Gutachter hält im Mordfall Zech an seiner Einschätzung fest
Im Revisionsprozess steht die Psyche des Täters im Mittelpunkt - Sitzung dauert 20 Minuten
- Die Enttäuschung steht Andrea Hauser-Müller ins Gesicht geschrieben. Für die Dauer von gut 20 Minuten waren sie und ihr Bruder ans Landgericht Kempten gefahren, um den Fortgang des Revisionsprozesses im Mordfall Zech zu verfolgen. Viel Neues hat der vierte Verhandlungstag für die Tochter des ermordeten Rentners nicht gebracht, dessen Familie auch in diesem Prozess als Nebenkläger auftritt.
Der psychiatrische Gutachter, der den Angeklagten Albert M. schon im ersten Verfahren untersucht hat, verlas an diesem Montagmorgen die Ergebnisse seiner zweiten Begutachtung. Nach wie vor bescheinigt er dem Mann, der 2017 im Lindauer Ortsteil Zech einen Rentner erwürgt und im Anschluss dessen Haus in Brand gesteckt hat, eine kombinierte dissoziale Persönlichkeitsstörung. Gleichzeitig habe er in seiner Beurteilung versucht herauszufinden, ob eine weitere seelische Störung vorliege und ob die Steuerungsfähigkeit des Mannes zum Tatzeitpunkt gemindert war.
Dabei kam er im Rahmen seiner zweiten Begutachtung zu dem Schluss, dass „die Steuerungsfähigkeit möglicherweise gemildert war“. Um dies sicher beurteilen zu können, fehlen ihm allerdings gesicherte Fakten. „Das lässt sich weder ausschließen noch belegen“, so der Gutachter. Ganz klar schloss er in seiner Ausführung allerdings eine verminderte Schuldfähigkeit aus, da die Tat nicht in einem „psychoseartigen Zustand“passiert sei.
Die neue Kammer um den Vorsitzenden Richter Christian Roch hört im Revisionsverfahren zwei psychiatrische Sachverständige an – den Experten aus dem alten Prozess, in dem Albert M. vor drei Jahren vom Kemptener Landgericht wegen Mordes, Brandstiftung und Diebstahl zu einer lebenslangen Haftstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden war – sowie eine neue Sachverständige.
Die allerdings lehnt der heute 40jährige Angeklagte ab. Sie hatte beim ersten Verhandlungstag des Revisionsprozesses ausgesagt, dass Albert M. ihrer Meinung nach zwar an einer dissozialen Persönlichkeitsstörung leide. Allerdings sah sie keine Gründe für eine verminderte Steuerungsfähigkeit, um die es in diesem Prozess ja geht.
Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil von 2018 in Teilen kassiert. Für Deutschlands oberste Richter ist es unbestritten, dass Albert M. der Täter ist. Allerdings sei die Kammer des Landgerichts nicht genug auf die psychische Verfassung des Täters und deren Folgen für das Strafmaß eingegangen. Darum geht es nun im Revisionsprozess.
Nun klammert sich Albert M. an den einzigen Strohhalm: die Einschätzung des ersten Gutachters. Nach vormaliger Weigerung, sich von der zweiten Sachverständigen untersuchen zu lassen, willigte er Mitte Mai dann doch noch ein, sich erneut begutachten zu lassen. Allerdings nur vom Gutachter des ersten Prozesses. Die Ergebnisse dieser Befragung dienen nun der zweiten Gutachterin als Grundlage für ihre eigene Einschätzung, die sie beim nächsten Verhandlungstermin am 12. Juli der Kammer vortragen wird.
Der Anwalt der Nebenklage betonte noch einmal die Schwere der Tat und gab zu bedenken, dass von Albert M. auch in Zukunft weitere schwerwiegende Taten zu erwarten seien. „Er hat ja nie etwas anderes gemacht, als Straftaten zu begehen“, sagt Andrea Hauser-Müller sichtlich aufgewühlt im Anschluss an die Verhandlung. „Dieser Mann hat meinen Vater getötet, um einen Einbruch zu vertuschen. Und wer den Prozess verfolgt hat, der weiß, dass er keine Perspektive hat. So einer darf nie wieder rauskommen.“