Ein neuer Dorfplatz bleibt das Ziel
Gemeinde Sigmarszell will trotz Bedenken ein weiteres Großprojekt stemmen
- Es bleibt dabei: Der Dorfplatz im Kirchdorf Sigmarszell soll neu gestaltet werden. Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung bei vier Gegenstimmen beschlossen, sich weiter um das Programm der Dorferneuerung beim Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) zu bewerben. Damit verbunden ist die Aussicht auf einen Zuschuss in Höhe von 50 Prozent der zuwendungsfähigen Baukosten. Eine verlockende Perspektive: Denn die erste, grobe Kostenschätzung für dieses Projekt beläuft sich auf fast 570 000 Euro. Ob diese Kosten tatsächlich anfallen, hängt freilich von verschiedenen Faktoren ab. So steht zum Beispiel noch nicht fest, ob die Straße in diesem Bereich gepflastert oder asphaltiert wird.
Derzeit ist der Dorfplatz vor der Pfarrkirche St. Gallus, dem Haus Sigmar und dem Friedhof geprägt von einer langgestreckten Verkehrsinsel mit Parkplätzen und stattlichen Bäumen, aber auch von Schlaglöchern und Rissen im Straßenbelag, unter dem sich ein maroder Kanal befindet. In der Gemeinderatssitzung wurde deutlich, wie dringend er saniert werden muss. So erinnerte der stellvertretende Bürgermeister Paul Breyer daran, dass bereits Bäume gefällt werden mussten, weil ihre Wurzeln den Regenwasserkanal gesprengt hatten.
Unbestritten war daher in der Ratssitzung, dass der Kanal saniert werden muss. Aber sollte es gleich die große Lösung sein? Sie würde die Sigmarszeller Dorfmitte in einen einladenden Platz verwandeln. Zusammengefasst sehen die bisherigen Pläne, die Bürgermeister Jörg Agthe und das Ingenieurbüro Daeges in der Sitzung vorstellten, Folgendes vor: Die bisherige Verkehrsinsel soll nicht durch einen Wendehammer ersetzt werden, sondern erhalten bleiben. Gestaltet werden soll diese Fläche im Stil eines Bauerngartens, den es hier früher einmal gab. In diesem Zusammenhang soll auch die Straße saniert werden, wobei noch offen ist, ob sie asphaltiert oder mit Betonoder sogar Natursteinen gepflastert wird. Hinter der Kirche sind neue Parkplätze vorgesehen, die voraussichtlich die Kirchengemeinde herstellen lässt. Der Zugang zum Friedhof soll barrierefrei möglich sein. Auch der Bereich um das Alte Waschhaus soll neu gestaltet werden.
Insbesondere Ratsmitglied Jürgen Hartmann warnte aber eindringlich davor, dieses Projekt zum jetzigen Zeitpunkt in dieser Größenordnung anzugehen. „Wir können das so nicht stemmen – weder zeitlich noch finanziell“, sagte er und erinnerte an einige große Vorhaben der Gemeinde: vier neue Wohngebiete, Feuerwehrhaus Niederstaufen, Alte Schule Bösenreutin, Fahrradweg Niederstaufen und Sanierung der Leiblachstraße. Hartmann hätte es gerne gesehen, dass die Gemeinde sich zwar um das Förderprogramm Dorferneuerung bewirbt, aber das Projekt erst später anpackt.
Doch dies ist offenbar so nicht möglich, wie Bürgermeister Jörg Agthe deutlich machte: Aufgrund des Dorferneuerungsprogramms fürs Jahr 2022 gebe es jetzt die Möglichkeit, Mehrwerte zu generieren. „Wir können aber nicht sagen, ob in den Folgejahren noch eine Förderung möglich wäre.“Auch Gemeinderätin Theresia Gsell machte sich für die Dorfplatzerneuerung stark: „Wenn wir dranbleiben, können wir wesentlich mehr Leistung für dasselbe Geld bekommen“, sagte sie.
Bedenken, wonach die Bewerbung um Fördergelder die dringend nötige Kanalsanierung verzögern könnte, zerstreute Oliver Daeges vom gleichnamigen Ingenieurbüro. Demnach wäre es möglich, zunächst nur für die Schadensbehebung zu sorgen oder den Fördergeldgeber zu fragen, ob der Kanal vorgezogen werden dürfe. Dies sei seiner Erfahrung nach möglich, müsse aber geklärt werden.
Die Mehrheit des Gemeinderats will nun den bisher eingeschlagenen Weg weitergehen und die Bewerbung um Zuschüsse aus dem Dorferneuerungsprogramm vorantreiben. Dazu werden zwei alternative Vorentwürfe benötigt, die das Ingenieurbüro Daeges erstellen soll. Theresia Gsell regte an, dass einer der beiden Vorentwürfe eine schlanke Variante sein soll, in der das Waschhaus nicht enthalten ist und die Straße nur asphaltiert wird. Über Details wollen die Gemeinderäte in ihrer nächsten Sitzung sprechen.
Kirchenpfleger Christian Kern sagte am Ende dieser Diskussion: „Ich bin dankbar, dass sich die Gemeinde durchgerungen hat, das Thema weiterzuverfolgen.“Er sei bisher zwar davon ausgegangen, dass der Parkplatz auch dann bezuschusst würde, wenn ihn die Kirchengemeinde herstellen lässt. Wenngleich sich in der Ratssitzung nun gezeigt hatte, dass dies wohl nicht der Fall ist, äußerte sich Kern zuversichtlich, eine Lösung für diesen Punkt zu finden. „Ich denke, wir können für Sigmarszell eine gute Dorferneuerung durchführen“, sagte er und versicherte, „dass die Bevölkerung an einem guten Kosten-Nutzen-Verhältnis interessiert ist“.
„Ich bin dankbar, dass sich die Gemeinde durchgerungen hat,
das Thema weiterzuverfolgen.“
Kirchenpfleger Christian Kern