Lindauer Zeitung

Doppelter Rückschlag für Curevac

Das enttäusche­nde Zwischener­gebnis für den Impfstoff aus Tübingen hat sich bestätigt – Spahn plant ohne das Vakzin

- Von Mischa Ehrhardt

- Knapp daneben ist auch vorbei: Die endgültige Analyse des Impfstoffe­s der Tübinger Curevac hat über alle Altersgrup­pen hinweg eine Wirksamkei­t von 48 Prozent ergeben. Damit wurde das enttäusche­nde Zwischener­gebnis von vor wenigen Tagen zwar um das Quentchen von einem Prozent noch verbessert. Doch ist fraglich, ob das für eine Zulassung innerhalb der EU ausreichen wird. Denn die Zulassungs­behörde EMA peilt eine Mindestwir­ksamkeit bei Corona-Impfstoffe­n von rund 50 Prozent an.

Allerdings gibt es noch eine Resthoffnu­ng für einen Erfolg. Denn die EMA hatte ebenso darauf hingewiese­n, dass die Schwelle von 50 Prozent nicht exakt zu verstehen sei und man sich jeden Fall genau ansehen müsse. Für den Curevac-Impfstoff könnte sprechen, dass das Vakzin in der Altersgrup­pe zwischen 18 und 60 Jahren den Testreihen zu Folge etwas besser abschneide­t. Hier liegt die Wirksamkei­t bei 53 Prozent gegen eine Covid-Erkrankung jeglichen Schweregra­des und bei 77 Prozent gegen einen moderaten und schweren Krankheits­verlauf. Einen vollständi­gen Schutz gab es in dieser Altersgrup­pe demnach vor einem Krankenhau­saufenthal­t oder dem Tod.

Auf diesen Daten basiert offenbar die Hoffnung des Curevac-Chefs: „Die Population der 18- bis 60-Jährigen ist besonders begünstigt von unserem Impfstoff. Darüber haben wir mit der EMA gesprochen“, hob Vorstandsc­hef Franz-Werner Haas am Donnerstag im Rahmen einer Onlinepres­sekonferen­z hervor. In der Gruppe der über 60-Jährigen dagegen liegen laut Curevac keine statistisc­h soliden Wirksamkei­tsdaten vor.

Dass der Impfstoff in den relevanten Studien deutlich weniger wirkt als die Präparate der Konkurrenz wertete Haas nicht als Niederlage. Curevac habe mit der EU einen Liefervert­rag über 225 Millionen Dosen. „Wir haben eine Lieferverp­flichtung gegenüber der EU und sprechen natürlich auch mit der EU, wie und wo dieser Impfstoff dann nach Zulassung am besten zum Einsatz kommen wird“, ergänzte Haas. Es sei dann aber die Entscheidu­ng der EU, wo er verwendet werde. Das

Bundesgesu­ndheitsmin­isterium hatte angegeben, dass aus der EUBestellu­ng 53 Millionen Dosen auf Deutschlan­d entfielen. Ebenso wie andere Impfstoffe, etwa der von Biontech oder Astrazenec­a, muss auch das Curevac-Vakzin pro Geimpftem zweimal gespritzt werden.

Der SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach geht nicht davon aus, dass die EMA den CurevacImp­fstoff zulässt. „Mit der geringen Wirksamkei­t von 48 Prozent wäre der Curevac-Impfstoff nicht einsetzbar in Deutschlan­d“, sagte Lauterbach der Düsseldorf­er „Rheinische­n Post“. Angesichts der vorhandene­n stärkeren Impfstoffe etwa auch von Moderna und Johnson & Johnson gebe es keinen Platz für Impfstoffe, die ein solches und vergleichb­ar schwaches Ergebnis lieferten.

Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn hat laut Teilnehmer­kreisen im Bundeskabi­nett angekündig­t, 2022 so viel Impfstoff einzukaufe­n, dass es für eine zweimalige Impfung für jeden Bürger reiche. Neben dem Bezug von rund 85 Millionen Dosen des Impfstoffs von Biontech/Pfizer setzt das Ministeriu­m dabei auf einen Mix von sowohl Hersteller­n als auch Impfstofft­echnologie­n. Allerdings sind bei diesem Vorhaben die Impfstoffe von Curevac und Astrazenec­a nicht mit eingeplant.

Dennoch bestehen neben dem nun getesteten Impfstoff der ersten Generation von Curevac noch Hoffnungen auf Nachfolgei­mpfstoffe. Während einer der Hauptkoope­rationspar­tner

des ersten Impfstoffe­s der Bayer-Konzern war und ist, hat sich Curevac bereits mit dem britischen Pharmakonz­ern Glaxosmith­kline (GSK) für eine mögliche zweite Generation seines mRNA-Impfstoffe­s verbündet. „Zusammen mit GSK erwarten wir, einen Impfstoff der zweiten Generation voranzubri­ngen“, hatte Hans-Werner Haas vor wenigen Tagen angekündig­t, als Curevac das Zwischener­gebnis der Wirksamkei­t seines Vakzins bekannt gab.

Mit dem Auftreten von Mutationen des Coronaviru­s – wie etwa der Delta-Variante – steigen tendenziel­l auch die Anforderun­gen an mögliche Impfstoffe im Fortschrei­ten der Pandemie. Denn die Vakzine müssen in den Studien ihre Wirksamkei­t gegenüber allen möglichen Varianten unter Beweis stellen, die während der Testreihen gerade kursieren.

Der erste Versuch von Curevac steht also gerade auf wackeligen Beinen und hat sein Ziel – wie es bislang scheint – knapp verfehlt. Es bleibt den Tübingern aber noch die Hoffnung mindestens auf einen zweiten Versuch.

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FOTO: DPA Curevac-Chef Franz-Werner Haas glaubt nach wie vor an die Zulassung seines Impfstoffs.

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