Was vergrabene Teebeutel verraten
Die Versuchsstation für Obstbau untersucht Alternativen bei der Bodenbearbeitung
- Die Obstblüte ist vorüber, das Erwarten der Ernte ist in vollem Gange. Ebenso die Sorge vor Hagelschäden, wie sie bei den aktuell heftigen Gewittern in der Region durchaus vorkommen. Doch nicht nur den wachsenden Früchten gilt die Aufmerksamkeit der Obstbauern. Damit die Bäume gute Voraussetzungen haben, ihren Früchten möglichst viel Kraft zukommen zu lassen, muss auch der Boden um sie herum gut umsorgt werden. Die Versuchsstation für Obstbau in Schlachters ist da der ideale Ort, um verschiedene Praktiken für die Bodenbearbeitung unter den Obstbäumen zu erproben und zu testen.
Teebeutel, gefüllt mit fünf Gramm grünem Tee, spielten bei einem Versuchsprojekt eine bedeutende Rolle. Sie sollten – in 20 Zentimeter Tiefe vergraben – Hinweise darüber geben, was sich im Boden so tut, wie aktiv Mikroorganismen im Bodenbereich um Obstbäume sind, der mit den verschiedensten Methoden behandelt wurde: mit Herbiziden, mit rein mechanischen Verfahren sowie gemischt.
Jeden Monat wurde kontrolliert, wie viel von den fünf Gramm noch vorhanden war. Je weniger Tee noch vorhanden ist, desto aktiver ist das mikrobiologische Leben im Boden. Grüner Tee deshalb, weil der nicht fermentiert und daher für Mikroorganismen wesentlich geeigneter ist. Das ist also keine Frage des persönlichen Geschmacks der am Projekt beteiligten Menschen, wie Johannes Werth lachend aufklärt. Werth war für dieses Projekt zuständig und erklärt bei einem Rundgang über die Versuchsanstalt gemeinsam mit dem Leiter Michael Zoth zunächst die mechanischen Möglichkeiten, die helfen sollen, die Obstbäume von der Konkurrenz der Beikräuter, wie hier das Unkraut genannt wird, zu befreien.
In Zeiten der heftigen Diskussion über Herbizide kommt man um das Reizthema Glyphosat natürlich nicht herum. Denn auch im konventionellen Obstbau spielt dieses umstrittene Unkrautvernichtungsmittel eine Rolle. „Die Behandlung mit chemischen Produkten, darunter Glyphosat, ist jedenfalls die günstigste“, sagt Zoth, der aufgrund des Preisdrucks seitens der Märkte und der Verbraucher die Wirtschaftlichkeit betont. Mit diesen Herbiziden werde das Beikraut rund um die Obststämme behandelt, das daraufhin verwelke und eingehe, da die Herbizide auf die Photosynthese wirken würden.
Das versuchen die Biobauern durch den Einsatz von diversen mechanischen Geräten anders zu lösen: Mit Rollhacke und Fingerhacke, Krümler und Scheibenegge, Fadengerät oder einem vertikalen Bürstengerät
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wird der Boden um die Stämme vom Beikraut befreit, was durchaus wirkungsvoll sein kann. In Sachen Wirtschaftlichkeit und auch der CO2-Bilanz schlägt diese Methode jedoch anders zu Buche, betont Michael Zoth: „Da muss mit dem Traktor öfters durch die ganze Plantage gefahren werden. Je nach Arbeitsgerät braucht es kräftigere Traktoren und verschiedene Arbeitsgeschwindigkeiten, um eine effektive Bodenbehandlung bei gleichzeitiger Schonung der Obststämme zu erreichen“. Manche Einsatzgeräte hinterlassen sogenannte Horste an den Baumstämmen und Gerüstpfosten. Da bleiben also noch Beikräuter in unmittelbarer Nähe der genannten stehen, die nur schwer zu erreichen seien. „Wo öfters gefahren und gehackt wird, können die Insekten auch kaum leben“, gibt der Leiter der Versuchsanstalt außerdem zu bedenken.
Die Häufigkeit der Bearbeitungsdurchgänge hängt, neben der Geräteauswahl, von den lokalen Gegebenheiten ab, also von Niederschlag, Bodenbeschaffenheit oder auch Mäusen. Als Richtwert gibt die Versuchsanstalt in ihrer Infobroschüre drei bis vier Anwendungen pro Saison beim Herbizideinsatz an, bei mechanischen Verfahren hingegen fünf bis acht. Bei letzterer Methode
gibt es aber keine Wartezeiten oder Zulassungsbedingungen. Hier kann – abhängig von den Witterungsverhältnissen – fast jederzeit gefahren werden. Zudem kann das Falllaub mit in den Boden eingearbeitet werden, was die Bodenhygiene weiter verbessern würde.
Da Verbraucher und Lebensmittelketten immer mehr nach einer nachhaltigen Produktion fragen, würde es, bei gleichzeitig steigenden Engpässen bei der Zulassung herbizider Wirkstoffe, in der konventionellen Landwirtschaft durchaus Gründe geben, sich mit den mechanischen Verfahren intensiver zu beschäftigen und diese in der Praxis einzusetzen, ist sich Zoth sicher.
Unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit ergibt sich eine andere Sicht. Da müsse bedacht werden, dass durch die mechanische Behandlung die Bäume stärker belastet würden und der erhöhte Arbeitsaufwand inklusive des höheren CO2-Fußabdrucks einen Flächenertrag ergebe, der ein Drittel bis 40 Prozent unter dem des konventionellen Obstbaus liege. „Da sind wir wieder beim Preis, den der Kunde bereit ist, zu bezahlen“, so der Leiter des Obstbaubetriebs.
Wie sich die verschiedenen Methoden in der Praxis auswirken, zeigt Johannes Werth beim Gang durch Obstbaumreihen mit derselben Obstsorte, die 2017 zeitgleich gepflanzt wurden. Hier wechseln sich hellgelbe Streifen unter den Bäumen – durch Herbizideinsatz verwelktes Beikraut – mit verschiedensten Mulchverfahren ab. Darunter befinden sich Rinden-, Stroh- oder Holzhäckselmulch, auch Sprühmulch, bestehend aus Pflanzenölen. Bei diesen gilt: Je dicker, umso effektiver verhindern sie, dass das Unkraut durchkommt. Allerdings verhindern sie den Blick auf Mauslöcher.
Als Referenz steht am Ende jeder Baumreihe eine Anzahl von Obstbäumen, bei denen jeglicher Eingriff in die Beikräuter weggelassen wurde. Da geht der Blick nun nach oben zu den Bäumen selbst. Hier sind die Stämme sehr kümmerlich, teilweise schon am Absterben. Hier hat das Beikraut das Wettrennen um die Nährstoffe im Boden eindeutig gewonnen. Bei den diversen Mulchböden sehen die Obstbäume schon besser aus. Am besten ist die Situation dort, wo sich zwischen ihnen der erwähnte gelbe Streifen infolge Herbizideinsatz befindet.
Bleibt abschließend die Frage nach den Teebeuteln: Hier haben die verschiedenen Behandlungsmethoden keinerlei Spuren hinterlassen. Es waren auch keine Auswirkungen auf das Leben in der Tiefe messbar. Nur so viel hat das Projekt ergeben: Die Mikroorganismen waren sehr aktiv und sollten näher erforscht werden. Dafür aber braucht es ein neues Projekt – und entsprechend Gelder dafür.
Mehr zur Serie mit den Obstbauern lesen Sie unter
schwaebische.de/obstbauern