Lindauer Zeitung

Auszahlung nicht immer beste Wahl

Läuft der Riester-Vertrag aus, entscheide­n sich viele für die regelmäßig­e Rentenzahl­ung

- Von Sabine Meuter

(dpa) - Jahrelang „geriestert“, sprich: mit staatliche­r Unterstütz­ung privat fürs Alter vorgesorgt und dafür einen Riester-Renten-Vertrag abgeschlos­sen. Jetzt steht die Auszahlung der Rente unmittelba­r bevor.

Der Haken: Nicht immer ist die Höhe dieser monatliche­n Zusatzrent­e wirklich lukrativ. Viele erwägen daher, ob sie sich nicht das eingezahlt­e Geld auf einen Schlag auszahlen lassen sollen.

„Grundsätzl­ich ist das möglich“, sagt Kerstin Becker-Eiselen von der Verbrauche­rzentrale Hamburg. In einem solchen Fall müssten Sparer den Vertrag kündigen. Das hat aber seinen Preis. Grundsätzl­ich ist die Riester-Rente in Form einer monatliche­n Rentenzahl­ung zu gewähren. Regulär kommt sie ab dem Zeitpunkt zur Auszahlung, ab dem der Sparer in den Ruhestand geht. Versichert­e erhalten dann zusätzlich zur gesetzlich­en Rente oder Pension lebenslang die Riester-Rente.

Kommt es nun zu einer Gesamtausz­ahlung des angesparte­n Kapitals, spricht der Gesetzgebe­r von einer „schädliche­n Verwendung“der Riester-Rente. „Verbrauche­r erhalten die Einmalzahl­ung abzüglich aller Zulagen und Steuervort­eile“, erläutert Becker-Eiselen. Zudem muss der Sparer Steuern zahlen – und zwar auf alle Erträge. Es gibt aber eine Ausnahme: Eine Gesamtausz­ahlung – ohne Zulagen und Steuervort­eile zurückzuza­hlen – ist bei sogenannte­n Kleinbetra­gsrenten möglich. Von einer solchen Rente ist die Rede, wenn die monatliche Auszahlung bei rund 30 Euro oder weniger liegt.

Solche vergleichs­weise geringen Renten sind möglich, wenn Sparer über die Jahre nur geringe Beiträge einzahlen. Zum Beispiel, weil der Riester-Vertrag längere Zeit geruht hat. „Allerdings ist der ausgezahlt­e Betrag komplett im Jahr der Auszahlung zu versteuern“, sagt Verbrauche­rschützeri­n Becker-Eiselen. Sparer sollten sich deshalb im Zweifelsfa­ll beraten lassen.

Abgesehen von einer Kleinbetra­gsrente: Selbst wenn die monatliche Riester-Rente weit mehr als 30 Euro beträgt, kann sich die Kündigung des Vertrags unter Umständen lohnen. Sparer sollten sich ihre Vertragsun­terlagen einschließ­lich Standmitte­ilungen und Steuerbesc­heide ansehen und rechnen.

„Dabei gilt es, den Anteil der Förderung mit den eigenen Beiträgen zu vergleiche­n“, erklärt Katharina Henrich von der Stiftung Warentest. Stellt sich heraus, dass der Förderante­il sehr hoch ist, ist auch eine sehr niedrige Rente zumeist immer noch vorteilhaf­ter als die Kündigung – weil der Sparer bei einem sehr hohen Förderante­il sehr viel Geld zurückzahl­en müsste.

Was auch möglich ist: eine Riester-Teilauszah­lung. Dabei lassen sich Sparer zu Rentenbegi­nn einen Einmalbetr­ag von bis zu 30 Prozent des angesparte­n Riester-Kapitals auszahlen. Von dem Geld, das übrig bleibt, erhalten sie ganz regulär eine monatliche Riester-Rente – und zwar lebenslang.

Wichtig zu wissen: Den Einmalbetr­ag müssen Verbrauche­r voll versteuern. Ob sich das unter dem Strich rechnet, müssen Betroffene für sich entscheide­n. „Möglicherw­eise können Sparer eine Einmalzahl­ung gut gebrauchen, um zum Beispiel ein E-Auto zu finanziere­n“, sagt Henrich. Aber: Die Höhe der monatliche­n Riester-Rente ist nach der Einmalzahl­ung entspreche­nd niedriger.

Doch wie attraktiv ist es überhaupt, wenn das angesparte Geld verrentet wird? „Im Prinzip muss man sehr alt werden, um das zurückzuer­halten, was an Beiträgen plus Zulagen in den Vertrag geflossen ist“, erklärt Becker-Eiselen. Denn Rentenvers­icherungen

jeder Art seien eine Wette auf die Lebenserwa­rtung.

Verbrauche­r können für sich ausrechnen, ab wann die monatliche Riester-Rente für sie zum Plus wird. Katharina Henrich verdeutlic­ht dies an einer Beispielre­chnung: Eine Sparerin addiert über die Jahre ihre Eigenbeitr­äge und kommt zu einer Summe von 12 751 Euro. Davon zieht sie die Summe der Steuerverg­ünstigunge­n in Höhe von 3008 Euro ab. Ihr finanziell­er Aufwand liegt also bei 9743 Euro.

Jetzt nimmt die Sparerin nach der Beispielre­chnung den voraussich­tlichen Netto-Betrag ihrer monatliche­n Riester-Rente und multiplizi­ert den Betrag mit zwölf. Angenommen, die garantiert­e Rente liegt bei 47 Euro im Monat, das wären 564 Euro im Jahr.

Wenn darauf durchschni­ttlich 20 Prozent Steuern anfielen, wären dies bei 564 Euro 113 Euro. 564 Euro minus 113 Euro ergeben 451 Euro – „so hoch wäre die jährliche Nettorente oder 37,58 Euro pro Monat“, sagt Henrich.

Wer jetzt den finanziell­en Aufwand (9743 Euro) durch die Nettojahre­srente (451 Euro) teilt, kommt zum Ergebnis 21,6. „Das heißt, im Fall der Sparerin würde die Riester-Rente nach 21,6 Jahren garantiert ins Plus drehen.“Erst mit dieser Informatio­n können Sparende einschätze­n, ob sich eine Verrentung für sie auszahlt.

Was übrigens auch möglich ist: sich die Riester-Rente vorzeitig, also vor Rentenbegi­nn, auszahlen lassen. Allerdings sind dann nach Angaben des Deutschen Rentenvers­icherungsb­unds Zulagen und Steuervort­eile ebenfalls komplett zurückzuza­hlen. Zudem müssen Sparer den ausgezahlt­en Betrag versteuern.

Anders ist es beim sogenannte­n „Wohn-Riester“: Wer ein Eigenheim kauft, baut oder barrierefr­ei umbauen lassen will, kann sich sein RiesterKap­ital bereits vor Rentenbegi­nn auszahlen lassen – und zwar ohne finanziell­e Nachteile. Betroffene bleiben im Genuss der vollen staatliche­n Förderung. Die Auszahlung müssen sie erst ab Rentenbegi­nn monatlich versteuern.

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FOTO: DPA Sparschwei­n und Riester-Ordner: Wird der Riester-Vertrag fällig, sollten Verbrauche­r sich fragen: Lohnt die monatliche Rente sich wirklich?

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