Selber machen
Wenn man aus der Elektrifizierung der Südbahn eine Lehre ziehen kann, dann diese: Nicht auf Berlin warten und auch nicht auf Stuttgart – selber machen. Wären die Verantwortlichen in der Region nicht in Vorleistung gegangen, hätten Gemeinden, Landkreise und Wirtschaft nicht Geld bereitgestellt für Planungen, für die sie eigentlich nicht zuständig sind, würden noch auf Jahre hinaus Dieselloks rollen. Dass stattdessen nach Jahrzehnten der Ankündigungen endlich die Stromleitungen angeschaltet wurden, ist ein ureigener Erfolg der Region Bodensee-Oberschwaben.
Es tut sich was, nicht nur auf der Südbahn. Seit wenigen Monaten fahren E-Loks auf der Allgäubahn zwischen Lindau und München. Von seinem Anspruch, bis 2025 deutschlandweit 70 Prozent des Bahnnetzes unter Strom zu bringen, ist der Bund dennoch weit entfernt. Das Ziel wurde zu Beginn der Legislaturperiode ausgegeben, da lag der Wert bei 60 Prozent. Inzwischen sind es exakt 61 Prozent. Es ist ein mühsamer, teurer Weg. Aber er ist alternativlos. Die Diesellok ist in Zeiten des Klimawandels ein Auslaufmodell. Züge mit Brennstoffzellen- oder Batterieantrieb können eine Ergänzung zu den Haupttrassen mit Oberleitung sein. Wenn der Deutschlandtakt bis 2030 kommen soll, der große Städte alle halbe Stunde miteinander verbindet, braucht es ein Netz, das nicht bei den ersten Reibungspunkten kollabiert.
Ob ein unterirdischer Bahnhof mit nur acht Gleisen in Stuttgart unter diesen Umständen der Weisheit letzter Schluss ist, daran dürfen Zweifel bleiben bis zum Beweis des Gegenteils. Diesen Beweis muss die Bahn jetzt erbringen und S21 schnell fertigstellen. Denn ohne die Neuordnung des Bahnknotens Stuttgart ist ein zentraler Vorteil der elektrifizierten Südbahn hinfällig, die schnelle und umsteigefreie Anbindung an die Landeshauptstadt. Es geht dabei ja nicht nur um den Tiefbahnhof, sondern vor allem auch um die Zufahrt in den Stuttgarter Kessel. Ist das Zieldatum 2025 realistisch? Man muss es hoffen, auch wenn die bisherige Geschichte des Mammutprojekts nicht allzu viel Gutes verheißt.