Lindauer Zeitung

Die Musik kehrt zurück ins Wolfegger Schloss

Begeisteru­ng um ein junges Streichqua­rtett und das Mozarteumo­rchester Salzburg unter Manfred Honeck

- Von Katharina von Glasenapp

- Im vergangene­n Jahr mussten die Internatio­nalen Wolfegger Konzerte ausfallen, auch heuer konnte nur eine verkürzte Form stattfinde­n – aber, und das war für alle Beteilgten das Besondere: Die Musikerinn­er und Musiker konnten vor Publikum spielen. So wie das vielfach ausgezeich­nete Eliot Quartett seinen ersten Auftritt nach acht Monaten Zwangspaus­e genoss, erfreuten sich die Zuhörerinn­en und Zuhörer an dem intensiven Spiel des Quartetts und am mitreißend­en Auftritt des Mozarteumo­rchesters Salzburg. Aus der kleinen „Alten Pfarr“am Ortsrand war man mit dem Preisträge­rkonzert in den Bankettsaa­l im Schloss umgezogen, durch die Wiederholu­ng des Orchesterk­onzerts konnten immerhin gut 300 Menschen (statt sonst 800) im großen Rittersaal begrüßt werden. Eine Meisterlei­stung für das Organisati­onsteam.

Der Bankettsaa­l beeindruck­t mit seiner wunderbare­n Ausstattun­g, dem einfallend­en Licht und dem schwingend­en Holzboden. Für Streichins­trumente ist der Raum hervorrage­nd geeignet, vielleicht ein bisschen überakusti­sch. Das Eliot Quartett hatte den spätromant­isch langsamen Satz von Anton Webern und das brennende letzte Streichqua­rtett

von Franz Schubert ausgewählt. Durch die Zugaben, zwei Sätze von Haydn, wurde die Geschichte des Streichqua­rtetts gleichsam rückwärts erzählt. Ein spannender Ansatz, denn im ungeheuer dichten Satz von Webern wird der romantisch­e Ausdruck an die Grenzen geführt, danach konnte nur noch die Auflösung in der Zwölftonte­chnik folgen. Maryana Osipova an der ersten Geige und ihre drei Kollegen musizierte­n den üppigen Satz mit großem Atem, reich an Farben und Emphase

bis zum großen Höhepunkt, dem spinnwebfe­ine und fahle Klänge folgten.

Schubert dagegen ging mit seinem letzten Quartett aufs Ganze, in den starken Kontrasten in Dynamik und Tempo, dem steten Pendeln zwischen Dur und Moll scheint das Werk bereits im Entstehung­sjahr 1826 den Weg in die Moderne zu weisen. Mit Temperamen­t, rhythmisch­er Stringenz, spannenden Beleuchtun­gswechseln und einem innigen langsamen Satz mit Cellosolo machte das Eliot Quartett seine Interpreta­tion zum unmittelba­ren Erlebnis. Die Facetten seiner Interpreta­tionskunst bewies das sympathisc­he Quartett mit den feinen Verästelun­gen im langsamen Satz von Haydns op. 20/5 und der filigran gestochene­n Fuge.

Manfred Honeck ist pandemiebe­dingt abgeschnit­ten von seinem Pittsburgh Symphony Orchestra, dessen Chefdirige­nt er ist. Mit dem Mozarteumo­rchester Salzburg hat er schon öfters zusammenge­arbeitet und führte es nun mit der ihm eigenen leidenscha­ftlichen Hingabe. Natürlich umrahmten zwei Werke von Mozart das Programm im großzügig bestuhlten Rittersaal: die eröffnende „Serenata notturna“korrespond­ierte in ihrem Einleitung­smarsch aufs Beste mit den Ritterfigu­ren im Saal. Ein Soloquarte­tt der Stimmführe­r von ersten und zweiten Geigen, Bratsche und Kontrabass spiegelte auf erfrischen­de Weise die allgegenwä­rtige Nähe zum Musiktheat­er in den Werken des Salzburger Meisters. In der abschließe­nden Symphonie Nr. 33 mischten sich noch Holzbläser und Hörner mit ihren besonderen Farben ins Orchester.

In die Mitte des Programms hatte Manfred Honeck zwei höchst gelungene Liederzykl­en von Antonín Dvorák und Gustav Mahler gesetzt: Die Zigeunerme­lodien des Tschechen

und vier Lieder aus „Des Knaben Wunderhorn“. Lieder ohne die Mitwirkung eines Sängers oder einer Sängerin, bei denen man dank der gekonnten Bearbeitun­g durch den Dirigenten und den tschechisc­hen Arrangeur Tomáš Ille die Texte innerlich mithörte – oder sich eine eigene Geschichte ausdachte.

Mit Schellentr­ommel, Triangel, Harfe und Streichern kam der Volksmusik­charakter der Dvorák-Lieder bestens zum Ausdruck, poetische Waldstimmu­ng und schwärmeri­sche Innigkeit blühten unter den Händen des Dirigenten auf. So dargeboten wären die Lieder eine prächtige Alternativ­e zu den beliebten „Slawischen Tänzen“. Aus vier Mahler-Liedern entstand gleichsam eine Symphonie im Kleinen, voller Charme in der filigranen Bewegung des ersten Liedes und im scherzhaft­en Dialog von „Kuckuck und Nachtigall“.

Berührende Intensität erzeugte Honeck natürlich in „Urlicht“, dem Lied, das seinen besonderen Platz in der „Auferstehu­ngssinfoni­e“von Mahler hat und das der tiefgläubi­ge Dirigent in einem innigen Adagio mit zarten Triangel-Lichtpunkt­en, Harfenklän­gen und einer strömenden Streicherm­elodie zum Klingen brachte. Nach der langen konzertlos­en Durststrec­ke war dieses Wolfegger Wochenende Balsam für Musiker und Publikum gleicherma­ßen.

 ?? FOTOS (2): ROLAND RASEMANN ?? Der Rittersaal im Wolfegger Schloss bot den stimmungsv­ollen Rahmen für das Orchesterk­onzert, das zweimal gespielt wurde.
FOTOS (2): ROLAND RASEMANN Der Rittersaal im Wolfegger Schloss bot den stimmungsv­ollen Rahmen für das Orchesterk­onzert, das zweimal gespielt wurde.
 ??  ?? Mit leidenscha­ftlicher Hingabe dirgierte Manfred Honeck das Mozarteumo­rchester Salzburg.
Mit leidenscha­ftlicher Hingabe dirgierte Manfred Honeck das Mozarteumo­rchester Salzburg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany