Mit Kohle gegen den Klimawandel
Das Kemptener Start-up „Kohlekumpels“bringt speziellen Dünger auf die Felder von Allgäuer Bauern
- Holzspäne, Rasenschnitt, und alte Äste – nicht alle Pflanzenreste nutzen wir vollständig. So landet einiges an Grüngut auf dem Wertstoffhof oder verrottet in der Natur. „CO2, das die Pflanzen zuvor aufgenommen haben, wird dann wieder freigesetzt und in die Atmosphäre gegeben“, sagt Michel Konder, Mitbegründer des Start-ups „Kohlekumpels“. Doch im Gegensatz zu sonstigen CO2-Emissionen gebe es ein einfaches Mittel, diese zu verhindern: Pflanzenkohle.
Die Idee dazu hatten die sechs Gründer und Freunde vor etwa zwei Jahren, doch das Prinzip sei Jahrhunderte alt. „In Südamerika verwendeten viele Völker Pflanzenkohle auf ihren Feldern“, sagt der 41-jährige Konder. Diese sei nicht nur nachhaltig, sondern auch gut für den Boden und das Leben darin.
Mit „Kohlekumpels“soll für diesen Dünger ein Netzwerk entstehen – und eine vertrauenswürdige Marke. Dafür vermitteln die Gründer Pflanzenkohle an Landwirte und schulen diese. Sie achten auf die Nachhaltigkeit der Lieferketten und kümmern sich um die Vermarktung der Produkte. „Wir stellen sicher, dass vom Feld bis zu Ladentheke alles klimapositiv läuft.“
Vor der Gründung im Dezember 2020 starteten die Gründer dafür einen Testlauf mit dem Biohof Grasser aus Aitrang (Ostallgäu). „Kaufen die Menschen das klimapositive Gemüse überhaupt?“Die Resonanz habe sie in ihrer Idee bestärkt, sagt Konder. Bevor die Produkte der „Kohlekumpels“aber am Marktstand verkauft werden, muss die Pflanzenkohle erst einmal in den Boden kommen.
Dafür arbeitet das Start-up mit Kohleherstellern aus Deutschland zusammen. Sie karbonisieren Biomasse, die sonst nicht mehr genutzt werden würde. Rasenschnitt oder Holzreste werden dabei unter Ausschluss von
Bei der Photosynthese nehmen Pflanzen CO2 auf. Sie spalten es in Kohlenstoff, mit dem sie Zellstrukturen bilden, und in Sauerstoff, den sie zurück in die Atmosphäre geben.
Sauerstoff erhitzt, bis Kohle entsteht. „Im Boden können wir mit der Pflanzenkohle dann dauerhaft Kohlenstoff binden.“
Den individuellen Bedarf an Pflanzenkohle errechnen die Gründer für den jeweiligen Landwirt. Am Ende soll dann mehr Kohlenstoff im Boden gebunden werden, als bei der Produktion an Kohlendioxid ausgestoßen wird. Angesichts der zunehmenden Erderwärmung beschäftigt dieses Prinzip auch die Politik. „Der WeltKlimarat schlägt Pflanzenkohle als dauerhaften CO2-Speicher vor.“Warum diese noch nicht großflächig eingesetzt werde, wundere Konder.
Mit ihrem „Klimapositiv“-Siegel wollen die „Kohlekumpels“den Kunden außerdem Vertrauen in die Produkte geben. „Am Ende sollen die Menschen wissen, was sie kaufen.“Neben dem Siegel sei dafür auch die Aufklärung über den Herstellungsprozess in den sozialen Medien wichtig, sagt der studierte Medieninformatiker, der auf einem Hof in Hessen aufgewachsen ist.
Salat mit dem „Klimapositiv“-Siegel gibt es bereits auf dem Wochenmarkt in Memmingen zu kaufen, Brot aus klimapositivem Getreide in der Schwäbischen Alb. Und auch Heimgärtner können die Pflanzenkohle der „Kohlekumpels“kaufen. „Durch Mikroorganismen, mit denen unsere Pflanzenkohle als Terra Preta ersetzt ist, profitiert auch der Boden“, sagt Konder. Die Pflanzen seien weniger anfällig für Krankheiten und hielten Wetterextreme besser aus.
Für die sechs Gründer, die sich durch Studium, frühere Arbeitgeber oder Freunde kennengelernt haben, gehe es allerdings auch um etwas Persönliches: Familie.
Konder, Vater eines kleinen Sohnes, sagt: „Wir wollen unseren Kindern eine lebenswerte Zukunft hinterlassen und unseren Beitrag für die Umwelt leisten.“
Verrotten Pflanzen oder werden sie in der Natur verbrannt, wird der zuvor aufgenommene Kohlenstoff wieder als klimaschädliches Kohlendioxid in die Atmosphäre gegeben. (lw)