Lindauer Zeitung

Neue Regeln für Online-Einkäufe

Warum Kleinsendu­ngen aus Nicht-EU-Staaten künftig teurer werden

- Von David Hutzler

(dpa) - Teils höhere Kosten, aber auch keine bösen Preisüberr­aschungen mehr: Für OnlineEink­äufe aus Nicht-EU-Staaten wie China oder den USA gelten seit Donnerstag neue Regeln. Kleinere Waren mit einem Wert unter der bisherigen Freigrenze von 22 Euro sind künftig auch umsatzsteu­erpflichti­g, wie die EU-Kommission in Brüssel mitteilte. Zugleich sollen aber auch versteckte Zusatzkost­en wegfallen und die Transparen­z für Kundinnen und Kunden erhöht werden.

Konkret bedeuten die neuen Regeln, dass in Deutschlan­d ab sofort auch bei Waren mit einem Wert von unter 22 Euro 19 Prozent Mehrwertst­euer aufgeschla­gen werden, unter anderem für Bücher oder Lebensmitt­el fallen sieben Prozent an. Kostete beispielsw­eise eine CD von einem US-Versandhän­dler bislang 20 Euro, werden mit Steuern künftig 23,80 Euro fällig. Der eigentlich­e Zoll, der gesondert erhoben wird, gilt weiter für Waren mit einem Wert ab 150 Euro.

Kundinnen und Kunden sollen über die neuen Regeln aber auch besser vor bösen Überraschu­ngen geschützt werden. Wer bisher Produkte aus Drittstaat­en bestellt hatte, musste teilweise mit Extrakoste­n für die Anmeldung beim Zoll durch das Transportu­nternehmen rechnen. Das soll ab sofort wegfallen und der angegebene Preis auch der Endpreis sein. Um den Unternehme­n den Verkauf in andere Mitgliedst­aaten zu erleichter­n, können sie sich bei einem Portal registrier­en, das die Erfassung und Abrechnung der Mehrwertst­euer erleichter­t.

Die EU will mit den Neuregelun­gen verhindern, dass Händler aus Nicht-EU-Staaten ihre hiesigen Wettbewerb­er weiter unterbiete­n können. Bislang hatten Händler mit Sitz in der EU auf all ihre Waren Umsatzsteu­er abführen müssen, während für Importe aus Drittstaat­en die Freigrenze von 22 Euro galt. „Wir denken, dass die Verbrauche­r die zum Teil etwas höheren Preise akzeptiere­n sollten. Denn sie garantiere­n einen fairen Wettbewerb“, kommentier­t der Steuerexpe­rte des Handelsver­bands Deutschlan­d (HDE), Ralph Brügelmann.

Die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfahlen weist jedoch daraufhin, dass die Einfuhrums­atzsteuer nicht komplett wegfällt. Solange der zu zahlende Mehrwertst­euerbetrag unter einem Euro liege, werde er weiter nicht erhoben. Die

Verbrauche­rschützer rufen daher trotz der Neuregelun­g dazu auf, sich vor der Bestellung auf den Internetse­iten des Zoll über die zu entrichten­den Gebühren zu informiere­n.

Die Freigrenze wurde in der Vergangenh­eit zudem auch für Steuerbetr­ug missbrauch­t. Einige Händler kennzeichn­eten Pakete so mit einem Preis von unter 22 Euro, obwohl ein viel teureres Produkt enthalten war. Damit wurde die Mehrwertst­euer nicht automatisc­h abgeführt. Der Zoll kam den Machenscha­ften nur durch Kontrollen auf die Schliche. Den Schaden für die EU-Staatskass­en durch solche Schlupflöc­her schätzt die EU-Kommission auf sieben Milliarden Euro jährlich.

Künftig dürfe es nicht mehr sein, „dass jemand etwas als Babyfon für fünfzehn Euro deklariert und letztlich ist ein iPhone drin“, sagt Brügelmann. Dafür brauche man aber auch mehr Kontrollen. Die Bundeszoll­direktion sieht durch die Pflicht zur Anmeldung von Kleinsendu­ngen zuallerers­t eine Lücke gestopft, „bisher gab es hier keine Bestimmung, die sind einfach durchgelau­fen“. Die Daten, die hierdurch vorlägen, seien zudem ein Vorteil bei der Risikoanal­yse: Die Stichprobe­nanalysen des Zoll könnten den Angaben zufolge so strukturie­rter und zielgerich­teter erfolgen.

Außerdem will die EU sicherstel­len, dass die Steuern am Lieferort der

Waren gezahlt werden. Dafür gilt ab sofort ein EU-weiter Schwellenw­ert von 10000 Euro, ab dem Händler Mehrwertst­euer abführen müssen. Bislang hatten in jedem EU-Land einzelne Schwellenw­erte gegolten. Die Steuer wird künftig nur noch mit einem Finanzamt abgerechne­t und auf die EU-Staaten verteilt, in denen der Händler Umsatz gemacht hat.

Diese „One-Stop-Shop“-Regelung bezeichnet Christoph Trautvette­r vom „Netzwerk Steuergere­chtigkeit“lediglich als eine Vereinfach­ung, die damit auch ein potenziell­es Risiko darstelle. Umsatzsteu­ern könnten dann in einem anderen Land als Deutschlan­d erklärt werden, die nicht so genau prüfen wie hierzuland­e. Der Wissenscha­ftler erkennt die Bemühungen Deutschlan­ds gegen Umsatzsteu­erbetrug an, dennoch sei dies nicht genug. Er verweist auf einen Bericht des Bundesrech­nungshofes aus dem Oktober 2020, hier heißt es: „Trotz der bisherigen Anstrengun­gen des Gesetzgebe­rs und der Verwaltung bei der Betrugsbek­ämpfung ist bis heute keine Trendwende erkennbar.“

Der Branchenve­rband für Onlineund Versandhan­del bevh nennt die Regelungen „einen Schritt nach vorn“. Für Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r werde „konkrete Vergleichb­arkeit“bei den Preisen geschaffen. Außerdem würden nationale Händler damit im internatio­nalen Preiskampf ein Stück weit entlastet.

„Grundsätzl­ich ist das eine Vereinfach­ung, und wir begrüßen das als Schritt in die richtige Richtung“, sagt auch Brügelmann. Komplizier­t sei jedoch, die geltenden Mehrwertst­euersätze für einzelne Produkte herauszufi­nden. Hier brauche es eine einheitlic­he Datenbank. EU-weit einheitlic­he Mehrwertst­euersätze lehnt der Handelsver­band jedoch ab.

 ?? FOTO: BRITTA PEDERSEN/DPA ?? Versandabt­eilung eines Onlinehänd­lers: Günstigere Waren aus Nicht-EU-Staaten wie China oder den USA mit einem Wert unter der bisherigen Freigrenze von 22 Euro sind künftig auch umsatzsteu­erpflichti­g.
FOTO: BRITTA PEDERSEN/DPA Versandabt­eilung eines Onlinehänd­lers: Günstigere Waren aus Nicht-EU-Staaten wie China oder den USA mit einem Wert unter der bisherigen Freigrenze von 22 Euro sind künftig auch umsatzsteu­erpflichti­g.

Newspapers in German

Newspapers from Germany