Bürger vermissen Meinungsfreiheit
(sz) - Fast die Hälfte der Deutschen sieht die Meinungsfreiheit in Gefahr, das geht aus einer Umfrage hervor, die kürzlich das Allensbach-Institut erhoben hat. Nur 45 Prozent der Befragten haben demnach noch das Gefühl, die politische Meinung in Deutschland könne frei geäußert werden. Das ist der niedrigste Wert, seit das Institut im Jahr 1953 zum ersten Mal danach gefragt hat. Der Kommunikationsforscher Thomas Roessing sieht darin auch ein Zeichen für Verunsicherung in der Bevölkerung: „Wenn eine Gesellschaft starken Veränderungen und großen Umbrüchen unterworfen ist, dann steigt der öffentliche Druck auf den Menschen.“
(dpa/SID) - Bei der Landung der deutschen Fußballspieler am Montagabend in London waren die Corona-Sorgen im Gepäck – und die Kritik längst da. „Über 40 000 Zuschauer im Stadion im einzigen Land in Europa, wo die Inzidenzen hoch sind. Das macht es für uns nicht ungefährlich“, sagte Nationalspieler Robin Gosens vor dem EM-Achtelfinale an diesem Dienstag im Wembley-Stadion gegen England (18.00 Uhr/ARD). Generell sehen viele Politiker und Gesundheitsexperten die lockere Zuschauerpolitik der Europäischen Fußball-Union (UEFA) kritisch. Gleichzeitig wird hierzulande über verschärfte Einreiseregeln aus Furcht vor der ansteckenderen Delta-Variante debattiert.
„Die Halbfinals und das Endspiel sollten nicht im Londoner WembleyStadion
stattfinden, sondern verlegt werden an einen anderen Ort“, sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach am Montag. Zudem sprach er sich für eine Reduzierung der Zuschauerzahl aus. Wenn in Wembley gespielt werde, „wären das bei einem Fassungsvermögen von 90 000 Plätzen insgesamt 18 000 Sitzplätze“. Am Dienstag sind allerdings 45 000 Besucher zugelassen – darunter bis zu 2000 deutsche Fans, die in Großbritannien oder Irland leben. Bei den Halbfinals und dem Endspiel dürfen sogar über 60 000 Zuschauer in die Arena – obwohl die Inzidenzen auf der Insel aufgrund der zuerst in Indien entdeckten Variante steigen.
Nicht nur Lauterbach („Das ist ein Brandbeschleuniger für die DeltaVariante“) hält das für unverantwortlich. Immunologe Carsten
Watzl kann die hohe Auslastung in einigen Stadien nicht nachvollziehen. „Dieses Bild ist ehrlich gesagt ziemlich irritierend“, sagte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie im ZDF. „Wir müssen es in Deutschland schaffen, die Ausbreitung der DeltaVariante niedrig zu halten. Das kann nur gelingen, wenn wir nicht allzu viele zusätzliche Reiserückkehrer ins Land holen.“Volle Arenen seien „sicher das falsche Signal“.
Die Kritik an der UEFA hält seit Frühjahr an. Damals beschloss der Verband, trotz der Pandemie eine Zuschauergarantie von den EMGastgebern zu verlangen. Das Vorgehen wurde von vielen Kritikern als Erpressung gesehen. Wegen des Widerstands aus München stand der deutsche Spielort lange auf der Kippe.
Da Dublin und Bilbao grundsätzlich keine Garantien abgeben wollten, wurden sie gestrichen.
Deutschland verzichtet unterdessen darauf, die Corona-Bestimmungen für Reisende aufgrund der DeltaVariante kurzfristig zu verschärfen. Das ist das Ergebnis von Beratungen von Bund und Ländern vom Montag. Zuvor hatten mehrere Ministerpräsidenten dies gefordert. Der Bund hatte sich für eine verbesserte Einreiseverordnung offen gezeigt. Nun sollen zumindest die geltenden Regelungen konsequenter umgesetzt werden, unter anderem mit mehr Kontrollen.
Gegen die Delta-Variante des Coronavirus gilt eine volle Impfung als nötig. Derzeit verfügt eine Minderheit von 35,4 Prozent der deutschen Bevölkerung über diesen Schutz.