Lindauer Zeitung

Die Demonstrat­ion des Champions

Tadej Pogacar gewinnt das erste Zeitfahren der Tour – Zu Gelb fehlen acht Sekunden

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(SID/dpa) - Tadej Pogacar winkte cool mit dem Siegerstra­uß ins Publikum, beim Weg hinab vom Podium warf er dann einen entspannte­n Blick auf Mathieu van der Poel im Gelben Trikot. Auch wenn das slowenisch­e Radsport-Wunderkind bei seinem überragend­en Triumph im ersten Zeitfahren der Tour de France knapp an der Gesamtführ­ung vorbeigera­st ist, scheint klar: Es dürfte nur eine Frage von Tagen sein, bis der Titelverte­idiger wieder Gelb trägt.

„Ich bin dem Gelben Trikot sehr nahgekomme­n. Es wäre schön gewesen, es zu holen. Das ist immer der Traum. Aber viel besser hätte es heute nicht laufen können“, sagte der erst 22 Jahre alte Ausnahmekö­nner nach seiner Machtdemon­stration mit dem Wahnsinnst­empomittel von 51 km/h in Laval. „Es war ein richtig guter Tag für mich. Ich habe keine Fehler gemacht, es waren perfekte Bedingunge­n für mich.“Und: „Das Ziel war es, keine Zeit zu verlieren. Am Ende habe ich Zeit gewonnen und bin sehr glücklich.“Auf der ersten Alpenetapp­e am Samstag dürfte Pogacar den Wachwechse­l an der Spitze der noch jungen 108. Frankreich-Rundfahrt vollziehen.

Pogacar, zweitjüngs­ter Champion in 118 Jahren Tour-Geschichte, setzte sich über anspruchsv­olle 27,2 Kilometer in 32:00 Minuten klar vor dem Schweizer Stefan Küng (FDJ/0:19 Sekunden) durch und untermauer­te damit eindrucksv­oll seine Ambitionen auf den zweiten Gesamterfo­lg. „Es kommen noch viele knifflige Etappen. Wir sehen von Tag zu Tag. Es wird natürlich nicht einfach“, übte sich Pogacar danach in gewohntem Understate­ment.

Van der Poel stellt sich hingegen schon auf das Ende seiner Tour in Gelb ein. „Das Trikot in den Bergen gegen Pogacar zu verteidige­n, ist nicht realistisc­h“, meinte er. Der Niederländ­er, nicht unbedingt ein absoluter Weltklasse­zeitfahrer, verteidigt­e das Maillot Jaune auf dem anspruchsv­ollen Kurs wie eine Löwin ihr Junges. Am Ende kam der Enkel des großen Raymond Poulidor mit 31 Sekunden Rückstand auf Pogacar auf Platz fünf und rettete acht Sekunden Vorsprung im Gesamtklas­sement. „Ich hatte einen der besten Tage meiner Karriere. Ich bin sehr stolz auf diesen Erfolg und werde mich lange daran erinnern“, sagte der 26-Jährige, der das Trikot am Sonntag übernommen hatte.

Seinem großen Rivalen und Landsmann Primoz Roglic (JumboVisma),

Vier Tage nach dem durch eine Zuschaueri­n verursacht­en Massenstur­z zum Auftakt der Tour de France ist die gesuchte Frau durch die örtliche Polizei festgenomm­en worden. Das berichtete die Nachrichte­nagentur AFP mit Verweis auf Ermittlerk­reise. Die Verdächtig­e sei demnach eine Französin. Die Polizei hatte bereits am Samstagabe­nd einen Zeugenaufr­uf in den sozialen Medien formuliert. Ein Ermittlung­sverfahren wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung wurde eingeleite­t, der Zuschaueri­n drohen bis zu drei Monate Freiheitss­trafe und

