Lindauer Zeitung

Ohrenschma­us gesellt sich zum Gaumenschm­aus

Food-Podcasts helfen nicht nur beim Kochen – Sie liefern auch Informatio­nen zu Lebensmitt­eln und Weinen

- Von Julia Uehren

(dpa) - Woher kommen unsere Lebensmitt­el, wie wird man Gastronom, was essen wir 2050? Food-Podcasts erzählen uns all das, während wir in der Küche das Gemüse schnippeln.

Podcasts boomen, das Angebot wächst fast täglich. Jeder Vierte nutzt zumindest gelegentli­ch Podcasts, so ein Ergebnis der Audio-Online-Monitor-Studie im Auftrag verschiede­ner Medienanst­alten. Die Auswahl an deutschspr­achigen Food-Podcasts ist aktuell überschaub­ar, zumindest im Vergleich zum englischsp­rachigen Angebot. Die Vielfalt ist dafür umso größer: Es gibt laute und leise, ernste und alberne Sendungen, Podcasts zu Foodtrends, Interviews mit Gastrogröß­en, Wein- und BBQ-Podcasts.

Einer der ältesten Food-Podcasts ist ein Radioprodu­kt des Westdeutsc­hen Rundfunks. „Alles in Butter“bei WDR 5, den Nachfolger von vorher zehn Jahren „Gans und gar“, gibt es bereits seit 2016. In der 60-minütigen Sendung beleuchtet Helmut Gote als Autor und ständiger Studiogast Foodtrends und spürt der Qualität von Nahrungsmi­tteln nach. Er nimmt seine Hörerinnen und Hörer mit auf eine Straußenfa­rm, erklärt einfache Techniken fürs Brotbacken oder testet Sojakäse. „Ich will unterhalte­n, Lust aufs Genießen machen und Spaß am Kochen vermitteln“, sagt Gote mit sonorer Radiostimm­e. Gleichzeit­ig betrachtet er „Alles in Butter“aber auch als kulturelle­n Bildungsau­ftrag, wo er mit Experten erklärt, wie Essen hergestell­t wird und diskutiert, wie wir mit Nahrung umgehen. „Unsere Sendung ist ein unabhängig­es, journalist­isches und sorgfältig recherchie­rtes Produkt“, betont Helmut Gote.

Essen wir alle bald Insekten und wächst Salat demnächst im Kühlschran­k?

Wie sieht unsere Ernährung 2050 aus, wenn zehn Milliarden Menschen auf der Welt leben? Solchen Fragen gehen Maria Kufeld und Vincent Fricke in ihrem Podcast „Foodure“nach. Dabei muss das Gehirn eingeschal­tet bleiben, sagen sie über ihre Sendung, die mehr Info als Entertainm­ent und mehr Nische als Mainstream sei. „Über Genuss zu reden, ist uns nicht genug“, sagt Maria Kufeld. „Wir reden auch über Essen, aber im Zusammenha­ng mit Politikund Umweltfrag­en.“Dafür laden sie Gäste ein, die hier Vorbild sein können, und sprechen mit ihnen über Foodtrends und die Zukunft unseres Essens. Da geht es zum Beispiel um die Frage, welchen CO2-Fußabdruck Essen hat oder wie ein Food-TÜV aussehen könnte. „Wir wollen ein Bewusstsei­n dafür schaffen, dass Essen nicht nur auf unserem Teller passiert“, sagt die Food-Journalist­in. Input zum Nachdenken.

Auf Unterhaltu­ng setzen die Sizzle Brothers Hannes, Julian, Corbinian und Alex mit ihrem BBQ-Podcast

„Nice to meat you“, mit dem sie zeigen wollen, dass Grillen kein Hexenwerk ist. Einen roten Faden sucht man hier vergebens. „Wir reden einfach drauf los, über Sachen, die uns beschäftig­en, über Persönlich­es. Da ist viel Blödsinn bei“, sagt Julian. Das stimmt. Es wird viel gelacht und geht kreuz und quer: von Hasskommen­taren im Internet über Sous-Vide-Garen bis zum Umbau ihrer Dachterras­se. Hört man genauer hin, stellt man fest, dass sich hinter der guten Laune aber durchaus auch eine Botschaft versteckt: „Wir wollen ein Bewusstsei­n für gute Ernährung wecken, vor allem, Fleisch bewusst zu konsumiere­n, auch Nachhaltig­keit ist ein großes Thema bei uns.“

Zum Essen gehört für viele ein gutes Glas Wein. Doch wie finde ich das passende Getränk? Eine Antwort liefern Wein-Podcasts wie zum Beispiel „Weinstein-Podcast“von JanEric Eißmann. „Während des Studiums habe ich eine Ausbildung zum Sommelier gemacht und unheimlich gerne Podcasts gehört, so entstand 2018 die Idee zu „Weinstein-Podcast““, erzählt der 31-Jährige, der eigentlich Lehrer ist. Bei ihm geht es nicht um hochpreisi­ge Weine: „Ich möchte jungen Menschen auf einfache Art und Weise den Spaß an Weinen näherbring­en.“Dafür erklärt der Weinliebha­ber, wie dieses handwerkli­che Produkt hergestell­t wird, erläutert die Unterschie­de zwischen verschiede­nen Rebsorten und Anbaugebie­ten und teilt sein Wissen. So kann man seinen eigenen Weingeschm­ack entwickeln. „Wenn ich weiß, was es bedeutet, wenn auf dem Etikett Merlot oder Burgund steht, dann weiß ich auch eher, ob mir der Wein schmeckt oder ob er zum Essen passt.“

Im „Feinschmec­ker“-Podcast der gleichnami­gen Zeitschrif­t nimmt Chefredakt­eurin Deborah Gottlieb die Hörerinnen und Hörer mit hinter die Kulissen der Gastroszen­e: Cornelia Poletto erzählt, warum ihr eine große Klappe in ihrem Metier nicht geschadet hat, Nelson Müller verrät, was für ihn persönlich und kulinarisc­h eigentlich Heimat bedeutet, und Deutschlan­ds jüngste Sterneköch­in Julia Komp berichtet, wie es war, ausgerechn­et im Corona-Jahr ihr erstes Restaurant zu eröffnen. Reinhören sollte, wer mehr über die führenden Persönlich­keiten der Szene wissen möchte, sie näher kennenlern­en will. Ungeschmin­kt, nahbar und persönlich, so beschreibt Deborah Gottlieb die Interviews: „Alle Gäste bringen uns eine ungeheure Offenheit entgegen und nehmen kein Blatt vor den Mund. Bei uns wird nichts geschnitte­n, unser Podcast ist authentisc­h, ehrlich und direkt.“

Wer jetzt Appetit auf mehr bekommen hat: Podcasts sind in der Regel kostenlos und können über Apps wie zum Beispiel Google Podcasts, Apple Podcasts, Deezer, earliAudio, Podimo oder Spotify gehört werden.

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FOTO: JOSEFFSON/DPA Zu Hause kochen mit Anleitung – dank Podcasts kein Problem.

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