Lindauer Zeitung

Statt 1800 kommen nur 180 zur Impfung

Bei Sonderakti­on des Memminger Impfzentru­ms bleiben viele Impfdosen übrig

- Von Andreas Berger

- 180 Menschen kamen am Wochenende zur ungewöhnli­chen Impfaktion nach Memmingen. Ungewöhnli­ch deshalb, weil sie Tag und Nacht lief – tagsüber parallel zum üblichen Impfbetrie­b. Dabei wäre Impfstoff für die zehnfache Menge an Personen da gewesen.

Am Freitag war die Sonderakti­on um 18 Uhr gestartet, sie hätte bis Sonntag, 8 Uhr, laufen sollen – ohne Unterbrech­ung. Doch weil die Nachfrage so gering war, wurde sie am Samstag um 23 Uhr beendet.

Die Stadt sieht es so, dass nun 180 Personen mehr geimpft sind als zuvor. „Und jede einzelne Impfung zählt“, sagt Sprecherin Alexandra Wehr. Wahrschein­lich habe die geringe Nachfrage am Impfstoff gelegen: Angeboten wurde Astrazenec­a. Zum Vergleich: Ende Mai hatte die Stadt Memmingen eine erste große Aktion angeboten: 1800 Dosen von Johnson & Johnson. Damals war der Ansturm riesig. „Natürlich bedaure ich, dass unser Angebot nicht von mehr Menschen angenommen wurde. Aber die Sonderakti­on war wichtig, wir haben ein praktische­s und unkomplizi­ertes Impfangebo­t rund um die Uhr gemacht“, sagt Oberbürger­meister Manfred Schilder. Wie solche Angebote dann angenommen werden, liege allerdings nicht in der Hand der Stadt. Die nun 1620 übrig gebliebene­n Impfdosen von Astrazenec­a verfallen aber nicht. Sie sind einige Monate haltbar und sollen während weiterer Aktionen demnächst angeboten werden, die von der Stadt nun geplant werden.

„Wir haben nichts unversucht gelassen“, sagt Bruno Ollech. Er ist stellvertr­etender Bezirksges­chäftsführ­er des Malteser Hilfsdiens­tes, der das Impfzentru­m betreibt. Das ging so weit, dass Ollech mit anderen Mitarbeite­rn am späten Freitagabe­nd zwei Aufsteller für Handdesinf­ektion zu Werbetafel­n umfunktion­ierte, auf denen vor dem Impfzentru­m auf die Sonderakti­on aufmerksam gemacht wurde. Mit Erfolg: Einige Passanten entdeckten in der frühen Nacht die Aufsteller und kamen zum Impfen hinein.

Eine Stunde, nachdem das Impfzentru­m am Samstag um 23 Uhr wegen fehlender Nachfrage geschlosse­n wurde, kamen noch zwei Personen, die sich hätten impfen lassen wollen. Der Sicherheit­sdienst, der rund um die Uhr am Impfzentru­m im

Einsatz ist, vermittelt­e den beiden schließlic­h einen Impftermin für Sonntagmor­gen, als der Regelbetri­eb des Zentrums startete.

Der Start: Großer Andrang herrschte nicht, als um 18 Uhr am Freitag die Tür zum Memminger Impfzentru­m geöffnet wurde. Das war der Startschus­s für die ungewöhnli­che Impfaktion. Insgesamt kamen die meisten aller Teilnehmer am Freitagabe­nd und in der frühen Nacht zu Samstag. Drinnen ging es dann schnell: anmelden, Formulare ausfüllen, Aufklärung­sgespräch mit einem Arzt, dann der Piks und für 15 Minuten in den Ruheraum. Mit einem Pflaster auf dem Arm und einem Termin für die Zweitimpfu­ng etwa Mitte September ging es wieder an die frische Luft.

Dass es schnell und unbürokrat­isch ablief, fand Andreas B. spitze. Im Januar hatte er sich für eine Impfung registrier­t, seitdem habe er gewartet und gehofft, bald an der Reihe zu sein. Er habe immer den Impfstoff von Biontech haben wollen. Doch mittlerwei­le sei er nur noch froh, endlich an der Reihe zu sein – der Sonderakti­on sei Dank. „Und zwar unbürokrat­isch: anstehen, Arm hinheben, fertig.“Unbürokrat­isch halfen die Mitarbeite­r im Impfzentru­m am Freitagabe­nd so manchem. Beispielsw­eise, wenn jemand keinen Impfpass dabei hatte. „Ich hatte mir den Ansturm größer vorgestell­t“, sagt Werner Zettler, einer der ersten Teilnehmer der Aktion. Auch Elke Oswald hatte mehr Menschen gleich zu Beginn der Aktion erwartet. Die Medizinisc­he Fachangest­ellte impfte in der ersten Schicht. Langweilig wurde ihr dennoch nicht. Auch um kurz vor 23 Uhr am Freitag hatte sie einiges zu tun. Warteberei­ch und Ruheraum waren gut gefüllt.

Martin Wechsel war einer derjenigen, die sich so spät impfen ließen. Er ist Landwirt und habe tagsüber kaum Zeit, sich impfen zu lassen. Zumal er in seinem Beruf im Sommer tagsüber spontan auf das Wetter reagieren müsse und dann nicht im Impfzentru­m sitzen könne. Doch das Nachtangeb­ot „ist für mich ideal“. Auch er hatte sich längst für eine Impfung registrier­t – und wie viele andere seitdem gewartet. Dann habe er von der Sonder-Impfaktion in Memmingen gehört. „So eine Chance nutze ich jetzt.“Nach einem langen Arbeitstag zum Impfen zu gehen, damit habe er kein Problem. Der Nutzen überwiege.

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