Lindauer Zeitung

Rat erneuert Bekenntnis zum Häfler Flughafen

Ja zum Umstruktur­ierungspla­n ebnet auch den Weg für den Grundstück­sverkauf

- Von Jens Lindenmüll­er

- Mit einer Mehrheit von 24 zu 15 Stimmen hat der Häfler Gemeindera­t am Montagaben­d dem Umstruktur­ierungspla­n der Flughafen Friedrichs­hafen GmbH zugestimmt - und damit indirekt auch dem Verkauf des rund 160 Hektar großen Flughafeng­rundstücks. Die Frage, wer das Grundstück erwerben soll – die Stadt allein oder die Stadt zusammen mit dem Bodenseekr­eis und eventuell der Gemeinde Meckenbeur­en – wurde im öffentlich­en Teil der Sitzung nicht thematisie­rt.

21,7 Millionen Euro will der Flughafen durch den Grundstück­sverkauf einnehmen - und damit knapp die Hälfte seines Finanzbeda­rfs bis 2025 decken. Für den Weg aus der Insolvenz in Eigenverwa­ltung in eine gesicherte Zukunft soll dieser Grundstück­sverkauf der entscheide­nde Baustein sein - nicht nur, weil er viele Millionen in die Kasse spült, sondern auch, weil er das konform mit dem verschärft­en EU-Beihilfere­cht tut. Nach den jüngsten Berechnung­en benötigt der Bodensee-Airport bis 2025 knapp 44 Millionen Euro, um seine Kosten zu decken. Im Herbst vergangene­n Jahres war man noch von 35 Millionen Euro ausgegange­n, doch die Corona-Pandemie traf den Flughafen mit einer zweiten und dritten Welle deutlich härter als damals angenommen.

Im Herbst hatten die beiden größten Gesellscha­fter, die Stadt Friedrichs­hafen und der Bodenseekr­eis, bereits ein 17,3 Millionen Euro schweres Hilfspaket für den Flughafen geschnürt. Die Mehrheit des Gemeindera­ts

TRAUERANZE­IGEN

hat dieses Paket nun nochmal bestätigt und dem Umstruktur­ierungspla­n insgesamt zugestimmt - und damit den Weg für den Verkauf des Grundstück­s geebnet. Die Argumente dafür waren für die Fraktionen der CDU, der Freien Wähler, der SPD und der FDP im Wesentlich­en dieselben wie im Herbst. CDU-Fraktionsv­orsitzende­r Achim Brotzer wies einmal mehr auf „erhebliche regionalök­onomische Effekte“hin - und darauf, dass die hiesige Wirtschaft auf den Standortfa­ktor Flughafen angewiesen sei. Und Brotzer teilte auch die Aussage von Flughafenc­hef Claus-Dieter Wehr in seiner Präsentati­on, wonach sich die Situation aus Gesellscha­ftersicht seit den Beschlüsse­n im Herbst nicht verschlech­tert habe. So sah das auch SPD-Rat Werner Nuber, der ein weiteres Mal auch darauf hinwies, dass ein Ende des Flughafens zugleich das Aus für die großen internatio­nalen Messen bedeuten würde. Dagmar

Hoehne (Freie Wähler) hob in ihrer Argumentat­ion pro Flughafen unter anderem die Bedeutung der Frankfurt-Verbindung hervor, die auf absehbare Zeit nicht durch andere Verkehrsmi­ttel zu ersetzen sei.

Das sehen die Kritiker des Flughafens anders, vor allem die Grünen. Felix Bohnacker äußerte angesichts des Sparkurses der Lufthansa erhebliche Zweifel daran, dass es die Frankfurt-Verbindung künftig im bisherigen Umfang noch geben wird.

Mit Blick auf die seit Herbst deutlich nach unten korrigiert­en Erwartunge­n in Sachen Passagierz­ahlen und Umsatz stellte Bohnacker fest: „Das Prinzip Hoffnung ist wieder mal gescheiter­t.“Und er erneuerte seine Kritik vom Herbst an den aus seiner Sicht schon damals zu optimistis­chen Annahmen im Gutachten von Roland Berger. Der Flughafen sei ein „Fass ohne Boden“. Beim Netzwerk für Friedrichs­hafen ist man zwar weiterhin nicht grundsätzl­ich gegen den Flughafen - teilt aber nach wie vor die Einschätzu­ng der Grünen zu besagtem Gutachten. Das gilt für die Prognosen zu Passagierz­ahlen und Umsatz, darüber hinaus laut Fraktionsv­orsitzende­m Jürgen Holeksa auch für die „behauptete, aber nie belegte Wertschöpf­ung“. Dem Flughafen-Geschäftsf­ührer dankte Holeksa für seinen Einsatz zwar ebenso wie dessen Team, er forderte Claus-Dieter Wehr aber auch eindringli­ch auf: „Lösen Sie sich bitte von diesem Gutachten.“Davon auszugehen, dass nach der Corona-Pandemie eine Rückkehr zu früheren Passagierz­ahlen zu erwarten ist, hält Holeksa für Träumerei.

Am Mittwoch tagt in Sachen Flughafen der Kreistag des Bodenseekr­eises – und soll in öffentlich­er Sitzung nicht nur eine Entscheidu­ng zum Umstruktur­ierungspla­n treffen, sondern auch zum möglichen Erwerb des Flughafen- grundstück­s. Während in Friedrichs­hafen offenbar bislang eine komplette Übernahme durch die Luftschiff­bau Zeppelin GmbH favorisier­t wurde, strebt der Bodenseekr­eis die Gründung einer Besitzgese­llschaft mit eigener Beteiligun­g an.

 ?? FOTO: FELIX KÄSTLE ?? Der Verkauf des Flughafeng­rundstücks soll dem Bodensee Airport das Überleben sichern. Der Gemeindera­t der Stadt Friedrichs­hafen hat bereits zugestimmt, der Kreistag des Bodenseekr­eises soll am Mittwoch entscheide­n.
FOTO: FELIX KÄSTLE Der Verkauf des Flughafeng­rundstücks soll dem Bodensee Airport das Überleben sichern. Der Gemeindera­t der Stadt Friedrichs­hafen hat bereits zugestimmt, der Kreistag des Bodenseekr­eises soll am Mittwoch entscheide­n.

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