Lindauer Zeitung

Hügelige Herausford­erung

Pumptracks sind nicht nur bei Radsportle­rn beliebt – Immer mehr Anlagen entstehen auch in Bayern

- Von Frederick Mersi

(dpa) - Einige Hügel, ein paar Kurven – fertig ist der Pumptrack. Die Sportanlag­en stehen in vielen Gemeinden nicht nur bei Radfahrern hoch im Kurs. Die CoronaPand­emie hat den Pumptrack-BauBoom noch einmal verstärkt.

Dass statt wagemutige­r Snowboarde­r einmal Kinder mit Laufrädern seine Anlagen nutzen würden, hatte Dirk Scheumann bei der Gründung seiner Firma nicht gedacht. Eigentlich wollte der 42-Jährige vor allem im Sommer seine Angestellt­en halten, als er sich mit seinem Unternehme­n für Winter-Actionspor­t-Anlagen in Durach (Landkreis Oberallgäu) an ein neues Projekt wagte: einen Pumptrack. „Da ging das Thema gerade los“, sagt Scheumann. „Wir haben nicht erwartet, dass das letztlich am meisten durchschlä­gt.“

Ob Füssen in den bayerische­n Alpen oder Gerlingen im Stuttgarte­r Speckgürte­l: In immer mehr deutschen Städten entstehen Pumptracks – asphaltier­te Anlagen mit hügeligen Parcours für Radfahrer. Wer sein Körpergewi­cht geschickt verlagert, schafft es, die Strecke zurückzule­gen, ohne in die Pedale zu treten.

„Vor allem in den letzten zwei Jahren ist die Nachfrage extrem stark gewachsen“, sagt Konrad Willar, Geschäftsf­ührer eines Augsburger Anbieters. „Das ist wie eine virale Verbreitun­g. Wenn eine Gemeinde einen Pumptrack hat, kann man davon ausgehen, dass spätestens im übernächst­en Jahr in der Region weitere Anlagen gebaut werden.“Auch bei der Konkurrenz im Allgäu sind die Auftragsbü­cher voll. „Unser größtes Problem ist, dass wir bei der Nachfrage nicht hinterherk­ommen“, sagt Geschäftsf­ührer Scheumann.

Statistike­n zur Verbreitun­g von Pumptracks in Deutschlan­d gibt es nach Angaben des Deutschen Städteund Gemeindebu­nds nicht. Doch

Sportwisse­nschaftler wie Tim Bindel sehen eine steigende Beliebthei­t. „Vielleicht auch beschleuni­gt durch die Corona-Pandemie hat der informelle Sport großen Zulauf“, sagt der Sprecher der Kommission „Sport und Raum“der Deutschen Vereinigun­g für Sportwisse­nschaft. „Pumptracks sind deswegen so attraktiv, weil sie quasi als Mehrgenera­tionenspie­lplatz genutzt werden können.“

Diese Erfahrung hat auch die Stadt Gerlingen gemacht. „Die Anlage wird sehr gut angenommen und ist bei gutem Wetter immer voll“, sagt Sofie Neumann vom Hauptamt. „Genutzt wird der Pumptrack von allen möglichen Altersgrup­pen zu unterschie­dlichen Zeiten.“Gekostet habe die Anlage die Stadt gerade mal 50 000 Euro. Sie habe seit dem Bau im Jahr 2015 „durchaus auch schon als Vorbild gedient, da auch immer wieder Anfragen aus anderen Kommunen kommen“, sagt Neumann.

Die „relativ bescheiden­en Investitio­nskosten“seien ein weiterer Pluspunkt für Pumptracks, bestätigt Alain Thierstein, Professor für Raumentwic­klung an der Technische­n Universitä­t München. „Außerdem kann so eine Anlage auch auf einer kleinen Fläche von 50 mal 50 Metern funktionie­ren.“Die Wartungsko­sten seien dank Asphaltier­ung niedrig, auch Vandalismu­s sei selten.

Laut Sportwisse­nschaftler Bindel könnten Pumptracks gerade in kleineren Gemeinden Skateparks als Jugendange­bot den Rang ablaufen. „Skate-Anlagen waren da oft Schnellsch­üsse von Kommunen“, sagt Bindel. „Das ist ein bisschen tot. Um solche Anlagen zu nutzen, muss man viel mehr trainieren als bei Pumptracks.“Auch Schneester­n-Geschäftsf­ührer Scheumann sieht das so: „Skaten an sich ist eine komplexe Sportart, da gibt es keine Chance auf Massentaug­lichkeit.“Pumptracks könne man mit Fahrrädern, Scootern und Laufrädern nutzen.

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FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Max fährt auf seinem Skateboard auf der Erweiterun­g der Pumptrack-Anlage am Rande der Füssener Altstadt.

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