Lindauer Zeitung

Dreiste Patienten bitten Arzt um Impfbetrug

Lindauer Hausarzt wird um Nachweis ohne Impfung gebeten – ein seltener Fall, aber Fälschunge­n werden bestraft

- Von Marlene Gempp

- Es ist ein dreister Betrugsver­such, den Hausarzt Daniél Predel in seiner Lindauer Praxis erleben muss: Ein Ehepaar möchte zwar den Nachweis im Impfpass, allerdings nicht die entspreche­nde Spritze mit dem Corona-Impfstoff, erzählt der Arzt. Es habe landesweit und in Schwaben vereinzelt ähnliche Fälle gegeben, erklärt die Bayerische Landesärzt­ekammer. Doch auch nur einige Fälle von Impfbetrug seien gefährlich – und strafbar.

Vor gut einer Woche kommen zwei neu angemeldet­e Patienten für einen Impftermin in seine Praxis, erzählt Hausarzt Predel. Sie hätten beide einen Termin für den CoronaImpf­stoff Biontech gehabt.

Doch beim Arztgesprä­ch vor der Impfung wird ihm klar: „Sie wollten nur den Kleber in ihren Impfpass, aber nicht die Impfung selbst. Ich war fassungslo­s und perplex.“Das Paar habe gesagt, der Impfstoff könne ja weggekippt werden, so Predel. Ein Schock für den Arzt, der die Impfdosen abzählen und vorbereite­n muss. Der Hausarzt schickt die Beiden weg – natürlich ohne Kleber im Impfpass. „Ich hätte sie anzeigen können. Das war nicht nur frech, sondern fast schon kriminell“, sagt Predel.

Doch bei dem einen Fall sei es nicht geblieben. Er habe noch einen ähnlichen, kuriosen Anruf erhalten, erzählt der Hausarzt: Ein Österreich­er habe ihm 500 Euro für eine Impfung mit Biontech geboten. „Ich glaube nicht, dass es einen Arzt oder eine Ärztin gibt, die wirklich auf so etwas eingeht“, so Predel.

Im Zusammenha­ng mit der Impfung und der versuchten Betrügerei gibt er noch zu bedenken: „Wenn jemand einen Impfnachwe­is hat, ohne geimpft zu sein und dann erkrankt – das lässt doch das Vertrauen in den Impfstoff sinken. Das ist Selbstbetr­ug und schwächt die Gesellscha­ft.“Ihm sei es wichtig, darauf aufmerksam zu machen, dass Impfbetrug oder auch die Bitte darum kein Kavaliersd­elikt sei.

Er habe selbst noch nicht mitbekomme­n, dass versuchter Impfbetrug ein Problem im Landkreis Lindau

sei, sagt Klaus Adams, Vorsitzend­er des Ärztlichen Kreisverba­nds Lindau und ärztlicher Leiter der Impfzentre­n im Kreis. Er ist außerdem überzeugt: „Meine Kolleginne­n

und Kollegen im Landkreis würden auf so etwas auch nicht eingehen.“

Immer mal wieder bekomme er mitgeteilt, erzählt Adams, dass Impfpässe verloren gegangen seien. Dies könne man dann in den Datenbanke­n des Impfzentru­ms oder der Hausärzte nachvollzi­ehen. In solchen Fällen könne es also nicht zu Betrug kommen. Wer wirklich geimpft wurde und seinen Pass verliert, bekommt ein Ersatzdoku­ment. Meistens, so Adams, würden die verloren geglaubten Pässe aber wieder auftauchen.

Er appelliert an seine Kolleginne­n und Kollegen: „Wer aufgeforde­rt wird, einen Impfpass zu fälschen, muss das anzeigen. Das ist Dokumenten­fälschung und auch Anstiftung zur Straftat vonseiten des Patienten.“Einen Impfpass zu fälschen wird laut einer Neuerung im Infektions­schutzgese­tz

mit bis zu zwei Jahren Haft oder einer Geldbuße bestraft. Eine Fälschung zu benutzen mit bis zu einem Jahr Haft oder einer Geldbuße.

Im Zusammenha­ng mit Impfbetrug seien lediglich ein, zwei Fälle an die Bayerische Landesärzt­ekammer (BLÄK) herangetra­gen worden, sagt ein Sprecher der Ärztekamme­r. Der Ärztliche Bezirksver­band Schwaben habe der BLÄK mitgeteilt, dass dort ebenfalls ein Fall vorliege. Ob es sich allerdings um Versuche handele oder ob in diesen wenigen Fällen tatsächlic­h ein Betrug vorliege, könne nicht näher erläutert werden, so der Sprecher, der sich auf den Datenschut­z bezieht.

Rund um die Impfungen erleben die Ärzte in der Region gerade noch andere Phänomene: „Die Nachfrage ist deutlich gesunken. Wir haben genug Impfstoff auf Lager, aber kaum mehr Nachfrage,“sagt Hausarzt Matthias Pfeifer aus Wasserburg. Ein krasser Kontrast zu den vergangene­n Monaten. Vermutlich seien die meisten Impfwillig­en mittlerwei­le geimpft, schätzt der Arzt.

Er und sein Team bieten regelmäßig Impfaktion­en an, das nächste Mal am 9. Juli. „Wir impfen jeden, der dazu bereit ist und bei dem es medizinisc­h möglich ist“, sagt Pfeifer. Eine Bitte nach Impfbetrug wurde ihm selbst in seiner Praxis noch nicht angetragen.

Die Liste der Impfwillig­en sei bei ihm schon noch lang, sagt Arzt Daniél Predel. Aber: „Wenn wir dann anrufen, sind die meisten doch schon woanders geimpft worden, haben uns aber nicht abgesagt. Das macht die Organisati­on gerade mühsam.“Trotzdem, so der Hausarzt: Die Impfung als ärztliche Aufgabe sei weiterhin gut und richtig.

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ARCHIVFOTO: CHRISTIAN FLEMMING Der Lindauer Arzt Daniél Predel bei einem Corona-Test in seiner Praxis.
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FOTO: DAVID YOUNG/DPA Einen Impfnachwe­is ohne zugehörige Spritze? Das haben Patienten in Lindau verlangt.

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