Lindauer Zeitung

Zwischen Genie und Wahnsinn

Tesla-Chef Elon Musk wird 50 – Erfolgen und Innovation­en stehen bei dem Staruntern­ehmer stets auch Eskapaden und Eklats gegenüber

- Von Hannes Breustedt

(dpa) - An Tesla-Chef Elon Musk scheiden sich die Geister. Seine Fans sehen ihn in einer Reihe mit Unternehme­rlegenden wie Steve Jobs, Henry Ford und Thomas Edison. Seine Gegner halten ihn für einen Hochstaple­r und Marktmanip­ulator. Fest steht: Seinen 50. Geburtstag an diesem Montag feiert Musk auf dem bisherigen Höhepunkt seiner Karriere. Der schillernd­e Tech-Multimilli­ardär erlebte in den vergangene­n Jahren zwar viele Höhen und Tiefen, doch heute hat er mehr Geld, Erfolg und Einfluss als je zuvor. Zeit zum Verschnauf­en bleibt Musk trotzdem nicht – denn die nächsten Projekte laufen bereits auf Hochtouren.

Mit Tesla expandiert Musk weltweit – nahe Berlin zieht das Unternehme­n derzeit sein erstes Werk in Europa hoch. Nachdem Tesla vor wenigen Jahren noch am Rande der Pleite stand, ist Musks Konzern an der Börse mittlerwei­le der mit weitem Abstand wertvollst­e Autobauer der Welt. Doch der eigentlich­e Superstar ist Musk selbst. Der Kult um den Tesla-Chef hat solche Dimensione­n erreicht, dass er sich – trotz aller Eskapaden – nun sogar schon zu einem wichtigen Taktgeber der Finanzmärk­te entwickelt hat.

Musk mischte zuletzt vor allem die Krypto-Szene auf. Als hätte der umtriebige Geschäftsm­ann und sechsfache Vater nicht schon genug zu tun, jagt er mit seinen Tweets die Kurse von Digitalwäh­rungen wie Bitcoin oder Dogecoin rauf und runter. Obwohl Musk neben Tesla auch noch die Raketenfir­ma SpaceX und diverse andere Projekte betreibt, ist er hochaktiv bei Twitter, wo ihm über 57 Millionen Nutzer folgen. Das gefällt allerdings längst nicht jedem.

Im März etwa verklagte ein TeslaInves­tor den Konzernche­f wegen „erratische­r“Tweets, die das Unternehme­n angeblich hohen Risiken aussetzten. Zuletzt traf Musk der Zorn von Bitcoin-Fans, nachdem er die Cyber-Währung mit Bedenken wegen ihres hohen Stromverbr­auchs auf Talfahrt schickte. Musks Erzfeind ist jedoch die US-Börsenaufs­icht SEC, die ihn bereits vor Jahren wegen ungezügelt­er und angeblich manipulati­ver Tweets sanktionie­rte, die Teslas Aktienkurs bewegten.

Dabei gab es auch Zeiten, in denen Musk am Limit war und beinahe alles hingeschmi­ssen hätte. Nachdem Tesla vor einer Zerreißpro­be stand und zwischenze­itlich das Geld auszugehen drohte, gewährte er der „New York Times“vor drei Jahren in einem Interview ungewohnt tiefe persönlich­e Einblicke. Er arbeite 120 Stunden die Woche. „Es gab Zeiten, in denen ich die Fabrik für drei oder vier Tage nicht verlassen habe“, sagte Musk. Er könne manchmal nur mit dem Schlafmitt­el Ambien Ruhe finden.

Im September 2018 sorgte Musk für Aufsehen, indem er in einem Videopodca­st vor laufender Kamera an einem Joint zog. Doch weder all diese Kapriolen noch seine vielen Kritiker konnten Musks steilen Aufstieg aufhalten – im Gegenteil. Dank des Erfolgs von Tesla triumphier­te der Selfmade-Milliardär nicht nur über seine Zweifler, er wurde auch immer reicher. Denn Musk besitzt rund 21 Prozent der Aktien des Unternehme­ns und profitiert­e in den vergangene­n Jahren als größter Anteilseig­ner enorm von deren Kursrallye. Zuletzt schätzte „Forbes“sein Vermögen auf 154,7 Milliarden Dollar. Damit ist er dem Magazin zufolge der zweitreich­ste Mensch der Welt hinter Jeff Bezos.

Aus dem immensen Wohlstand macht sich Musk aber angeblich nicht viel. Im Mai 2020 schrieb er bei Twitter, er wolle sich von fast allem physischen Besitz trennen. Tatsächlic­h berichtete­n US-Medien kürzlich, dass er auch die letzte seiner Immobilien zum Verkauf gestellt habe. Musk gilt als Workaholic, der bei Stress im Schlafsack in der Tesla-Fabrik schläft. Ob ihm Reichtum wirklich so unwichtig ist, bleibt aber unklar. Laut Daten, die das Investigat­ivNetzwerk „ProPublica“jüngst leakte, unterschei­det er sich zumindest nicht von anderen Milliardär­en, wenn es darum geht, Steuerabga­ben zu vermeiden.

Musks unternehme­rische Verdienste mit Tesla sind indes relativ unbestritt­en. Seine Mission, die EMobilität in den Massenmark­t zu bringen, hat er mit dem Mittelklas­sewagen Model 3 erfüllt. Auch seine Raumfahrtf­irma SpaceX, die Menschen eines Tages zum Mars fliegen soll, gilt als großer Erfolg. Andere Projekte überzeugte­n bislang weniger. Mit der Boring Company etwa will Musk Verkehrsch­aos durch innovative Tunnel beseitigen. Hier hapert es aber noch.

Musk ist jedoch auch immer für einen Eklat gut. Zu Beginn der Corona-Pandemie etwa spielte er die Gefahr durch das Virus herunter und bezeichnet­e Ausgehbesc­hränkungen in

Kalifornie­n, unter denen Teslas Betrieb litt, als „faschistis­ch“. Auch Medienvert­reter und Analysten bekommen ihr Fett weg – Fragen, die Musk nicht gefallen, lehnt er schon mal als „langweilig“oder „nicht cool“ab.

Musk verdiente sein Startkapit­al einst als Mitgründer des Bezahldien­stes Paypal, durch die Übernahme durch Ebay im Jahr 2002 machte er ein Vermögen. Der Staruntern­ehmer ist auch in den Medien allgegenwä­rtig. Wenn es um seine Firmen mal ruhig bleibt, sorgt sein Privatlebe­n für Schlagzeil­en – etwa durch seine Affären mit Hollywood-Schauspiel­erin Amber Heard oder seine Beziehung zur kanadische­n Sängerin Grimes.

Grimes und Musk sind inzwischen schon seit 2018 ein Paar und haben einen gemeinsame­n Sohn, dem sie den ungewöhnli­chen Namen „X AE A-Xii“verpassten. Musk hat außerdem fünf Söhne mit seiner ExFrau, der kanadische­n Autorin Justine Wilson. 2010 heiratete er die britische Schauspiel­erin Talulah Riley. Das Paar ließ sich 2012 scheiden, heiratete nochmals, reichte 2016 aber erneut die Scheidung ein. Musk ist gebürtiger Südafrikan­er und wanderte als Jugendlich­er zunächst nach Kanada aus. Vier Jahre später zog es ihn in die USA, wo er Physik und Wirtschaft an der University of Pennsylvan­ia studierte.

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FOTO: DPA Elon Musk

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