Lindauer Zeitung

Innere Zerrissenh­eit

Spaniens Dani Olmo pflegt eine ganz besondere Beziehung zu Kroatien

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(SID) - Für die Kroaten ist er der „verlorene Sohn“, die Spanier sehen in ihm den „Kroaten aus Terrassa“– und auch Offensivkü­nstler Dani Olmo selbst spürt eine gewisse innere Zerrissenh­eit: Es hat nicht viel gefehlt und der gebürtige Katalane hätte im EM-Achtelfina­le seiner Spanier gegen Kroatien das andere Trikot getragen. Das Angebot zum Nationenwe­chsel lag bereits auf dem Tisch. „Es stimmt, dass es Interesse von der kroatische­n Nationalma­nnschaft gab“, räumte der 23-Jährige vor dem direkten Duell ein.

Er habe „dieses Interesse immer sehr geschätzt, aber mein Traum war es, für Spanien zu spielen“, führte der Leipziger aus: „Ich bin da, wo ich immer sein wollte.“

Und das schmerzt seine zweite Heimat Kroatien gewaltig – nach dem Ausfall von Topscorer Ivan Perisic umso mehr. Der Flügelstür­mer vom Serie-A-Club Inter Mailand befindet sich nach einem positiven Corona-Test in Quarantäne, eine Alternativ­e der Leistungsk­lasse Olmo geht dem Vizeweltme­ister ab.

Denn der zaubert trotz seiner „besonderen Zuneigung zu Kroatien“am Montag (18 Uhr/ZDF und MagentaTV) auf der gegnerisch­en Seite. „Für mich ist das ein besonderes Spiel, als wäre es das EM-Finale“, sagte Olmo, der gerne auf der kroatische­n Insel Korcula urlaubt: „Ich habe viele Nachrichte­n aus Kroatien erhalten, von Freunden, Teamkolleg­en, Journalist­en. Sie wünschen mir alle das Beste, nur nicht für Montag. Ich lache darüber.“

Dani Olmos Weg in die spanische Nationalma­nnschaft ist einzigarti­g. Bis zu seinem 16. Lebensjahr durchlief er La Masia, die legendäre Jugendakad­emie des FC Barcelona. Dann jagte ihn halb Europa, seinen Verein für den Übergang in den Herrenbere­ich konnte sich der Junge aus der katalanisc­hen Stadt Terrassa quasi frei aussuchen. Doch statt nach Liverpool, Turin oder Madrid zog es Olmo zu Dinamo Zagreb.

Dort sah er für sich die besten Möglichkei­ten, als Fußballer erwachsen zu werden – und avancierte in den sechs Jahren beim kroatische­n Rekordmeis­ter zum Helden.

Dani sei in Kroatien noch immer ein Idol, verriet sein älterer Bruder Carlos der spanischen Sportzeitu­ng „AS“: „Sie mögen ihn nicht nur wegen seiner Art, Fußball zu spielen, sondern auch wegen seines Charakters und seiner Persönlich­keit.“

Mit vielen aktuellen Nationalsp­ielern des nächsten spanischen Gegners hat der perfekt kroatisch sprechende Olmo vor seinem Abschied Richtung Leipzig im Januar 2020 noch zusammenge­spielt.

Bislang sei Spaniens Trainer Luis Enrique aber nicht auf ihn zugekommen und habe ihn nach seinem Rat gefragt, sagte der Offensivsp­ieler mit einem schelmisch­en Grinsen. Er sehe in dieser Begegnung „keinen Favoriten“, führte Olmo weiter aus: „Das ist ein Fifty-Fifty-Spiel.“

Die Kroaten versuchen es sich derweil in der Außenseite­rrolle bequem zu machen, Trainer Zlatko Dalic haderte mit dem Spielplan bei dieser EM: „Wir haben den schwersten Gegner erwischt. Es wäre viel leichter gewesen, wenn wir gegen Schweden spielen würden“, jammerte der 54-Jährige.

Dalics Assistent Ivica Olic hält die Aufgabe für machbar. „In einem Match ist alles möglich“, sagte der ehemalige Bundesliga­profi: „Ich glaube, dass Kroatien die nötige Qualität besitzt.“Eine Menge Qualität hat unbestritt­en auch Leipzigs Olmo – und die wird er ohne Gnade gegen seine kroatische­n Freunde zeigen wollen.

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FOTO: BAGU BLANCO/IMAGO IMAGES Dani Olmo hätte auch für die kroatische Nationalma­nnschaft auflaufen können.

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