Schwere Vorwürfe gegen Schweinemäster
Landwirt im Alb-Donau-Kreis soll über Monate gegen Tierwohl-Auflagen verstoßen haben
- Schwerverletzte Tiere mit offenen Wunden, abgebissene Schwänze und todkranke Tiere zeigen die Aufnahmen der Tierrechtsgruppe Soko Tierschutz, die der „Schwäbischen Zeitung“vorliegen. Die Organisation habe die Zustände mit verdeckter Kamera dokumentiert, das Veterinäramt eingeschaltet und Strafanzeige gestellt, so Soko-Gründer Friedrich Mülln.
„Leider mussten wir feststellen, dass sich die Missstände trotz einer Kontrolle nicht wirklich verbesserten. Im Gegenteil, sie haben sich sogar verschärft“, beklagt Mülln. Sein Vorwurf: Das Veterinäramt habe trotz mehrfachen Hinweisen weggeschaut und die Missstände nicht ernst genommen.
Das Landratsamt weist die Vorwürfe zurück. „Drei Veterinäre des Alb-Donau-Kreises suchten diesen Betrieb unverzüglich nach Eingang der Anzeige auf und führten noch am selben Tag eine unangekündigte Kontrolle durch“, so Sprecher Bernd Weltin. In dem Betrieb hätten sich damals rund 360 Zucht- und Masttiere sowie rund 950 Ferkel befunden. Die Prüfung habe gravierende Mängel
bei der artgerechten Haltung der Tiere ergeben. Die Kontrolleure fanden kranke, verletzte und auch zwei tote Tiere. Auch der Stall habe den Tierschutzvorgaben nicht entsprochen. „Die Tierhalter wurden eindringlich auf ihre Pflichten sowie auf die Verstöße im Einzelnen hingewiesen. Ein sofortiges Tierhaltungsverbot wurde geprüft, war aber rechtlich nicht gedeckt“, sagt der Sprecher. Dieser Einschätzung hätten auch Vertreter des Landesagrarministeriums bei einem weiteren Besuch im Mai zugestimmt, man habe auf Zusammenarbeit mit dem Landwirt gesetzt. Weitere Kontrollen in den folgenden Monaten hätten eine klare Verbesserung der Situation gezeigt,der Betrieb brauche aber weiter Begleitung.
Die Soko Tierschutz hat Anzeige gegen den Landwirt erstattet, bestätigen Staatsanwaltschaft Ulm und die Polizei. Gewerbe- und Umweltermittler des Polizeipräsidiums Ulm durchsuchten am Mittwochvormittag den Betrieb. Sie dokumentierten laut Polizei die Zustände und erhoben Beweismittel. Diese müssten nun von einem sachkundigen Veterinär begutachtet und bewertet werden. Ein sofortiges Handeln durch die Polizei schien nicht erforderlich. Inwieweit damit die Maßnahmen des Veterinäramts zusammenhängen, das erst kürzlich wiederholt in diesem Betrieb gewesen sein soll und noch im Frühjahr Anzeige bei der Staatsanwaltschaft wegen eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz erstattet hatte, sei Gegenstand der Ermittlungen.
Er ist nicht der erste Schweinemastskandal im Alb-Donau-Kreis, den die Soko Tierschutz aufgedeckt hat. Ähnliche Missstände machte die Vereinigung im Oktober 2016 öffentlich, damals in einem Schweinemastbetrieb in Merklingen. Der Bauer wurde zu zwei Jahren Haft auf Bewährung
und einer Zahlung von 20 000 Euro verurteilt.
In Baden-Württemberg häuften sich derartige Fälle, sagt Tierschützer Müll: „Jeden Tag bekommen wir solche anonymen Hinweise und auch der jüngste Fall zeigt leider, dass es nicht reicht, nur die zuständigen Behörden zu informieren.“
Der Landwirt selbst wiederum hat inzwischen der Behörde mitgeteilt, die Schweinemast sowieso aufgeben zu wollen. Seine Erklärung für die Missstände: Er sei zu dem Zeitpunkt Anfang des Jahres krank gewesen, habe sich nicht um den Betrieb kümmern können.
Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) sagte dem SWR: „Es ist natürlich so, bei über 10 000 Tierhaltern im Land wird man nie ganz ausschließen können, das Vergehen passieren. Wo Menschen handeln, gibt es immer auch Verstöße“. Seit Jahren beklagen Amtstierärzte im Land, dass Personal für regelmäßige Kontrollen fehle. Das gelte auch für die Aufsicht der Schlachthöfe, bei denen es zuletzt unter anderem in Biberach ebenfalls zu Verstößen gegen Tierrecht gekommen sein soll. Hauk will zusätzliche Stellen schaffen, braucht aber noch das Ok des Landtags.