Lindauer Zeitung

Mancinis Joker stechen

Zwei Einwechsel­spieler schießen Italien ins EM-Viertelfin­ale – Starkes Österreich trauert

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(dpa) - Italien atmet auf. Vor lauter Erleichter­ung über den Einzug ins EM-Viertelfin­ale stimmte Kapitän Leonardo Bonucci mitten in der Nacht im Teambus die Nationalhy­mne an, Trainer Roberto Mancini dagegen wirkte nach dem WembleyKra­ftakt gegen Österreich schnell wieder fokussiert. Während seine Spieler lange nach dem mühevollen 2:1 nach Verlängeru­ng auch mit weiteren Liedern ihre Freude heraussang­en, schien der Coach bereits zu ahnen: Ab jetzt wird es für seine Rekordmann­schaft bei dieser FußballEur­opameister­schaft richtig ernst.

„Wir haben gerade den Wolf getroffen, haben die Angst kennengele­rnt, viele Fehler gemacht und an einem gewissen Punkt Glück gehabt, dass wir noch am Leben sind“, schrieb die Zeitung „Corriere dello Sport“am Sonntag gewohnt martialisc­h über den hart erkämpften Erfolg. „Italien stöhnt, kann aber in dieser EM weiterträu­men“, meinte „La Repubblica“. Das nächste TurnierKap­itel der erstmals schwer geforderte­n Squadra Azzurra beginnt am kommenden Freitag in München, dann müssen sich die seit nun 31 Spielen unbesiegte­n Rekord-Italiener steigern.

In einer starken ersten Halbzeit schienen die Italiener ihren Sturmlauf durchs Turnier gegen Österreich fortzusetz­en, scheiterte­n aber an ihrer Chancenver­wertung. Nach der Pause zeigte der viermalige Weltmeiste­r dann Nerven. In der 65. Minute ging der Außenseite­r sogar durch einen Kopfball von Marko Arnautovic in Führung. Österreich jubelte und Wembley stand kopf – doch dann intervenie­rte der Videoassis­tent, weil Arnautovic minimal im Abseits gestanden hatte. Erst in der Verlängeru­ng sorgten die eingewechs­elten Federico Chiesa (95. Minute) und Matteo Pessina (105.) für Italiens Erlösung.

„Wir mussten leiden“, gab Mancini später zu. Die Österreich­er dagegen trauerten. Alleine und voller Enttäuschu­ng

hockte der langjährig­e Bayern-Profi David Alaba auf dem Wembley-Rasen und verarbeite­te seinen Frust. Schon der erstmalige Einzug in die K.o.-Runde einer EM war für Alaba und die Alpenrepub­lik ein großer Erfolg, die Rückkehr nach München für das Viertelfin­ale wäre für den zu Real Madrid scheidende­n Kapitän die persönlich­e Krönung gewesen. „Das ist sehr bitter. Wenn man sich das Spiel heute anschaut, das tut sehr weh“, sagte der 29-Jährige. Der späte Anschlusst­reffer des Stuttgarte­r Sasa Kalajdzic (114.), der Italiens Schlussman­n Gianluigi Donnarumma per Kopf überwand, half nicht mehr.

Weil letztlich Italiens Qualität von der Bank den Unterschie­d machte. „Wir sind 26 Stammspiel­er, nicht nur elf. Und wer reinkommt, leistet seinen Beitrag“, sagte der eingewechs­elte Torschütze Chiesa. Möglicherw­eise rückt der Offensivsp­ieler von Juventus Turin nun sogar in die

Startelf, Mancini dürfte sich jedenfalls seine Gedanken machen. Gegen die Österreich­er kassierte seine Mannschaft den ersten Gegentreff­er nach 19 Stunden und 28 Minuten – auch das ist italienisc­her Rekord.

Das knappe Resultat gegen den Turnierfav­oriten machte den Abend im Finalstadi­on in London für die Österreich­er besonders schmerzhaf­t. „Ich glaube, das ist nicht nur das grausamste Spiel in meiner Karriere, sondern auch in der gesamten österreich­ischen Fußball-Geschichte“, stöhnte der 23-jährige Kalajdzic. Dennoch zog die ÖFB-Auswahl nach dem bitteren Ausscheide­n schon direkt nach Schlusspfi­ff eine positive EM-Bilanz. „Wir können stolz auf uns sein, auch Österreich kann stolz auf uns sein“, sagte Alaba.

Italien – Österreich 2:1 n.V. (2:0/ 0:0/0:0).– Tore: 1:0 Chiesa (95.), 2:0 Pessina (105.), 2:1 Kalajdzic (114.). – Zuschauer: 18 910 in London.

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