Lindauer Zeitung

Schüler bauen am Computer ein virtuelles Bogy

Nachwuchs-Nobels Teil 3 – Am Bogy programmie­ren Fünftkläss­ler Ping-Pong-Spiel, Pflanzenüb­erwachung und bauen Schulgebäu­de am PC

- Von Emanuel Hege

- Nicht nur die Nobelpreis­trägertagu­ng, sondern auch Nachwuchsf­orscher in den Schulen machen Lindau zur Stadt der Wissenscha­ft. In der Kurzserie „Nachwuchs-Nobels“stellt die Lindauer Zeitung Schülerinn­en und Schüler vor, die sich besonders für Naturwisse­nschaften interessie­ren, selbst forschen und ihre Zukunft danach ausrichten. Am Bodensee-Gymnasium (Bogy) bauen fünf Jungs ihr Schulgebäu­de nach und lernen, wie vernetzte Produkte funktionie­ren.

„Das ist wie Minecraft, das Computersp­iel“, sagt Lukas Vögeli, „und so bauen wir das Bogy nach.“Lukas und seine Freunde Jan Zweier, Jan Sinnstein, Alan Dziurawiec und Noah Abd El Azeim sprechen durcheinan­der und voller Begeisteru­ng, als sie in der Bibliothek des Bogy von ihrem Projekt im Wahlfach Maker Space erzählen. Nur mit dem Grundriss des Gymnasiums ausgestatt­et, bauen die fünf ihre Schule in einem virtuellen Raum nach. Später können sie verschiede­ne Roboter programmie­ren, die in der imaginären Welt herumfahre­n und bestimmte Dinge erledigen. „Wir können ganz selbststän­dig ausprobier­en, mir macht es vor allem Spaß, weil man Dingen Leben einhauchen kann“, sagt Jan Sinnstein.

Neben dem Bau an einer virtuellen Welt haben die Fünftkläss­ler auf sogenannte­n Microcontr­ollern, also extrem kleinen Computern, die auf einem einzigen Chip aufgebrach­t sind, unterschie­dliche Dinge programmie­rt. Beispielsw­eise einen Blumenwäch­ter: Durch Drähte im Pflanzenkü­bel erkennt das Programm, ob die Pflanze Wasser braucht. Aber auch einen Schrittzäh­ler oder einen Notenumblä­tterautoma­ten haben die Teilnehmer von Maker

Space schon programmie­rt.

„Wir haben auch ein Ping-PongSpiel selbst gemacht“, erzählt Noah. „Man kann auch ganz eigene Spiele entwickeln, aber so weit sind wir noch nicht.“Das seien Spielereie­n, sagt Lehrer Andre Scherl, der das

Wahlfach leitet. „Es geht aber darum, dass die Schülerinn­en und Schüler verstehen, wie Microcontr­oller funktionie­ren.“Denn die seien in allen vernetzten Geräten des Alltags – beispielsw­eise in modernen Waagen oder Haushaltsg­eräten. Doch auch für angehende Wissenscha­ftler seien die Inhalte des Wahlfachs wichtig, so Scherl, denn: „Um Technik in der Forschung zielgerich­tet nutzen zu können, muss man sie auch verstehen.“

40 Nachwuchsw­issenschaf­tler von der 5. bis zur 7. Klasse opfern regelmäßig ihren Freitagnac­hmittag, um am Bogy zu programmie­ren. Seit diesem Schuljahr gibt es den Maker Space, dessen oberste Vorgabe ist, dass es keine Vorgaben gibt. „Es geht um Kreativitä­t und selbststän­dige Projekte“, sagt Scherl, auch im Heimunterr­icht seien die Schülerinn­en und Schüler dran geblieben. Jan Zweier bleibt gerne freitags länger in der Schule, einerseits, weil es ihm Spaß mache. „Aber auch, weil ich zu Hause ja Hausaufgab­en hätte und lernen müsste“, sagt Jan, die Gruppe lacht.

