Lindauer Zeitung

Wo Sand auf Wasser trifft

Langweilig­e Farbgestal­tung im Badezimmer war einmal – Mit Beigetönen kann man herrlich spielen

- Von Simone Andrea Mayer

(dpa) - Erinnern Sie sich noch an die beige-braunen Badezimmer aus den 70ern? Diese Einheitsma­sse ganz ohne Charme? Vergessen Sie das Bild. Wenn heute vom Farbtrend Beige und Braun im Badezimmer gesprochen wird, hat das nichts mit dem ollen Bahamabeig­e von damals zu tun.

Im digitalen Raum hat sich die Sanitärbra­nche zu ihrer zweijährig­en Leistungss­chau namens ISH getroffen – coronabedi­ngt nicht auf dem Messegelän­de in Frankfurt. Nun kann man online nicht durch stylische Schau-Badezimmer flanieren, die Bilder und Videos der neuen Produkte zeigen aber auch viel – vor allem vom aktuellen Farbtrend.

Der Unterschie­d zum altbekannt­en Badezimmer in Beige oder Braun ist, dass diese neue Farbigkeit anders wirkt: Früher wurden im Sinne eines Kollektion­sgedankens die Waschtisch­e, Wannen, WCs und sogar die Wand- und Bodenflies­en in ein und derselben Farbe verwendet. Das ist heute nicht mehr modern, heißt es im Trendberic­ht zur Messe-Schau namens „Pop up my bathroom“.

Statt auf ein Einheitsbe­ige begrenzt zu sein, spaltet sich die Farbpalett­e nun in viele verschiede­ne Beigetöne auf, die der Natur nachempfun­den wurden und so eine harmonisch­e Wirkung erzeugen. Da sind Sandfarben, die Töne von Leinen, Bast und Schilf, aber auch helle Eiche, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Außerdem angesagt: Greige – eine Kombinatio­n aus Grau und Beige.

Zwar ist diese Farbtrende­ntwicklung nichts Brandneues, aber sie hat sich verstärkt, was der ISH-Trendanaly­st Frank A. Reinhardt auch der Pandemie zuschreibt: „Wir wollen es zu Hause gemütlich haben, denn wir wollen uns dorthin zurückzieh­en. Beige- und Brauntöne verbinden wir mit Geborgenhe­it, mit positiven Gefühlen. Daher erlebt das Thema Beige und Braun gerade eine Renaissanc­e.“

Dabei sind die Erdtöne nicht nur eine Akzentfarb­e neben dem nach wie vor beliebten Grundton Weiß – sie werden auch flächig eingesetzt. „Aber das muss natürlich harmonisch arrangiert werden, und dazu braucht man auch Kontraste. Das Bad soll ja nicht wie ein brauner Sumpf wirken“, so Reinhardt.

Einer dieser Kontraste kann dann durchaus das Weiß sein – gerade die Keramiken sind nach wie vor oft in Weiß zu finden. Dennis Jäger, Chefredakt­eur der Fachzeitsc­hrift „SBZ“sieht als Akzente in Badezimmer­n außerdem vor allem Pastellfar­ben wie Türkis, Babyblau oder ein sanftes Rot. „Pastelle, die punktuell im Badezimmer eingesetzt werden – das macht sich schon sehr gut“, so Jäger. „Sie sind eben nicht ganz so grell und damit für so manchen vielleicht nicht so abschrecke­nd wie zum Beispiel knalliges Rot.“Trotzdem vermisse er durchaus auch knallige Akzente bei der Badgestalt­ung. „Hier ist oft weder der Badplaner noch der Verbrauche­r mutig genug.“

Laut Jens J. Wischmann, Geschäftsf­ührer der Vereinigun­g Deutsche Sanitärwir­tschaft (VDS), gibt es einen Grund dafür, dass strahlende Farben – übrigens das Trendthema der letzten ISH im Jahr 2019 – noch nicht in den Bädern der Verbrauche­r angekommen sind: „Die meisten sehen das Bad nicht als Knaller oder Statement, sondern es ist für das Wohlbefind­en und für die Erholung da.“Sanftere Töne wirken da einfach beruhigend­er.

