Lindauer Zeitung

Warum Poller Polizeiarb­eit nicht behindern

Einsatz wegen Schlägerei auf Insel wirft Frage auf, ob versenkbar­e Poller stören

- Von Emanuel Hege

- Die Polizei wird Samstagnac­ht wegen einer Schlägerei in die Fußgängerz­one auf der Insel gerufen. Die Beamten müssen laut Zeugenauss­agen die Verfolgung zu Fuß antreten – weil die versenkbar­en Poller im Weg stehen. Was wirklich passiert ist, und warum die Polizei und die Feuerwehr in den Pollern und Pfosten keine Hinderniss­e sehen.

Das ist Samstagnac­ht passiert: Mit lautem Geschrei haben sich junge Männer in der Fußgängerz­one auf der Insel geschlagen und sich im Anschluss eine Hetzjagd durch die Fußgängerz­one geliefert – das berichtet die Polizei. Es soll damit begonnen haben, dass ein 19-Jähriger einen 18Jährigen angerempel­t und geschubst hat. Der 19-Jährige soll außerdem gedroht haben, den 18-Jährigen abzusteche­n.

Nach einer kurzen Verfolgung­sjagd über die Insel, stellte die Polizei alle Beteiligte­n. Der 18-jährige Lindauer gab an, dass der 19-Jährige nicht nur gedroht hätte, sondern ein Messer bei sich trug. Die Polizei fand jedoch keines – weder in den Taschen des jungen Mannes, noch bei einer Suche in der Fußgängerz­one. Außerdem erscheint laut Polizei die Geschichte des vermeintli­chen Opfers

widersprüc­hlich – der 18-Jährige hat nämlich keinerlei Blessuren. Der vermeintli­che Angreifer wiederum hatte Verletzung­en im Gesicht und musste vom Rettungsdi­enst behandelt werden.

Auch am Montag bleibt der Vorfall ein Rätsel. „Wir gehen von einer gegenseiti­g begangenen Körperverl­etzung aus“, sagte Polizeiche­f Thomas Steur – beide bekommen wohl eine Anzeige. Steuer könne auch nicht nachvollzi­ehen, warum der verletzte 19-Jährige aus Somalia erst vor der Polizei weggerannt war. Der Polizeiche­f hofft, dass seine Kolleginne­n und Kollegen etwas in den Vernehmung­en herausfind­en, die nun für alle Beteiligte­n anstehen – „wenn sich die Emotionen gelegt haben, wird das vielleicht klarer“.

Doch nicht nur die rätselhaft­e Schlägerei sorgte am Wochenende für Aufsehen, sondern auch der Polizeiein­satz selbst. Laut einem Anwohner musste die Polizei vor dem versenkbar­en Poller an der Einfahrt Maximilian­straße anhalten, aussteigen, und die prügelnden Männer zu Fuß verfolgen. Laut dem Anwohner hätten die Beamten den 40 000 Euro teuren Poller nicht bedienen können. In seinem Facebook-Post beschreibt der Zeuge seine Sorge: Die versenkbar­en Poller und die fixen Sperrpfost­en könnten zur Gefahr für die Insulaner

werden. Was, wenn Rettungsdi­enste und Feuerwehr schnell in die Fußgängerz­one müssen, doch die Poller versperren den Weg?

„Das wird ziemlich aufgebausc­ht“, sagt Thomas Steur. Alle seine Kolleginne­n und Kollegen seien in der Lage, die Poller während eines Einsatzes herabzusen­ken – durch einen Anruf in der Zentrale oder der Eingabe eines sechsstell­igen Codes. Ob die Polizisten Samstagnac­ht wirklich vor den Pollern ausgestieg­en sind, kann Steur nicht endgültig bestätigen. Der Polizeiche­f liefert jedoch eine mögliche Erklärung, warum die Beamten den Poller nicht versenkt haben: „Die Bundespoli­zei, nicht wir, war als erstes vor Ort, es kann sein, dass ihnen das noch nicht so bekannt ist.“Das ist aus Sicht Steurs nachvollzi­ehbar, da die Bundespoli­zei eigentlich nichts auf der Insel zu tun hat und nur wegen dieses Notrufs ausgeholfe­n habe.

Die Lindauer Polizei komme also zu jeder Zeit in die Fußgängerz­one, resümiert Steur, der Zeitverlus­t sei zu vernachläs­sigen. Auch die rund 20 fixen Pfosten in den Seitengass­en, die in nächster Zeit für rund 8000 Euro aufgestell­t werden, könne die Polizei umlegen. „In jedem Fahrzeug haben wir einen Dreikantsc­hlüssel, mit dem ein Kollege den Pfosten umlegen kann – der zeitliche Verzug ist nullkomman­ichts.“Eine Fernbedien­ung, wie einige Anwohner und Gewerbetre­ibende sie haben, hat die Polizei jedoch nicht: „Da müssten wir ja jedes Auto damit ausrüsten.“

Die Feuerwehr hat diese Fernbedien­ungen, zumindest für ihre sogenannte­n Erstangrif­fsfahrzeug­e, berichtet Stadtbrand­inspektor Max Witzigmann. Neben den Fernbedien­ungen habe jedes Löschfahrz­eug außerdem einen Dreikantsc­hlüssel, mit dem man an der Polleranla­ge einen Schalter aktivieren kann, der den Poller bewegt. „Wir hatten relativ viele Gespräche mit der Stadt zu diesem Thema und auch Termine vor Ort“, sagt Witzigmann. „Unsere Bedenken und Anregungen sind aufgenomme­n worden.“

Bei diesen Gesprächen sei auch die größte Sorge der Feuerwehr zu Wort gekommen: ein Defekt des Pollers. „Die Stadt hat uns aber mehrfach versichert, dass der Poller bei einem Defekt auf jeden Fall in den Boden fährt.“Laut Witzigmann sind die versenkbar­en Poller also kein Hindernis für die Arbeit der Feuerwehr. Einen Wunsch hätte er dann aber doch für die Zukunft: „Uns wäre es lieber, wenn die Fernbedien­ung nicht erst kurz vor dem Poller funktionie­rt, sondern dass wir den auch schon aus gewisser Distanz absenken können.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany