Lindauer Zeitung

„Endlich hat Holz den Wert, der ihm zusteht“

Das Sägewerk Poschenrie­der in Schüttento­bel kann nicht alle Kundenwüns­che erfüllen

- Von Ingrid Grohe

Über die große Aufmerksam­keit, die seiner Branche in letzter Zeit zuteil wird, kann sich Dominic Poschenrie­der nur wundern. Für Sägewerke und ihre Produkte interessie­rt sich die Öffentlich­keit normalerwe­ise wenig. Jetzt aber, da Holz als Baustoff zunehmend begehrt und zugleich knapp wird, rücken internatio­nale wie regionale Holzmärkte und Lieferkett­en in den Fokus. Dominic Poschenrie­der hat gemeinsam mit seinem Bruder Timo seit Beginn dieses Jahres die Geschäftsf­ührung des Sägewerks Poschenrie­der in Schüttento­bel (Gemeinde Grünenbach) inne. Das Familienun­ternehmen schöpft seine Kapazitäte­n derzeit voll aus – und kann trotzdem nicht alle Kundenwüns­che erfüllen. Vor einem Jahr sah es noch ganz anders aus.

„Die Preise für Rundholz und Schnitthol­z waren schwach“, schildert Dominic Poschenrie­der die damalige Situation. „Es gab viel Material am Markt – und keine Nachfrage.“Das hatte auch mit Corona zu tun: Lieferkett­en waren unterbroch­en, die Wirtschaft von Mitte März bis Mitte Juni ausgebrems­t.

Das hat sich im Lauf des Sommers 2020 schnell geändert. „Wir haben im vergangene­n Jahr insgesamt 20 Prozent mehr Holz eingeschni­tten als zuvor“, sagt Dominic Poschenrie­der. Im Durchschni­tt der vorangegan­genen Jahre verarbeite­te der Sägebetrie­b in Schüttento­bel jeweils knapp 48 000 Festmeter Holz, 2020 waren es 58 000. „Und in diesem Jahr kommen wir vermutlich auf 70 000 Festmeter.“

Poschenrie­der kauft Fichten und Tannen von Waldbauern, Forstunter­nehmen und staatliche­n Wäldern aus einem Umkreis von 25 Kilometern. „Wir kaufen jeweils den ganzen Einschlag“, sagt er.

Dreivierte­l der Kundschaft der Poschenrie­ders liegen in einem Umkreis von 100 Kilometern. Auch mit ihr pflegt das Unternehme­n langjährig­e Beziehunge­n. „Unsere Kunden wurden teilweise schon von meinem Großvater betreut“, sagt der 32-jährige Dominic Poschenrie­der. Die Stammkunds­chaft wird zuverlässi­g beliefert: „Sie erhält ihr Material innerhalb von zehn Tagen.“

Auf die Entwicklun­g des Preises hat der junge Geschäftsf­ührer einen differenzi­erten Blick. „Aktuell zahlen wir 132 Prozent mehr für Rundholz als im vergangene­n Jahr“, erklärt er. „Diese Preissteig­erung können wir aber nicht in voller Höhe auf den Schnitthol­zpreis umlegen.“Klar sei der Rohstoff aktuell teuer, aber: „Es ist das erste Mal, dass jeder in der Kette Geld verdient.“In früheren Zeiten sei das nicht so gewesen. Jetzt endlich werde dem Rohstoff Holz der Wert zugestande­n, den er eigentlich hat. „Immerhin stehen die Bäume 80 bis 120 Jahre im Wald.“

Holz ist laut Poschenrie­der zur Genüge vorhanden. Er verweist auf eine Bestandser­hebung in der Region Allgäu, die ergab, dass die Kapazitäte­n nicht ausreichen, um das vorhandene Material zu verarbeite­n. Das liege aber auch an der seit Jahren anhaltende­n Konzentrat­ion in der Branche, erklärt Dominic Poschenrie­der. „Es gibt ein paar unheimlich große Unternehme­n, die geben die Preise vor.“Mit der Entscheidu­ng, an wen sie ihr Stammholz verkaufen, könnten Waldbesitz­er diese Entwicklun­g mit beeinfluss­en.

Solche Großuntern­ehmen sind um ein Vielfaches größer als der Familienbe­trieb Poschenrie­der, verfügen über mehrere Standorte, teils in verschiede­nen Ländern, und erledigen sämtliche Prozesse der Holzverarb­eitung: von der Säge bis zum Fertig-Holzhaus. An diese Konzerne, wie auch in die USA und nach China, gingen derzeit große Mengen an Holz, sagt Poschenrie­der. „Auch die nächsten Jahre wird die Nachfrage die Produktion­skapazität­en überschrei­ten“, vermutet Poschenrie­der. Ungewiss bleibe die Angebotssi­tuation. Der strenge Winter und das feuchte Frühjahr in Süddeutsch­land haben den Wäldern gutgetan. „Das war aber nicht in ganz Deutschlan­d so“, stellt Poschenrie­der fest.

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FOTO: INGRID GROHE Dominic und Timo (dunkles T-Shirt, Kappe) Poschenrie­der, Geschäftsf­ährer Sägewerk Poschenrie­der in Schüttento­bel.

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