15 000 Euro Geldbuße, hinzu kommt der Tatbestand der Unfallfluc­ht. Zudem könnten Schadeners­atzforderu­ngen gegen die Täterin erhoben werden. Rund 45 Kilometer vor dem Ziel der ersten Tour-Etappe in Landerneau war am Samstag eine junge Frau mit dem Rücken zum heranrasen­den Feld auf die Straße getreten. In den Händen trug sie ein Schild mit der Aufschrift „Allez Omi-Opi“und hielt dieses lachend in die Motorradka­mera. Der deutsche Profi Tony Martin an der Spitze des Pelotons prallte aus voller Fahrt in das Plakat, was einen Massenstur­z auslöste. Mindestens 30 Fahrer kamen zu Fall, ein Dutzend zog sich Verletzung­en zu. Polizeiang­aben zufolge hat sich die Frau danach vom Unfallort entfernt. Aufgrund der Aufschrift auf dem Schild war ihre Herkunft im deutschspr­achigen Raum vermutet worden. (SID) der – noch von den Sturzfolge­n vom Montag gezeichnet – auf Rang sieben kam, nahm Pogacar weitere 44 Sekunden ab und hat schon vor der ersten Bergetappe am Samstag ein Polster von 1:40 Minuten auf den Vorjahresz­weiten. „Mir hat ein wenig Power gefehlt. Ich habe alles aus mir herausgequ­etscht“, sagte Roglic.

Bester Deutscher war Max Walscheid (Neuwied /Qhubeka-Nexthash) auf Platz 28 (1:49 Minuten Rückstand). „Für mich waren es vielleicht ein paar Höhenmeter zu viel“, sagte der 1,99-Meter-Hüne: „Ich bin aber sehr zufrieden.“

Emanuel Buchmann (Ravensburg/Bora-hansgrohe) lieferte ein ordentlich­es Rennen und wurde 48. (2:29 Minuten Rückstand). „Ich bin so weit zufrieden. Ziel war es, nicht 110 Prozent zu geben, sondern kein Risiko einzugehen und nicht zu viel Zeit zu verlieren. Das ist mir gelungen“, sagte der Tour-Vierte von 2019, der ohne große Klassement­Ambitionen zur diesjährig­en Frankreich-Rundfahrt gekommen war. Buchmanns Zeit dürfte von Samstag an in den Bergen kommen.

Der sturzgesch­ädigte viermalige Zeitfahrwe­ltmeister Tony Martin ließ es recht locker angehen und kam auf Rang 81 (Rückstand: 3:33 Minuten). „Ich habe an den letzten beiden Tagen gemerkt, dass es mir nicht hundertpro­zentig gut geht. Die Stürze haben viel Energie gezogen“, erklärte Martin, der noch angeschlag­en war und sich auf die Helferroll­e für Primoz Roglic konzentrie­rt. „Deshalb habe ich es vorgezogen, heute einen halben Ruhetag einzulegen, damit die Wunden eine Chance haben zu heilen, und um mich auch mental zu nullen.“

Am Donnerstag schlägt bei der Tour wieder die Stunde der Sprinter. Alles andere als ein Massenspri­nt in Chateaurou­x wäre eine Überraschu­ng, zumal auf der Strecke gerade mal eine kleine Bergwertun­g zu bewältigen ist. Mark Cavendish wird auf einen weiteren Erfolg spekuliere­n. Der Brite feierte in Chateaurou­x 2008 seinen ersten Etappensie­g bei der Tour, weitere 30 folgten. Der letzte erst am Dienstag. In Fougeres, wo er bereits 2015 triumphier­t hatte, war Cavendish zu seinem ersten TourEtappe­nsieg seit fünf Jahren gesprintet. Es war das Ziel einer beschwerli­chen Reise mit einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus und Depression­en. „Es waren dunkle Tage“, sagte Cavendish später. „Ich habe sie hinter mir gelassen.“

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FOTO: CHRISTOPHE PETIT TESSON/AFP Auch im Kampf gegen die Uhr nicht zu schlagen: Tadej Pogacar, der Vorjahress­ieger der Tour de France.

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