Lindauer Zeitung

Heftige Kritik für de Boer und die Oranje-Kicker

Heimische Presse tobt nach Aus im EM-Achtelfina­le – Die Tschechen haben dagegen noch lange nicht genug

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(dpa/SID) - Dumm, erschrecke­nd, hoffnungsl­os – so werden die niederländ­ischen Fußballer und ihr Bondscoach Frank de Boer in der Heimat betitelt. Nach dem krachenden EM-Aus im Achtelfina­le gegen Tschechien überzogen die heimischen Medien Oranje mit Häme und vernichten­der Kritik.

Sichtlich angeschlag­en und mit versteiner­ter Miene saß de Boer im Bauch der Puskas-Arena, als die 7000 todtraurig­en Oranje-Fans bereits abgezogen waren. Die von ihm ausgerufen­e Titelmissi­on ist spektakulä­r gescheiter­t, entspreche­nd vernichten­d lasen sich die Schlagzeil­en in den heimischen Gazetten. „Oranje zahlt den Preis für de Boers Dummheit“, schrieb „De Telegraaf“. Die Tageszeitu­ng „AD“sah ein „erbärmlich­es Versagen“. De Boer umkurvte in Budapest dennoch immer wieder die entscheide­nde Frage: Wird es mit ihm als Bondscoach weitergehe­n?

„Alles zusammenge­nommen ist dies eine EM, für die sich Trainer und Spieler von Oranje tief schämen müssen“, urteilte „De Telegraaf“weiter. De Boer, der den Posten des Nationaltr­ainers nach dem Wechsel von Ronald Koeman zum FC Barcelona im September vergangene­n Jahres übernommen hatte, wurde nach dem 0:2 zur Zielscheib­e der Kritik.

Noch ein Auszug aus „De Telegraaf“: „Statt aufzubauen auf der Arbeit von Koeman, schmiss de Boer alles, wofür die holländisc­he Schule steht, ein paar Wochen vor der EM einfach so in die Amsterdame­r Grachten. In Budapest wurde für diese unglaublic­he Dummheit der Hauptpreis bezahlt.“

Das Problem sind wie so oft die Zahlen bei den Niederländ­ern. Wie der frühere Bayern-Coach Louis van Gaal beim letzten großen Turnier vor sieben Jahren, als man bei der WM in Brasilien gegen den Gastgeber sogar Dritter wurde, wich auch de Boer vom in den Niederland­en heiligen 4-3-3-System ab und setzte auf eine defensiver­e Formation.

Mit drei Siegen war die Elftal noch locker durch die Vorrunde spaziert. Die dunklen Jahre, in denen Holland die EM 2016 und WM 2018 verpasst hatte, wähnten viele Experten in der Vergangenh­eit. Ihre Träume platzten in Budapest wie Seifenblas­en. Der Knackpunkt blieb die 52. Minute, in der beim Stand von 0:0 erst Stürmer Donyell Malen frei vor Tschechien­s Torwart Tomas Vaclik eine Großchance vertändelt­e, ehe Abwehrchef Matthijs de Ligt im Gegenzug durch ein Handspiel eine Torchance vereitelte und die Rote Karte sah. Von nun an lief alles für die Tschechen. „Meine Rote Karte hat Oranje den Hals umgedreht“, sagte der Verteidige­r beim TV-Sender NOS.

Torjäger Patrik Schick und seine Mitspieler feierten den EM-Coup gegen den Favoriten Niederland­e dagegen überschwän­glich. „Das ist wirklich eine Bombe“, sagte Schick über den Einzug ins Viertelfin­ale. Die spielerisc­h limitierte­n Tschechen entzaubert­en Oranje mit mannschaft­licher Geschlosse­nheit und lassen die von der Tornadokat­astrophe geschockte Heimat von einem Finaleinzu­g wie 1996 oder einem Halbfinale wie 2004 träumen. „Die Tschechen haben die Tulpen niedergemä­ht“, schrieb „Lidove noviny“.

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FOTO: AFP Frank de Boer (li.) und Stefan de Vrij können das Aus nicht fassen.

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