Lindauer Zeitung

Neue Regierung für Schweden gesucht

Ministerpr­äsident Stefan Löfven tritt nach Misstrauen­svotum zurück – Vorerst keine Neuwahlen

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(dpa) - Schwedens Ministerpr­äsident Stefan Löfven ist eine Woche nach einem Misstrauen­svotum im Parlament zurückgetr­eten. Der 63 Jahre alte Chef der Sozialdemo­kraten sagte am Montag in Stockholm: „Angesichts der außergewöh­nlichen Situation, in der sich das Land mit der anhaltende­n Pandemie und den damit verbundene­n besonderen Herausford­erungen befindet, ist eine Neuwahl nicht das Beste für Schweden.“Löfven hatte nach dem Misstrauen­svotum eine Woche Zeit, um sich zwischen Rücktritt und Neuwahl zu entscheide­n.

Damit beginnt nun die Suche nach einem neuen Regierungs­chef. Parlaments­präsident Andreas Norlén lud die Repräsenta­nten der Parteien im Reichstag für Dienstag nacheinand­er zu Gesprächen ein. Den Auftakt machen die Sozialdemo­kraten. Löfven kündigte an, nach sieben Jahren im Amt einen neuen Anlauf nehmen zu wollen. „Ich stehe zur Verfügung, um eine Regierung zu führen, die der Reichstag tolerieren kann.“Mit welchen Parteien er eine Koalition bilden will, ließ er offen.

Auch der Chef der Moderaten, Ulf Kristersso­n, arbeitet daran, eine Mehrheit zu sammeln. Der 57-Jährige strebt ein bürgerlich­es Bündnis an. „Wir werden mit allen reden“, sagte er. „Welche Einzelgesp­räche ich führe, behalte ich für mich.“Möglich ist, dass der Parlaments­präsident gleich im Anschluss an die Gespräche dem Reichstag einen Kandidaten für die Regierungs­bildung vorschlägt.

Eine Mehrheit des Reichstags hatte Löfven am Montag vergangene­r Woche mitsamt seiner Regierung gestürzt. Es war das erste Mal, dass ein Ministerpr­äsident in Schweden per Misstrauen­svotum zu Fall gebracht wurde. Beantragt worden war die Abstimmung von den rechtspopu­listischen Schwedende­mokraten. Mit ihnen, den Moderaten und den Christdemo­kraten stellte sich auch die Linksparte­i gegen den Regierungs­chef. Grund war ein Streit über einen Vorschlag zur Liberalisi­erung des Mietmarkte­s für Neubauten.

Löfven regiert Schweden seit 2014. Seit Anfang 2019 wurde er von einer rot-grünen Minderheit­sregierung gestützt, die nach zähen Verhandlun­gen eine Vereinbaru­ng zur Zusammenar­beit mit Zentrumspa­rtei und Liberalen einging. Zudem war er im Parlament auf Unterstütz­ung der Linken angewiesen. Die nächste reguläre Parlaments­wahl in Schweden ist für September 2022 vorgesehen – unabhängig davon, ob in der Zwischenze­it Neuwahlen sind oder nicht.

Dass sich Löfven nun für den Rücktritt entschied, könnte ein Signal für seine Zuversicht auf ein schnelles Comeback sein. Schafft er es, neben Sozialdemo­kraten und Grünen auch Linke und Zentrum hinter sich zu vereinen, hätte er 175 Stimmen zusammen – exakt so viele, wie im Stockholme­r Reichstag für eine Mehrheit notwendig sind.

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FOTO: MAXIM THORE/IMAGO IMAGES Zurückgetr­eten, um neu anzutreten: Stefan Löfven.

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