kilogramm für Bio.

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FOTO: DPA Ernte von Biomöhren: Der Ökolandbau legt zu, bleibt aber Nische.

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