Seehofer verteidigt Verzicht auf schärfere Grenzkontrollen
Bund sieht größtes Risiko für eingeschleppte Corona-Infektionen bei Flugreisen
- Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat angekündigt, dass die Quarantänepflicht für vollständig Geimpfte, die aus Virusvariantengebieten nach Deutschland einreisen, „zügig“fallen soll. Neue Studien würden nahelegen, dass vollständig Geimpfte auch gegen die Delta-Variante des Coronavirus sehr gut geschützt sind.
Das bedeutet zunächst: Wer aus Gebieten einreist, in denen die DeltaVariante des Coronavirus grassiert, soll baldmöglichst nicht mehr 14 Tage in Quarantäne müssen. Das gilt bislang etwa für Rückkehrer aus Großbritannien oder Portugal. Die Betroffenen können sich aktuell auch nicht mit einem negativen Test aus der Quarantäne entlassen.
Spahn betonte allerdings am Donnerstag auch mehrfach das „Vorsichtsprinzip“. Die strikten Regeln würden absehbar zwar für die DeltaMutante
fallen. Bei anderen Virusvarianten, die in Zukunft auftreten könnten, soll die Pflicht auch wieder für Geimpfte eingeführt werden.
Auch das dürfte sich jedoch in absehbarer Zeit ändern. Denn Spahn geht davon aus, dass die Delta-Variante noch im Juli für 70 bis 80 Prozent der Neuinfektionen in Deutschland verantwortlich sein wird. Weder auf einen genauen Zeitraum noch auf die erforderliche Prozentzahl wollte sich Spahn festlegen lassen, aber im Kern gelte: Wenn eine Virusvariante die dominierende in Deutschland ist, können Länder, für die dasselbe gilt, nicht als Variantengebiet eingestuft werden. In dem Fall bliebe die Einstufung als Risiko- oder Hochinzidenz-Gebiet – mit den entsprechenden Reiseauflagen.
Spahn zeigte sich verwundert über die Forderungen einiger Bundesländer, die Einreiseverordnung zu verschärfen. „Erst vor zwei Wochen haben 16 Gesundheitsminister der Länder unserem Konzept zugestimmt.“Die Verordnung sei bereits „sehr strikt“. Die Situation lasse sich nicht mit dem Sommer 2020 vergleichen. Jeder, der in ein Flugzeug steigt, das nach Deutschland fliegt, müsse entweder einen aktuellen Test oder eine Impf- beziehungsweise Genesenenbescheinigung vorlegen.
Reiserückkehrer könnten sich durch die Bürgertests zusätzlich in Deutschland kostenlos testen lassen. Durch die digitale Reiseanmeldungen wüssten die Gesundheitsämter, wer in entsprechenden Gebieten mit erhöhtem Risiko war, und könnten die Quarantäne kontrollieren. Darin sieht auch Innenminister Horst Seehofer (CSU) einen wichtigen Mechanismus. Er verteidigte erneut die Position der Regierung, keine stationären Grenzkontrollen einzuführen. Entscheidend sei derzeit nicht der Auto-, sondern der Flugverkehr.
Der größte Unterschied zum vergangenen Sommer, betonte Spahn, seien die Impfungen. Zwei Drittel der 70 Millionen Erwachsenen in Deutschland hätten mindestens die erste Dosis erhalten, dazu kämen 400 000 Jugendliche zwischen zwölf und 18 Jahren. Der Jugend versprach Spahn, dass jeder, der wolle, bis spätestens Ende August seine erste Impfung erhalten könne.