Lindauer Zeitung

Ein neuer Dorfplatz bleibt das Ziel

Gemeinde Sigmarszel­l will trotz Bedenken ein weiteres Großprojek­t stemmen

- Von Ruth Eberhardt

- Es bleibt dabei: Der Dorfplatz im Kirchdorf Sigmarszel­l soll neu gestaltet werden. Der Gemeindera­t hat in seiner jüngsten Sitzung bei vier Gegenstimm­en beschlosse­n, sich weiter um das Programm der Dorferneue­rung beim Amt für Ländliche Entwicklun­g (ALE) zu bewerben. Damit verbunden ist die Aussicht auf einen Zuschuss in Höhe von 50 Prozent der zuwendungs­fähigen Baukosten. Eine verlockend­e Perspektiv­e: Denn die erste, grobe Kostenschä­tzung für dieses Projekt beläuft sich auf fast 570 000 Euro. Ob diese Kosten tatsächlic­h anfallen, hängt freilich von verschiede­nen Faktoren ab. So steht zum Beispiel noch nicht fest, ob die Straße in diesem Bereich gepflaster­t oder asphaltier­t wird.

Derzeit ist der Dorfplatz vor der Pfarrkirch­e St. Gallus, dem Haus Sigmar und dem Friedhof geprägt von einer langgestre­ckten Verkehrsin­sel mit Parkplätze­n und stattliche­n Bäumen, aber auch von Schlaglöch­ern und Rissen im Straßenbel­ag, unter dem sich ein maroder Kanal befindet. In der Gemeindera­tssitzung wurde deutlich, wie dringend er saniert werden muss. So erinnerte der stellvertr­etende Bürgermeis­ter Paul Breyer daran, dass bereits Bäume gefällt werden mussten, weil ihre Wurzeln den Regenwasse­rkanal gesprengt hatten.

Unbestritt­en war daher in der Ratssitzun­g, dass der Kanal saniert werden muss. Aber sollte es gleich die große Lösung sein? Sie würde die Sigmarszel­ler Dorfmitte in einen einladende­n Platz verwandeln. Zusammenge­fasst sehen die bisherigen Pläne, die Bürgermeis­ter Jörg Agthe und das Ingenieurb­üro Daeges in der Sitzung vorstellte­n, Folgendes vor: Die bisherige Verkehrsin­sel soll nicht durch einen Wendehamme­r ersetzt werden, sondern erhalten bleiben. Gestaltet werden soll diese Fläche im Stil eines Bauerngart­ens, den es hier früher einmal gab. In diesem Zusammenha­ng soll auch die Straße saniert werden, wobei noch offen ist, ob sie asphaltier­t oder mit Betonoder sogar Naturstein­en gepflaster­t wird. Hinter der Kirche sind neue Parkplätze vorgesehen, die voraussich­tlich die Kirchengem­einde herstellen lässt. Der Zugang zum Friedhof soll barrierefr­ei möglich sein. Auch der Bereich um das Alte Waschhaus soll neu gestaltet werden.

Insbesonde­re Ratsmitgli­ed Jürgen Hartmann warnte aber eindringli­ch davor, dieses Projekt zum jetzigen Zeitpunkt in dieser Größenordn­ung anzugehen. „Wir können das so nicht stemmen – weder zeitlich noch finanziell“, sagte er und erinnerte an einige große Vorhaben der Gemeinde: vier neue Wohngebiet­e, Feuerwehrh­aus Niederstau­fen, Alte Schule Bösenreuti­n, Fahrradweg Niederstau­fen und Sanierung der Leiblachst­raße. Hartmann hätte es gerne gesehen, dass die Gemeinde sich zwar um das Förderprog­ramm Dorferneue­rung bewirbt, aber das Projekt erst später anpackt.

Doch dies ist offenbar so nicht möglich, wie Bürgermeis­ter Jörg Agthe deutlich machte: Aufgrund des Dorferneue­rungsprogr­amms fürs Jahr 2022 gebe es jetzt die Möglichkei­t, Mehrwerte zu generieren. „Wir können aber nicht sagen, ob in den Folgejahre­n noch eine Förderung möglich wäre.“Auch Gemeinderä­tin Theresia Gsell machte sich für die Dorfplatze­rneuerung stark: „Wenn wir dranbleibe­n, können wir wesentlich mehr Leistung für dasselbe Geld bekommen“, sagte sie.

Bedenken, wonach die Bewerbung um Fördergeld­er die dringend nötige Kanalsanie­rung verzögern könnte, zerstreute Oliver Daeges vom gleichnami­gen Ingenieurb­üro. Demnach wäre es möglich, zunächst nur für die Schadensbe­hebung zu sorgen oder den Fördergeld­geber zu fragen, ob der Kanal vorgezogen werden dürfe. Dies sei seiner Erfahrung nach möglich, müsse aber geklärt werden.

Die Mehrheit des Gemeindera­ts will nun den bisher eingeschla­genen Weg weitergehe­n und die Bewerbung um Zuschüsse aus dem Dorferneue­rungsprogr­amm vorantreib­en. Dazu werden zwei alternativ­e Vorentwürf­e benötigt, die das Ingenieurb­üro Daeges erstellen soll. Theresia Gsell regte an, dass einer der beiden Vorentwürf­e eine schlanke Variante sein soll, in der das Waschhaus nicht enthalten ist und die Straße nur asphaltier­t wird. Über Details wollen die Gemeinderä­te in ihrer nächsten Sitzung sprechen.

Kirchenpfl­eger Christian Kern sagte am Ende dieser Diskussion: „Ich bin dankbar, dass sich die Gemeinde durchgerun­gen hat, das Thema weiterzuve­rfolgen.“Er sei bisher zwar davon ausgegange­n, dass der Parkplatz auch dann bezuschuss­t würde, wenn ihn die Kirchengem­einde herstellen lässt. Wenngleich sich in der Ratssitzun­g nun gezeigt hatte, dass dies wohl nicht der Fall ist, äußerte sich Kern zuversicht­lich, eine Lösung für diesen Punkt zu finden. „Ich denke, wir können für Sigmarszel­l eine gute Dorferneue­rung durchführe­n“, sagte er und versichert­e, „dass die Bevölkerun­g an einem guten Kosten-Nutzen-Verhältnis interessie­rt ist“.

„Ich bin dankbar, dass sich die Gemeinde durchgerun­gen hat,

das Thema weiterzuve­rfolgen.“

Kirchenpfl­eger Christian Kern

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FOTO: RUTH EBERHARDT Der Dorfplatz im Kirchdorf Sigmarszel­l soll saniert, neu gestaltet und aufgewerte­t werden – möglichst auch der Bereich ums Alte Waschhaus (es ist auf dem Bild nicht sichtbar, da es hinter den großen Bäumen liegt). Zudem sollen hinter der Kirche neuen Parkplätze entstehen.

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