Auch weiter Personalnot bei den Gesundheitsämtern
Eineinhalb Jahre nach Beginn der Corona-Krise sind noch viele Arztstellen unbesetzt
- Auch eineinhalb Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie leiden Gesundheitsämter unter einem Ärztemangel: So sind beispielsweise im Landkreis Lindau derzeit nur 0,85 von fünf Mediziner-Stellen besetzt. „So kann es nicht bleiben“, fordert der Lindauer Landrat Elmar Stegmann. Sonst müsse man künftig Abstriche machen: „Irgendwann können wir beispielsweise Untersuchungen für Abc-Schützen nicht mehr anbieten.“Sein Unterallgäuer Amtskollege Alex Eder (Freie Wähler) hatte bereits vor knapp einem Jahr von einer „prekären Lage“bei den Arztstellen gesprochen.
In Lindau hatte der Gesundheitsamtsleiter im Jahr 2020 das Haus verlassen und sein Stellvertreter war in Ruhestand gegangen. Das verschärfte die vorher schon schwierige Situation noch zusätzlich. Derzeit beschränkt sich das ärztliche Personal am Lindauer Gesundheitsamt laut Stegmann auf eine Medizinerin, die halbtags arbeitet, und einen Pensionär, der eine 35-Prozent-Stelle besetzt. Zudem habe die Medizinerin den Amtsärzte-Kurs noch nicht absolviert.
Aber warum gibt es diesen chronischen Personalmangel in Gesundheitsämtern? „Der Freistaat schreibt aus, aber es kommt halt keiner“, antwortet Stegmann. Für den schwäbischen Landräte-Sprecher ist klar, dass man „für den Öffentlichen Dienst und die Arbeit im Gesundheitsamt mehr werben muss“. Es wäre auch sinnvoll, wenn angehende Mediziner während ihres Studiums ein Praktikum im Öffentlichen Dienst absolvieren und so diese Arbeit kennenlernen würden, sagt Stefanie Vögele vom Unterallgäuer Landratsamt. Auch das dortige Gesundheitsamt leidet unter Personalnot, derzeit sind 4,2 von acht Arztstellen mit Medizinern besetzt.
Um die personelle Lage zu entschärfen, arbeiten jetzt zwei Verwaltungsfachleute auf MedizinerStellen. Das habe sich bewährt und „ist keine Notlösung“, sagt Vögele. Ein Mitarbeiter aus der Verwaltung könne auch Führungsaufgaben im Gesundheitsamt übernehmen, das müsse nicht zwangsläufig ein Arzt sein. Dann könnten sich die Mediziner auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren. Als weiteres Mittel gegen die Personalnot sei denkbar, dass niedergelassene Mediziner das Erstellen von Gutachten übernehmen, sagt Vögele. In BadenWürttemberg sei dies bereits geschehen. Landrat Stegmann plädiert außerdem dafür, dass sich der Öffentliche Dienst stärker Quereinsteigern öffnet und der Wechsel zwischen Behörden erleichtert wird. Zudem sei die Bezahlung für Mediziner in Gesundheitsämtern schlechter als für Ärzte in Kliniken, sagt Vögele. „Und es gibt nur begrenzte Aufstiegsmöglichkeiten.“
Das Interesse von Bewerbern sei „regional teilweise sehr unterschiedlich“, sagt eine Sprecherin des bayerischen Gesundheitsministeriums. Außerhalb von Ballungszentren sei es mitunter etwas schwieriger, geeignete Fachkräfte zu finden. Zum Unterallgäuer Modell, wo einzelne Arztstellen mit Verwaltungsfachleuten besetzt wurden, sagt die Behördensprecherin: In Einzelfällen gehe man diesen Weg, damit sich die Mediziner auf ihre primären Aufgaben konzentrieren können. Grundsätzlich sei es aber das Ziel, alle medizinischen Stellen auch mit Ärzten zu besetzen.
Laut der Sprecherin will der Freistaat die Mediziner im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) künftig besser bezahlen. Seit Beginn der Pandemie habe das Land insgesamt 1500 Stellen für Fachkräfte im ÖGD neu geschaffen. Der „überwiegende Teil“sei inzwischen auch besetzt.