1000 Menschen kommen zur ersten „Queer Pride“im Schussental
Mit einer Demonstration setzen die Teilnehmer ein Zeichen für Vielfalt und senden eine politische Botschaft
- Der Samstag war ein historischer Tag für das Schussental: Denn da fand die erste „Queer Pride“statt. Rund 1000 Menschen setzten ein Zeichen für Vielfalt, Toleranz und Rechte für schwule, lesbische, queere, bi-, trans-, inter- und asexuelle Personen. Ein bunter und friedlicher Demonstrationszug führte vom Ravensburger Bahnhof bis in den Weingartener Stadtgarten, wo es eine Kundgebung gab. Eine Veranstaltung, wie es sie sonst meist nur in Großstädten gibt, hat jetzt auch Oberschwaben erreicht.
Einer der ersten und prominentesten Redner der „Queer Pride“Kundgebung im Weingartener Stadtgarten war Weingartens Bürgermeister Markus Ewald. „Was ihr gemacht habt, ist unglaublich“, lobte Ewald die jungen Organisatoren. Er werde gute Erinnerungen an diesen Tag mit nach Hause nehmen, dies sei hoffentlich nicht der letzte Queer-Pride-Tag im Schussental.
„Schaut euch um, wir sind hier rund 1000 Teilnehmer, das hätte ich niemals gedacht“, freute sich Ewald. Dabei sei er sich nicht mal sicher gewesen, ob eine solche Veranstaltung „hier bei uns“überhaupt nötig sei. Schließlich sei er seit 2008 als schwuler Bürgermeister im Amt. Auch Ravensburgs Erster Bürgermeister Simon Blümcke, der ebenfalls schwul ist, begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Auch Blümcke betont: Vielfalt ist normal, und sollte auch so gelebt werden können.
Steine des Anstoßes für die „Queer Pride“waren ein Vorfall in Weingarten und die Äußerungen des Weingartener CDU-Stadtrats Martin
Winkler. Als in Weingarten Regenbogenstreifen auf der Straße angebracht und zerstört wurden, und Winkler unter anderem das Hissen der Regenbogenflaggen als angemessene Reaktion infrage stellte, als oberflächlichen Aktionismus bezeichnete und als extreme Positionen von Minderheiten abtat, musste er ordentlich Kritik einstecken. Daraufhin organisierten junge Leute die „Queer Pride“im Schussental mit dem Motto: „Queer Pride – Jetzt erst Recht!“.
Auf dem Rasen im Weingartener Stadtgarten hatten es sich am Samstag Grüppchen in gebührendem Abstand bequem gemacht. Mit Sprüchen wie „We are here“und „We are queer“waren die 1000 Menschen von Ravensburg nach Weingarten gezogen.
Mit dabei: Carina, Luu, Lara und Sam aus Ravensburg, Blitzenreute und Baindt, alle 16 Jahre alt. Carina:
„Es ist so wichtig, dass wir uns in unserer Unterschiedlichkeit akzeptieren und wertschätzen, deshalb mach ich hier mit“. „Ich bin total überrascht, dass wir so viele sind“, meinte die Sechzehnjährige, „es ist cool, in dieser Gemeinschaft zu sein und zusammen zu feiern!“Luu gehört zur „Community“, wie sie sagte, und war dabei, „weil hier Leute sind, von denen ich weiß: die sind für mich da und unterstützen mich.“
Diana und Sabrina sind aus Leutkirch nach Ravensburg und Weingarten gekommen, und ganz begeistert, dass eine Veranstaltung wie die „Queer Pride“nicht nur in München oder Stuttgart stattfindet. „Wenn in der Nähe schon mal so eine Veranstaltung ist, dann wollten wir da auf jeden Fall hin“, sagte Diana. Sie sei lesbisch und was sie wirklich schlimm finde, seien Eltern, die ihre Kinder ablehnen, wenn diese Trans sind. „Dieser Hass, diese Ablehnung, dafür, dass man existiert, das tut richtig weh“, so Diana.
Sabrina, 18, unterstützt ihre Freundin. Es gäbe immer noch viele Vorurteile, gerade auch unter den älteren Generationen. „Da ist so eine Veranstaltung voll gut, man kann zeigen, wie gut Vielfalt funktioniert.“Wichtig sei natürlich, dass es friedlich und diszipliniert ablaufe, meinte Sabrina, deswegen seien alle froh, dass es keine Gegendemonstration gegeben habe. Gegenwind sei nur am Rande, aus vorbeifahrenden Autos gekommen. „Die angewiderten Blicke und Stinkefinger tun schon auch weh“, so die jungen Frauen.
Die Polizei war präsent, immerhin konnten die Beamten sich einen Milchshake gönnen, so friedlich lief die Kundgebung im Stadtgarten. Von den Organisatoren wurde zum Verzicht auf Alkohol aufgerufen, und empfohlen, bis zum Ende der Veranstaltung in den eingeteilten Gruppen zu bleiben und Abstand halten. Das funktionierte ziemlich gut.
Unter den Sprechern fiel Ama mit ihrer gut durchdachten Rede auf. Obwohl sich die „Community“schon einige Rechte erkämpft habe, gebe es im Alltag noch viel zu oft Vorurteile und Stigmatisierung, so Ama. „Nur wenn wir mutig und ehrlich sind, werden wir zu einer wirklich demokratischen, offenen und vielfältigen Gesellschaft werden, ohne Gewalt und Ausgrenzung“, ermutigte die junge Frau. „Queer Pride“will sie
TRAUERANZEIGEN nicht nur als eine Veranstaltung, sondern als politische Bewegung verstehen.
Im Anschluss kam endgültig Festival-Stimmung auf, die Demonstranten schwangen die bunten Regenbogenfahnen zum thematisch passenden Song, die Stimmung blieb friedlich.
Die „Queer Pride“fand zwei Tage vor dem Jahrestag der Stonewall Riots statt, die 1969 in den USA den Beginn der queeren Freiheitsbewegung symbolisiert. In vergangen Jahr hatte es in Friedrichshafen schon eine „Queer Pride“gegeben.