Das Herz gebrochen
Serena Williams muss in Wimbledon aufgeben – Ihr Abschied unter Tränen könnte einer für immer gewesen sein
(SID/dpa) - Mit einem qualvollen Schrei verwandelte sich der große Traum von Serena Williams endgültig in einen Alptraum. Unter dem Raunen des entsetzten Publikums sackte die Tennisqueen in die Knie, senkte den Kopf auf den heiligen Rasen – und ließ den Tränen freien Lauf. Und als die 39-jährige USAmerikanerin dann mit feuchten Augen, linker Hand auf dem Herzen und schmerzendem rechten Oberschenkel vom Centre Court humpelte, als die Zuschauer ihr stehend applaudierten, stellte sich zwangsläufig die Frage, ob dies ihr Abschied für immer aus Wimbledon gewesen ist.
Durch die verletzungsbedingte Aufgabe in der ersten Runde ist Williams’ jahrelange und glücklose Rekordjagd wieder einmal auf dramatische Weise gestoppt worden. Und mit jedem weiteren vergeblichen Anlauf rückt dieser eine Grand-Slam-Titel, der zu den 24 Siegen der Australierin Margaret Court noch fehlt, in immer weitere Ferne – vielleicht sogar in unerreichbare.
Erst in der Nacht zu Mittwoch fand Serena Williams Worte für diese neuerliche Enttäuschung. „Es hat mir das Herz gebrochen, dass ich heute aufgeben musste, nachdem ich mich am rechten Bein verletzt habe“, schrieb sie bei Instagram. „Die außergewöhnliche Wärme und Unterstützung des Publikums zu spüren, als ich heute auf den Platz kam – und ihn verließ –, das hat mir die Welt bedeutet.“
Wie sich Williams rund drei Stunden zuvor mit wehmütigem Blick vom Londoner Publikum verabschiedet hatte, erinnerte an ihren emotionalen Abgang nach dem verlorenen Halbfinale bei den Australian Open im Februar gegen Naomi Osaka. Bei der Frage während der anschließenden Pressekonferenz, ob dies der endgültige Abschied aus Melbourne gewesen sei, gab sie eine ausweichende Antwort – wenig später brach sie in Tränen aus und verließ den Raum fluchtartig.
Noch treibt die Jagd nach dem Rekord die Mutter der dreijährigen Olympia an – dieser Kampfgeist war ihr auch in Wimbledon nicht abzusprechen. Mit dick bandagiertem Oberschenkel war die siebenmalige Turniersiegerin zum Erstrundenmatch gegen Alexandra Sasnowitsch aus Belarus auf den Centre Court gekommen. Doch nach einem frühen Ausrutscher musste sie sich minutenlang abseits des Platzes behandeln lassen. Serena Williams kehrte zurück, biss noch für einige Punkte auf die Zähne – dann aber ging es nicht mehr.
Mehr als vier Jahre liegt der bislang letzte ihrer 23 Grand-Slam-Titel schon zurück, vier Major-Finals verlor Serena Williams seither. Und die Zeit spielt gegen die langjährige Nummer 1 der Welt, die besten Chancen auf Titel 24 waren ihr in Wimbledon zugetraut worden. Dort, wo sie siebenmal triumphiert, wo Angelique Kerber im Finale 2018 die achte Krönung verhindert hat.
Wie lange Serena Williams es weiter versuchen will, bleibt offen. Einen Start bei den Olympischen Spielen in Tokio hat sie schon vor Wimbledon ausgeschlossen, ohne Gründe zu nennen. Und am 26. September wird Serena Williams 40 Jahre alt.