Lindauer Zeitung

Am Flughafen Memmingen geht es aufwärts

Deutlich mehr Passagiere als am Bodensee-Airport – Bau eines Amazon-Verteilzen­trums in direkter Nähe geplant

- Von Helmut Kustermann und Helena Golz

- Nach dem Krisenjahr 2020 ist beim Memminger Flughafen der Optimismus zurückgeke­hrt: Geschäftsf­ührer Ralf Schmid rechnet für 2021 mit einer Million Passagiere­n und damit einer klaren Steigerung gegenüber dem Vorjahr, als 691 000 Fluggäste gezählt wurden. Da immer mehr Reisewarnu­ngen wegfielen und immer mehr Menschen geimpft seien, hätten die Fluggesell­schaften eine größere Planungssi­cherheit, sagt Schmid. „Das Licht am Ende des Tunnels wird immer heller.“

Vom Memminger Flughafen aus geht es derzeit zu 48 Destinatio­nen. Das sind laut Schmid fast so viele wie 2019, also vor der Corona-Krise. Allerdings seien die Flugzeuge noch nicht so stark ausgelaste­t wie damals. Verbindung­en, die zuletzt ausgesetzt waren, stehen wieder auf dem Flugplan. Hierzu zählen beispielsw­eise Athen, Dublin und Barcelona-Girona. Es gibt auch neue Ziele wie Rhodos und Korfu.

Nach über 1,7 Millionen Fluggästen im Rekordjahr 2019 hatten die Pandemie und die damit verbundene­n Reisebesch­ränkungen für ein massives Minus bei den Passagierz­ahlen gesorgt. Dennoch habe Memmingen den zweitniedr­igsten Rückgang aller deutschen Flughäfen verzeichne­t, sagt Schmid. Der Airport habe niemanden entlassen, aber Kurzarbeit angemeldet. In dieser Zeit hätten Mitarbeite­r den Flughafen verlassen. „Wir müssen jetzt wieder neu einstellen, zum Beispiel für die Passagier-Abfertigun­g und die Feuerwehr. Aber es ist schwierig, Leute zu finden.“

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Zur betriebswi­rtschaftli­chen Bilanz für 2020 äußert sich der Geschäftsf­ührer noch nicht: Die Zahlen müssten erst den Gesellscha­ftern vorgestell­t werden. In der Vergangenh­eit hatte es stets geheißen, dass eine Million Passagiere für ein positives Ergebnis notwendig seien.

Die Erholung in Memmingen steht im Kontrast zu den Entwicklun­gen am Flughafen in Friedrichs­hafen. Der Bodensee-Airport verzeichne­te im Jahr 2020 coronabedi­ngt nur insgesamt 119 040 Passagiere. Dies ist rund ein Viertel der Passagiere, die 2019 den Flughafen nutzten. Die Zahl der Flugbewegu­ngen betrug 18 814 und damit rund 58 Prozent der Flugbewegu­ngen des Jahres 2019.

Das ließ den wegen mehrerer Airlineple­iten sowieso schon länger angeschlag­enen Betrieb zuletzt immer tiefer in die finanziell­e Misere rutschen. Im vergangene­n Jahr sanken die Erlöse des Flughafens in Friedrichs­hafen um mindestens 80 Prozent, die 2019 bei 9,5 Millionen Euro gelegen hatten.

Die öffentlich­en Gesellscha­fter – also die Stadt Friedrichs­hafen und der Bodenseekr­eis, die je knapp 40

Prozent der Anteile am Flughafen halten – hatten dem Bodensee-Airport im Herbst 17,3 Millionen Euro Unterstütz­ung zugesagt. Im Februar dieses Jahres kündigte die Flughafen Friedrichs­hafen GmbH dann trotzdem wegen drohender Überschuld­ung ein Insolvenzv­erfahren in Eigenregie an und begab sich in ein sogenannte­s Schutzschi­rmverfahre­n.

Anfang Juni gab der Flughafen bekannt, dass er mit einem deutlich geringeren Passagiera­ufkommen rechnet als zuvor prognostiz­iert. Im September 2020 war man noch davon ausgegange­n, dass bis zum Jahr 2025 rund 2,7 Millionen Passagiere am Flughafen abfliegen und ankommen. Nun habe man die Prognosen angepasst und gehe von insgesamt 700 000 Passagiere­n weniger in dem gleichen Zeitraum aus.

Außerdem wolle das Unternehme­n sein gesamtes Grundstück samt aller Gebäude verkaufen und anschließe­nd zurückmiet­en, da sich der Finanzbeda­rf durch die Folgen der Corona-Pandemie nochmal erhöht habe, sagte Flughafen-Chef Claus-Dieter Wehr Anfang Juni.

Eine seiner bisherigen Destinatio­nen hat der Flughafen aber zuletzt sichern können. Ab 29. Juli fliegt die spanische Fluggesell­schaft Alba Star vom Bodensee nach Palma de Mallorca, wie der Flughafen vor einer Woche mitteilte.

90 Kilometer entfernt arbeitet der Flughafen Memmingen derweil noch an ganz anderen Plänen – abseits vom regulären Flugbetrie­b. Auf einer Fläche der Airport-Gesellscha­ft könnte künftig ein AmazonVert­eilzentrum entstehen. Die Pläne für den Bau beim Allgäu Airport werden jedenfalls konkreter: Bei den Verhandlun­gen befinde man sich „auf der Zielgerade­n“, sagt Flughafen-Geschäftsf­ührer Ralf Schmid. Er hofft auf einen Vertragsab­schluss „im Laufe des Sommers“. Erste vorbereite­nde Arbeiten könnten dann im „späten Herbst“beginnen. „Wir prüfen derzeit die Möglichkei­t, ein Verteilzen­trum in der Region um Memmingen zu eröffnen“, bestätigt Amazon auf Nachfrage.

Bei den Verhandlun­gen mit Amazon gebe es eine „positive Grundtende­nz“, sagt Airport-Chef Schmid. Der US-Konzern wolle das Zentrum für 15 Jahre mieten, Bauherr sei der Flughafen.

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FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Fluggäste stehen vor dem Terminal des Allgäu Airports: Geschäftsf­ührer Ralf Schmid rechnet für 2021 mit einer Million Passagiere­n und damit einer klaren Steigerung gegenüber dem Corona-Jahr 2020.

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