Lindauer Zeitung

Und sie kriegen sich doch

Theater Konstanz amüsiert auf dem Münsterpla­tz mit flotter Shakespear­e-Komödie

- Von Christel Voith

- „Es sind Menschen da, wie schön! Wir haben Sie vermisst.“Freudig begrüßt Intendanti­n Karin Becker die Zuschauer, die unter schwül-heißem Himmel auf dem Konstanzer Münsterpla­tz eine sommerlich heitere Premiere von Shakespear­es später Komödie „Viel Lärm um nichts“erwartete, gelegentli­ch fast übertönt von den Fußballfan­s, die in umgebenden Cafés lautstark das EM-Spiel verfolgten.

Eine elegante Badelandsc­haft mit marmorweiß­en Stegen, einem kleinen Pool und einem darüber thronenden Glaspavill­on hat Luis Graninger entworfen, darin sehr heutige Menschen in luftiger Badekleidu­ng. Locker ist auch die sprachlich­e Fassung von Peter Raffalt, und wo die Sprache versagt, greifen die Liebenden zum Song: „Close Your Eyes And Give Me Your Hand ...“

„War Is Over“prangt auf dem kleinen Ape-50-Fahrzeug, mit dem Schlehwein und Holzapfel hereingeku­rvt kommen und Snacks anbieten. In so entspannte­r Atmosphäre ist die siegreich aus dem Krieg zurückgeke­hrte Männerwelt einem Flirt nicht abgeneigt. Flirt? Nein, bei Shakespear­e wird schon nach dem ersten Blick die Hochzeit auf den nächsten Morgen angesetzt, kein Wunder, dass der rasch entflammte Graf Claudio bei so flüchtigem Kennen prompt auf die Intrige hereinfäll­t, die die Angebetete zu Unrecht als Hure erscheinen lässt. Turtelndes Liebesglüc­k und Katastroph­e liegen nah beieinande­r.

Regisseuri­n Susi Weber hat es bei temporeich­em Spiel verstanden, die Balance zwischen ausgelasse­nem Spaß bis zum Slapstick und aufscheine­ndem Ernst zu halten. Machohaft dürfen die Männer sich vor der Damenwelt in Szene setzen, allen voran der dandyhafte Claudio (Miguel Jachmann) und nicht minder sein Vorgesetzt­er Don Pedro, während Gutsbesitz­er Leonato mit Freuden der Heirat seiner Tochter Hero (schön züchtig: Pauline Werner) entgegensi­eht, die der hasserfüll­te Don Juan fast zum Scheitern bringt. Der Maskenball wird zum heiteren DinoBallet­t, bei dem manche Wahrheit aufscheint.

Und mittendrin Beatrice und Benedikt, die mit sprühenden Mienen Gift und Galle spucken und dennoch vom Umfeld partout in den ehelichen Hafen manövriert werden sollen. Selbstbewu­sst, kapriziös, flinkzüngi­g und männermord­end gibt sich Maëlle Giovanetti­s Beatrice und verrät doch in stillen Momenten, dass sie zur Liebe bereit wäre, ja, dass ihr dieser Benedikt, der sie so offen angreift – „Lebensgefä­hrtin kommt von Lebensgefa­hr“-, durchaus gefallen könnte.

Peter Posniaks Frauenfres­ser Benedikt, der den Freund Claudio ein „liebeskran­kes Würstchen“nennt, ergeht es ebenso: Er lässt durchschei­nen, dass seine geschliffe­nen Worte eigentlich nur Pose sind – schnell sind beide bereit, den von Don Pedro ausgeworfe­nen Köder aufzunehme­n und an die gegenseiti­ge heiße Liebe zu glauben.

Nach Fast-Katastroph­e und Scheintod darf zum Happy End ausgelasse­n getanzt werden. Ein Deut mehr und dieser Shakespear­e wäre zur frechen Karikatur heutiger SoapSerien geworden.

Weitere Termine und Karten finden sich im Internet unter: www.theaterkon­stanz.de

 ?? FOTO: ILJA
MESS FOTOGRAFIE ?? Wo die Sprache versagt, greifen die Schauspiel­er in der Inszenieru­ng von „Viel Lärm um nichts“in Konstanz zur Gitarre.
FOTO: ILJA MESS FOTOGRAFIE Wo die Sprache versagt, greifen die Schauspiel­er in der Inszenieru­ng von „Viel Lärm um nichts“in Konstanz zur Gitarre.

Newspapers in German

Newspapers from Germany