Warum Poller Polizeiarbeit nicht behindern
Einsatz wegen Schlägerei auf Insel wirft Frage auf, ob versenkbare Poller stören
- Die Polizei wird Samstagnacht wegen einer Schlägerei in die Fußgängerzone auf der Insel gerufen. Die Beamten müssen laut Zeugenaussagen die Verfolgung zu Fuß antreten – weil die versenkbaren Poller im Weg stehen. Was wirklich passiert ist, und warum die Polizei und die Feuerwehr in den Pollern und Pfosten keine Hindernisse sehen.
Das ist Samstagnacht passiert: Mit lautem Geschrei haben sich junge Männer in der Fußgängerzone auf der Insel geschlagen und sich im Anschluss eine Hetzjagd durch die Fußgängerzone geliefert – das berichtet die Polizei. Es soll damit begonnen haben, dass ein 19-Jähriger einen 18Jährigen angerempelt und geschubst hat. Der 19-Jährige soll außerdem gedroht haben, den 18-Jährigen abzustechen.
Nach einer kurzen Verfolgungsjagd über die Insel, stellte die Polizei alle Beteiligten. Der 18-jährige Lindauer gab an, dass der 19-Jährige nicht nur gedroht hätte, sondern ein Messer bei sich trug. Die Polizei fand jedoch keines – weder in den Taschen des jungen Mannes, noch bei einer Suche in der Fußgängerzone. Außerdem erscheint laut Polizei die Geschichte des vermeintlichen Opfers
widersprüchlich – der 18-Jährige hat nämlich keinerlei Blessuren. Der vermeintliche Angreifer wiederum hatte Verletzungen im Gesicht und musste vom Rettungsdienst behandelt werden.
Auch am Montag bleibt der Vorfall ein Rätsel. „Wir gehen von einer gegenseitig begangenen Körperverletzung aus“, sagte Polizeichef Thomas Steur – beide bekommen wohl eine Anzeige. Steuer könne auch nicht nachvollziehen, warum der verletzte 19-Jährige aus Somalia erst vor der Polizei weggerannt war. Der Polizeichef hofft, dass seine Kolleginnen und Kollegen etwas in den Vernehmungen herausfinden, die nun für alle Beteiligten anstehen – „wenn sich die Emotionen gelegt haben, wird das vielleicht klarer“.
Doch nicht nur die rätselhafte Schlägerei sorgte am Wochenende für Aufsehen, sondern auch der Polizeieinsatz selbst. Laut einem Anwohner musste die Polizei vor dem versenkbaren Poller an der Einfahrt Maximilianstraße anhalten, aussteigen, und die prügelnden Männer zu Fuß verfolgen. Laut dem Anwohner hätten die Beamten den 40 000 Euro teuren Poller nicht bedienen können. In seinem Facebook-Post beschreibt der Zeuge seine Sorge: Die versenkbaren Poller und die fixen Sperrpfosten könnten zur Gefahr für die Insulaner
werden. Was, wenn Rettungsdienste und Feuerwehr schnell in die Fußgängerzone müssen, doch die Poller versperren den Weg?
„Das wird ziemlich aufgebauscht“, sagt Thomas Steur. Alle seine Kolleginnen und Kollegen seien in der Lage, die Poller während eines Einsatzes herabzusenken – durch einen Anruf in der Zentrale oder der Eingabe eines sechsstelligen Codes. Ob die Polizisten Samstagnacht wirklich vor den Pollern ausgestiegen sind, kann Steur nicht endgültig bestätigen. Der Polizeichef liefert jedoch eine mögliche Erklärung, warum die Beamten den Poller nicht versenkt haben: „Die Bundespolizei, nicht wir, war als erstes vor Ort, es kann sein, dass ihnen das noch nicht so bekannt ist.“Das ist aus Sicht Steurs nachvollziehbar, da die Bundespolizei eigentlich nichts auf der Insel zu tun hat und nur wegen dieses Notrufs ausgeholfen habe.
Die Lindauer Polizei komme also zu jeder Zeit in die Fußgängerzone, resümiert Steur, der Zeitverlust sei zu vernachlässigen. Auch die rund 20 fixen Pfosten in den Seitengassen, die in nächster Zeit für rund 8000 Euro aufgestellt werden, könne die Polizei umlegen. „In jedem Fahrzeug haben wir einen Dreikantschlüssel, mit dem ein Kollege den Pfosten umlegen kann – der zeitliche Verzug ist nullkommanichts.“Eine Fernbedienung, wie einige Anwohner und Gewerbetreibende sie haben, hat die Polizei jedoch nicht: „Da müssten wir ja jedes Auto damit ausrüsten.“
Die Feuerwehr hat diese Fernbedienungen, zumindest für ihre sogenannten Erstangriffsfahrzeuge, berichtet Stadtbrandinspektor Max Witzigmann. Neben den Fernbedienungen habe jedes Löschfahrzeug außerdem einen Dreikantschlüssel, mit dem man an der Polleranlage einen Schalter aktivieren kann, der den Poller bewegt. „Wir hatten relativ viele Gespräche mit der Stadt zu diesem Thema und auch Termine vor Ort“, sagt Witzigmann. „Unsere Bedenken und Anregungen sind aufgenommen worden.“
Bei diesen Gesprächen sei auch die größte Sorge der Feuerwehr zu Wort gekommen: ein Defekt des Pollers. „Die Stadt hat uns aber mehrfach versichert, dass der Poller bei einem Defekt auf jeden Fall in den Boden fährt.“Laut Witzigmann sind die versenkbaren Poller also kein Hindernis für die Arbeit der Feuerwehr. Einen Wunsch hätte er dann aber doch für die Zukunft: „Uns wäre es lieber, wenn die Fernbedienung nicht erst kurz vor dem Poller funktioniert, sondern dass wir den auch schon aus gewisser Distanz absenken können.“