Der Großteil der fünf Jungs will einmal Ingenieur werden, Dinge erfinden und erbauen. Mit der Nobelpreis­trägertagu­ng seien die Jungs noch nicht wirklich in Berührung gekommen, obwohl ihnen einige Fragen unter den Nägeln brennen. „Ich würde gerne wissen, wie die Wissenscha­ftler auf die Sachen kommen, an denen sie forschen“, sagt Jan Sinnstein. Und Lukas Vögeli fragt sich, woher die Wissenscha­ftler ihre Motivation nehmen. „Bei denen funktionie­rt manchmal ja etwas über Jahre hinweg nicht, und trotzdem bleiben die Forscher dran.“

Schulleite­rin Jutta Merwald schätzt die Anstrengun­g der Nobelpreis­trägertagu­ng, mit den Kindern und Jugendlich­en der Stadt in Kontakt zu treten. Sie wisse, dass es durch die Pandemie derzeit schwer ist, doch Merwald würde sich für die Zukunft wieder mehr direkte Gespräche zwischen Nobelpreis­trägern und Schülern wünschen. Vor rund zehn Jahren habe es noch nahbare Veranstalt­ungen gegeben, bei denen

Wissenscha­ftler in den Klassenzim­mern Versuche durchführt­en. „Da waren die Schüler nah dran, das war auf Augenhöhe, einfach hervorrage­nd“,

Für die LZ-Serie „Nachwuchs-Nobels“berichtet er von seinem Leben in der Forschung, dieses Mal: Tipps für angehende Wissenscha­ftler.

Die große Herausford­erung für angehende Wissenscha­ftler sei derzeit, die richtige Mischung zu finden, sagt Heiner Linke. Es brauche gute Grundlagen­kenntnisse, für Naturwisse­nschaftler in Mathematik, Physik, Biologie und Chemie. Aber eben auch immer mehr Programmie­rkenntniss­e, wie so Merwald. So etwas würde sie sich wieder wünschen. „Und nicht nur für die Oberstufe, bei den Jüngeren gibt es viel Potenzial.“ es die Schüler des Bogy bei Maker Space lernen. „Erfahrung mit Künstliche­r Intelligen­z und Deep Learning sind extrem gefragt und werden wohl bald vorausgese­tzt“, sagt Linke. Gleichzeit­ig sei es immer wichtig, seinen Interessen zu folgen.

Wer Erfahrunge­n sammelt in Bereichen, die einem am Herzen liegen, wird irgendwann für den Traumjob qualifizie­rt sein, von dem man vielleicht gar nicht wusste, dass es ihn gibt, in der Foschung oder anderswo.

Der große Vorteil für junge Forscher: Die Wissenscha­ft ist viel größer als noch vor 50 Jahren. „Damals hatte eine Universitä­t vielleicht drei Physik-Professore­n, heute haben die gleichen Universitä­ten 30.“Es könne schon sein, dass ein Wissenscha­ftler vor vielen Jahren weniger für finanziell­e Mittel kämpfen musste. Aber die meisten von uns hätten damals eben auch gar nicht die Chance bekommen, so Linke. (ehe)

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FOTO: EMANUEL HEGE Alan Dziurawiec, Noah Abd El Azeim, Lukas Vögeli (oben) und Jan Sinnstein und Jan Zweier (unten) haben unter anderem eine Blumenüber­wachung programmie­rt. Die zeigt immer an, wenn eine Pflanze Wasser braucht.
 ?? FOTO: PRIVAT ?? Dr. Heiner Linke ist Lindenberg­er, Nano-Wissenscha­ftler, stellvertr­etender Dekan der technische­n Fakultät der Universitä­t Lund in Schweden. Der 54-Jährige hat im Rahmen der Nobelpreis­trägertagu­ng seine Forschung in der Online-Veranstalt­ung „Science@Schools“vorgestell­t. Rund 120 Kinder und Jugendlich­e von 20 Schulen waren zugeschalt­et, als Linke von seinen neuesten Entdeckung­en erzählte.
Heiner Linke
FOTO: PRIVAT Dr. Heiner Linke ist Lindenberg­er, Nano-Wissenscha­ftler, stellvertr­etender Dekan der technische­n Fakultät der Universitä­t Lund in Schweden. Der 54-Jährige hat im Rahmen der Nobelpreis­trägertagu­ng seine Forschung in der Online-Veranstalt­ung „Science@Schools“vorgestell­t. Rund 120 Kinder und Jugendlich­e von 20 Schulen waren zugeschalt­et, als Linke von seinen neuesten Entdeckung­en erzählte. Heiner Linke

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