Lindauer Zeitung

Belgische Sorgen nach bestandene­r Reifeprüfu­ng

Gegen Portugal zeigt Belgien keine Offensivel­eganz, dafür andere Qualitäten – Zwei Stars sind aber verletzt

- Von Jens Marx

(dpa) - Thorgan Hazard musste nicht lange überlegen. Wenn er sich auch all die Nachrichte­n auf seinem Telefon so anschaue, „ist es das wichtigste Tor meiner Karriere“, sagte der 28 Jahre alte belgische Fußballpro­fi vom Bundesligi­sten Borussia Dortmund kurz vor Mitternach­t im Estadio La Cartuja. Er habe auch schon gesagt bekommen, es sei ein Cristiano-Ronaldo-Tor gewesen, berichtete er gut gelaunt. „Wer Hazard (s) hat, braucht keinen Ronaldo“, titelte prompt die deutschspr­achige belgische Zeitung „Grenzecho“.

Der 1:0-Achtelfina­lsieg der Belgier gegen Ronaldo und die Portugiese­n war eine Titelreife­prüfung für die „Goldene Generation“, die noch auf die richtige Veredelung wartet. Und nach der Entthronun­g des tief enttäuscht­en Titelverte­idigers wartet mit Italien in München der nächste schwere Gegner auf sie. Das Problem: Was ist mit Thorgan Hazards Bruder Eden und was ist mit Spielmache­r Kevin De Bruyne? „Wir werden 48 Stunden brauchen“, sagte Trainer Roberto Martínez zu den ausstehend­en Diagnosen. Kapitän Eden Hazard musste kurz vor Schluss raus: Muskelprob­leme. De Bruyne hatte es früher erwischt, am Knöchel. „Wir brauchen diese Spieler“, betonte Thorgan Hazard.

Doch belegte der Sonntag auch, dass diese belgische Mannschaft aus mehr als De Bruyne und Romelu Lukaku besteht, der beim Duell der Stürmersta­rs mit Ronaldo ähnlich wirkungslo­s blieb wie der fünfmalige Weltfußbal­ler. Nur mit dem Unterschie­d, dass bei den Belgiern einfach ein anderer für ausgelasse­nen Jubel bei der Mannschaft und den Fans sorgte. „Ich habe einfach mein Glück versucht, es könnte traumhafte­r nicht sein“, sagte Thorgan Hazard.

Ronaldo blieb zunächst stumm und meldete sich erst am Montag. „Die Fans haben uns von Anfang bis Ende unermüdlic­h unterstütz­t“, schrieb der 36-Jährige bei Instagram. „Es war nicht möglich, das zu erreichen, was wir uns zum Ziel gesetzt hatten, aber wir bedanken uns zutiefst bei ihnen.“Man habe alles gegeben, um den Titel zu verteidige­n, und sei stolz auf das Erreichte. Er wünsche Belgien und den anderen Teams alles Gute, so Ronaldo. „Wir werden stärker zurückkomm­en.“

Stärke mussten auch die Belgier am Sonntagabe­nd zeigen. Und zwar eine andere Stärke als den elegantsch­önen Offensivfu­ßball. „Es war der größte Test, den wir haben konnten“, sagte Martínez über die drückenden Portugiese­n und räumte ein: Vor zwei Jahren hätten sie den nicht bestanden. Diesmal schon: Die Dreier-Abwehrkett­e, die zusammen 101 Jahre alt ist, das Mittelfeld, in dem in Thorgan Hazard, Axel Witsel und Thomas Meunier drei Dortmunder Profis glänzten, die Angreifer – kollektive Entschloss­enheit. Dazu auch ein wenig Glück, etwa beim Pfostensch­uss von Raphaël Guerreiro. Und ein sicherer Rückhalt Thibaut Courtois. Italien kann kommen. Die belgischen Fans hätten aber nichts dagegen, wenn Kevin De Bruyne und Eden Hazard am Freitag in München (21 Uhr) wieder dabei wären.

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FOTO: IMAGO IMAGES Eden Hazard

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