Sein Tipp ist ein Kompromiss: Grün. „Es ist eine fröhliche Farbe, und sie ist zu vielen Sachen gut kombinierb­ar.“Außerdem stehe die Farbe wie keine andere für die Natur – kombiniert mit ein paar Pflanzen im Badezimmer sorge sie für eine entspannen­de Atmosphäre. Die Gestaltung muss sich nicht allein auf Fliesen oder Keramiken beschränke­n. Dezent, aber richtig kombiniert mit großem Effekt, spielen auch die Armaturen und Beschläge in neuen Tönen mit. „Man hat hier nun mehr Matt-Töne, also Schwarz-Matt und Bronze-Matt“, sagt Jäger. „Und ganz neu in diesem Jahr, das Thema Oberfläche­n im Bad bekommt einen Dreh über den Werkstoff.“

Bei den Badezimmer­möbeln, die bislang im reinen Holz-Look und vornehmlic­h mit Furnier bezogen im Handel zu finden waren, gibt es nun vermehrt einen Materialmi­x. Übrigens ein Trend, der von den Wohnräumen in das Badezimmer übergeschw­appt ist.

Klassische­s oder farbiges Glas sowie silbernes, kupferfarb­enes, goldenes und schwarzes Metall ergänzen Holz als Werkstoff und geben dem Badezimmer damit weitere Farben und Strukturen. Metall im Bad ist zwar keine Neuheit, aber nun wird es als Blickfang eingesetzt, etwa in Form filigraner Beine, als Verbindung­selemente oder entlang von Kanten.

Auffällige­r – nach Geschmack sogar als Hingucker gemustert – werden nun auch die Wände gestaltet. Denn die Wände werden längst nicht mehr bis unter die Decke gefliest – und können daher mit Wandfarbe oder einer Tapete farblich abgesetzt werden. „Bei den Bädern, die zuletzt neu gebaut oder renoviert wurden, ist so bereits mehr Farbe einbezogen worden“, so Wischmann.

Ein Aus für die Fliese im Badezimmer – das aber sehen die Experten nicht. „Die Fliese hat seit Jahrzehnte­n ihren Platz im Bad, und den wird sie auch in nächster Zukunft haben, gerade wegen des Aspektes der Hygiene“, erklärt Reinhardt. „Aber Fliesen werden gerade ein bisschen sparsamer eingesetzt.“Und zwar als Akzente und dort, wo sie im Rahmen ihrer Funktion auch gefordert seien: am Waschplatz.

Aber auch Reinhardt hält viel von der Tapete als recht neue Gestaltung­smöglichke­it fürs Bad. „Sie wird vielleicht nicht so lange halten wie eine Fliese, aber sie gibt einem damit ja auch die Möglichkei­t der früheren Erneuerung.“

Denn auch das ist neu in den Badezimmer­n: Sie werden häufiger verändert als in dem bisher üblichen 20-Jahre-Rhythmus, von dem die Organisati­on VDS laut Befragunge­n ausgeht.

Dabei geht es nicht unbedingt um aufwendige Veränderun­gen von Fliesen, Dusche, Wanne und WC. Denn: „Es macht so viel aus, wenn man zum Beispiel eine Wand verändert“, sagt Einrichtun­gsexperte Reinhardt. „Ob unifarben oder eine sehr plakative Tapete mit floralem Muster – das verändert gleich das ganze Thema des Badezimmer­s.“

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FOTO: KEUCO/DPA Lange waren Badmöbel vor allem mit Furnier bezogen, jetzt wird zunehmend auf Vollholz gesetzt.
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FOTO: TOTO/DPA Trotz der neuen Farbigkeit im Badezimmer bleiben viele Keramiken weiß – zum Beispiel die Toilettens­chüssel.
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FOTO: CONSTANTIN MEYER/DPA Neben verschiede­nen Tönen werden auch verschiede­ne Materialie­n kombiniert.

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