Schüler bauen am Computer ein virtuelles Bogy
Nachwuchs-Nobels Teil 3 – Am Bogy programmieren Fünftklässler Ping-Pong-Spiel, Pflanzenüberwachung und bauen Schulgebäude am PC
- Nicht nur die Nobelpreisträgertagung, sondern auch Nachwuchsforscher in den Schulen machen Lindau zur Stadt der Wissenschaft. In der Kurzserie „Nachwuchs-Nobels“stellt die Lindauer Zeitung Schülerinnen und Schüler vor, die sich besonders für Naturwissenschaften interessieren, selbst forschen und ihre Zukunft danach ausrichten. Am Bodensee-Gymnasium (Bogy) bauen fünf Jungs ihr Schulgebäude nach und lernen, wie vernetzte Produkte funktionieren.
„Das ist wie Minecraft, das Computerspiel“, sagt Lukas Vögeli, „und so bauen wir das Bogy nach.“Lukas und seine Freunde Jan Zweier, Jan Sinnstein, Alan Dziurawiec und Noah Abd El Azeim sprechen durcheinander und voller Begeisterung, als sie in der Bibliothek des Bogy von ihrem Projekt im Wahlfach Maker Space erzählen. Nur mit dem Grundriss des Gymnasiums ausgestattet, bauen die fünf ihre Schule in einem virtuellen Raum nach. Später können sie verschiedene Roboter programmieren, die in der imaginären Welt herumfahren und bestimmte Dinge erledigen. „Wir können ganz selbstständig ausprobieren, mir macht es vor allem Spaß, weil man Dingen Leben einhauchen kann“, sagt Jan Sinnstein.
Neben dem Bau an einer virtuellen Welt haben die Fünftklässler auf sogenannten Microcontrollern, also extrem kleinen Computern, die auf einem einzigen Chip aufgebracht sind, unterschiedliche Dinge programmiert. Beispielsweise einen Blumenwächter: Durch Drähte im Pflanzenkübel erkennt das Programm, ob die Pflanze Wasser braucht. Aber auch einen Schrittzähler oder einen Notenumblätterautomaten haben die Teilnehmer von Maker
Space schon programmiert.
„Wir haben auch ein Ping-PongSpiel selbst gemacht“, erzählt Noah. „Man kann auch ganz eigene Spiele entwickeln, aber so weit sind wir noch nicht.“Das seien Spielereien, sagt Lehrer Andre Scherl, der das
Wahlfach leitet. „Es geht aber darum, dass die Schülerinnen und Schüler verstehen, wie Microcontroller funktionieren.“Denn die seien in allen vernetzten Geräten des Alltags – beispielsweise in modernen Waagen oder Haushaltsgeräten. Doch auch für angehende Wissenschaftler seien die Inhalte des Wahlfachs wichtig, so Scherl, denn: „Um Technik in der Forschung zielgerichtet nutzen zu können, muss man sie auch verstehen.“
40 Nachwuchswissenschaftler von der 5. bis zur 7. Klasse opfern regelmäßig ihren Freitagnachmittag, um am Bogy zu programmieren. Seit diesem Schuljahr gibt es den Maker Space, dessen oberste Vorgabe ist, dass es keine Vorgaben gibt. „Es geht um Kreativität und selbstständige Projekte“, sagt Scherl, auch im Heimunterricht seien die Schülerinnen und Schüler dran geblieben. Jan Zweier bleibt gerne freitags länger in der Schule, einerseits, weil es ihm Spaß mache. „Aber auch, weil ich zu Hause ja Hausaufgaben hätte und lernen müsste“, sagt Jan, die Gruppe lacht.
Der Großteil der fünf Jungs will einmal Ingenieur werden, Dinge erfinden und erbauen. Mit der Nobelpreisträgertagung seien die Jungs noch nicht wirklich in Berührung gekommen, obwohl ihnen einige Fragen unter den Nägeln brennen. „Ich würde gerne wissen, wie die Wissenschaftler auf die Sachen kommen, an denen sie forschen“, sagt Jan Sinnstein. Und Lukas Vögeli fragt sich, woher die Wissenschaftler ihre Motivation nehmen. „Bei denen funktioniert manchmal ja etwas über Jahre hinweg nicht, und trotzdem bleiben die Forscher dran.“
Schulleiterin Jutta Merwald schätzt die Anstrengung der Nobelpreisträgertagung, mit den Kindern und Jugendlichen der Stadt in Kontakt zu treten. Sie wisse, dass es durch die Pandemie derzeit schwer ist, doch Merwald würde sich für die Zukunft wieder mehr direkte Gespräche zwischen Nobelpreisträgern und Schülern wünschen. Vor rund zehn Jahren habe es noch nahbare Veranstaltungen gegeben, bei denen
Wissenschaftler in den Klassenzimmern Versuche durchführten. „Da waren die Schüler nah dran, das war auf Augenhöhe, einfach hervorragend“,
Für die LZ-Serie „Nachwuchs-Nobels“berichtet er von seinem Leben in der Forschung, dieses Mal: Tipps für angehende Wissenschaftler.
Die große Herausforderung für angehende Wissenschaftler sei derzeit, die richtige Mischung zu finden, sagt Heiner Linke. Es brauche gute Grundlagenkenntnisse, für Naturwissenschaftler in Mathematik, Physik, Biologie und Chemie. Aber eben auch immer mehr Programmierkenntnisse, wie so Merwald. So etwas würde sie sich wieder wünschen. „Und nicht nur für die Oberstufe, bei den Jüngeren gibt es viel Potenzial.“ es die Schüler des Bogy bei Maker Space lernen. „Erfahrung mit Künstlicher Intelligenz und Deep Learning sind extrem gefragt und werden wohl bald vorausgesetzt“, sagt Linke. Gleichzeitig sei es immer wichtig, seinen Interessen zu folgen.
Wer Erfahrungen sammelt in Bereichen, die einem am Herzen liegen, wird irgendwann für den Traumjob qualifiziert sein, von dem man vielleicht gar nicht wusste, dass es ihn gibt, in der Foschung oder anderswo.
Der große Vorteil für junge Forscher: Die Wissenschaft ist viel größer als noch vor 50 Jahren. „Damals hatte eine Universität vielleicht drei Physik-Professoren, heute haben die gleichen Universitäten 30.“Es könne schon sein, dass ein Wissenschaftler vor vielen Jahren weniger für finanzielle Mittel kämpfen musste. Aber die meisten von uns hätten damals eben auch gar nicht die Chance bekommen, so Linke. (ehe)