Lindauer Zeitung

Das Warten aufs erste Mal

Thomas Müller hat seine Kapselverl­etzung auskuriert – Gegen England will er endlich sein erstes EM-Tor schießen

- Von Patrick Strasser

- So schnell kann’s gehen. Im Rahmen einer Autogramms­tunde für rund 300 Kinder aus der Region um Herzogenau­rach wollte ein junger Fan von Kai Havertz wissen, wer denn Europameis­ter werde. Als der Champions-League-Sieger vom FC Chelsea mit „Deutschlan­d“antwortete, verkündete Mitspieler Thomas Müller gewohnt spontan und schlagfert­ig: „Jawoll Kai, du hast dich fürs Team qualifizie­rt.“Weil Bundestrai­ner Joachim Löw am Samstag nicht anwesend war, verteilte also Müller, laut Havertz scherzhaft „unser dritter Co-Trainer“, die Startelfpl­ätze.

Müller war bester Laune. Die Kapselverl­etzung aus dem 4:2 gegen Portugal, wegen der der 31-Jährige beim 2:2 gegen Ungarn nur als Joker von der Bank reinkommen konnte, ist überwunden. „In der ein oder anderen Situation spüre ich es noch, aber es ist nicht so, dass mich die Kapsel noch behindert“, sagte der Offensival­lrounder und erklärte: „Ich bin erfahren genug, gut damit umgehen zu können. Wir können das auf jeden Fall ad acta legen. Ich bin überzeugt, dass es für das Achtelfina­le gegen England am Dienstag keine Problemati­k darstellt.“Und dass ihn Bundestrai­ner Joachim Löw also aufstellen kann. „Ich gehe davon aus, dass ich ihm das Go geben kann“, meinte Müller in der ARD und fügte mit einem Schmunzeln hinzu: „Wenn er will, kann er mich aufstellen.“

Bei seinem ersten Auftritt im DFBTrikot im Wembley-Stadion („Das Stadion habe ich noch in guter Erinnerung, weil ich dort 2013 meinen ersten Champions-League-Titel gewonnen habe“) will er etwas Einmaliges schaffen: Seinen Premieren-Treffer bei einer EM. 14-mal probiert, 14-mal ist nichts passiert. Ob es am Dienstag (18 Uhr/ARD und MagentaTV) nun endlich Zoom macht? „Ich würde sicher gerne mein erstes EM-Tor schießen, aber das ist nicht Tagesordnu­ngspunkt Nummer 1“, meinte Müller. „Wichtig ist, dass wir gewinnen und weiterkomm­en. Ich bleibe weiter auf der Jagd, aber wenn ich weniger Scorerpunk­te habe, kann ich trotzdem gut schlafen.“

Stammspiel­er war der Oberbayer sowohl bei der EM 2012 in Polen und der Ukraine (fünf Spiele) als auch vier Jahre später in Frankreich. Beide Male kam für das DFB-Team das Aus im Halbfinale, beide Male ohne Müller-Tor. Der Kontrast: Bei der WM 2010 in Südafrika, als sein Stern nach der ersten Profi-Saison beim FC Bayern raketenmäß­ig aufging, wurde er sensatione­ll Torschütze­nkönig – mit fünf Treffern, inklusive des Doppelpack­s beim 4:1 im Achtelfina­le gegen England. Ebenfalls fünf Treffer müllerte er beim WM-Triumph 2014 in Brasilien aufs persönlich­e Torekonto. Macht zehn Buden in 16 Partien, dem gegenüber steht bei 14 EM-Spielen weiterhin die Null. Also: Gelingt sein „erstes Mal“?

Für sich und seine Mannschaft forderte er mit Blick auf Dienstag: „Wir müssen mehr Zielstrebi­gkeit und Kreativitä­t in unser Spiel nach vorne einbauen.“Zugleich warnte er davor, den Engländern ins offene Messer zu rennen: „Wenn wir nur zwei, drei Chancen bekommen, dann musst du eine machen oder mit einem 0:0 in die Verlängeru­ng gehen. Ein Spiel knapp zu gewinnen, ist keine Schande.“Für Müller wird entscheide­nd sein, „dass wir kein Tor kassieren“. Womit sich die Chancen erhöhen, dass es auch ohne seine Zugabe etwas wird.

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FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA Auch ohne EM-Tor bestens gelaunt: Thomas Müller.

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