ZF baut Forum und FEZ um
Konzern will sparen und setzt aufs mobile Arbeiten – Betriebsrat bremst
- Mehrere 1000 ZF-Mitarbeiter werden in den kommenden Monaten zur Umzugskiste greifen müssen. Der Zulieferer will die Arbeitsplatzlandschaft vor allem bei Entwicklern und in der Konzernzentrale neu aufstellen (und verdichten), zugleich soll es mobiles Arbeiten von zu Hause aus auch nach der Pandemie im großen Stil geben. Bis Ende 2023 soll das große Stühlerücken dauern, rund 25 Millionen Euro wird es kosten. Ziel: der „ZF Innovation Campus“. Glaubt man dem Unternehmen, dann geht es demnächst los mit ersten Umbauten im Forum. Der Betriebsrat allerdings spricht bislang nur von „ersten Ideen“. Betriebsvereinbarungen hierzu gibt es bislang nicht.
Natürlich hat es auch mit Corona zu tun, dass ZF über die künftige Verteilung von Arbeitsplätzen nachdenkt und die Frage, wie viel HomeOffice künftig möglich sein soll. Die Pandemie hat gezeigt, was geht. Und in einer Umfrage haben rund 80 Prozent der Beschäftigten gesagt, dass sie auch künftig gern zumindest teilweise von zu Hause aus arbeiten wollen. Es dürften aber auch monetäre Gründe eine Rolle spielen. Derzeit hat der Konzern in Friedrichshafen zahlreiche Büroräume extern angemietet und Mietcontainer aufgestellt. Dass der Standort in Kressbronn bis Ende 2022 dichtgemacht wird, liegt auch daran, dass man dort viel Geld investieren müsste, wenn man dauerhaft bleiben wollte. Das Forschungs- und Entwicklungszentrum (FEZ) steht zur Renovierung
an.
Vor diesem Hintergrund soll der neue konzernweite Ansatz „ZF Work“, der die künftige Arbeitsrealität zwischen Präsenzzeiten im Büro oder bei Besprechungen einerseits und der mobilen Arbeit zu Hause andererseits regeln wird, am Standort Friedrichshafen rasch umgesetzt werden, und zwar zunächst bei vielen der 3500 Entwickler und 1100 Mitarbeitern in den Zentralbereichen des Konzerns. „Wir brauchen Spielregeln dazu“, sagt Frank Iwer, Personalchef für die deutschen ZFStandorte. „Es können nicht alle gleichzeitig montags und freitags daheim bleiben.“Zugleich müsse man auch baulich einiges verändern. Stillarbeit werde künftig eher nicht mehr im Büro stattfinden. „Man kommt ins Geschäft, um Menschen zu treffen, zu kommunizieren und gemeinsam an Projekten zu arbeiten.“Mit anderen Worten: weg vom Einzelbüro und fest zugeordnetem Arbeitsplatz, hin zum „Desk Sharing“, also einem Konzept, bei dem sich mehrere Mitarbeiter einen Schreibtisch teilen. Am Ende werden es mehr Mitarbeiter pro Gebäude sein, „ohne dass es enger wird“, verspricht Iwer mit Blick aufs mobile Arbeiten.
Das ist konkret geplant: Zunächst wird im ZF-Forum umgebaut und verdichtet. Dann werden dort Entwickler einziehen. Vorübergehend, denn wenn sie das FEZ verlassen haben, wird dort umgebaut, Stück für Stück. „Wir werden das FEZ dann nach und nach fit machen für die neuen Anforderungen“, sagt Dirk Adamczyk, verantwortlich für die globalen ZF-Entwicklungszentren.
Ob das nach Abteilungen, Stockwerken oder Turm für Turm passiert, sei noch nicht entschieden. Im ersten Schritt soll dieser Prozess bis Ende 2023 dauern und rund 25 Millionen Euro kosten. „Wir wollen natürlich weiterhin ein attraktives Arbeitsumfeld bieten“, sagt Iwer. Am Ende wird die nominelle Zahl der Arbeitsplätze im ZF-Forum von derzeit 780 auf 880 bis 980 steigen, im FEZ von 2000 auf 2500.
„Wir stärken damit den Entwicklungsstandort Friedrichshafen“, sagt Dirk Adamczyk. Es entstehe der „ZF Innovation Campus“, auf dem Ingenieure aller Fachrichtungen und Technologiefelder an einem Ort eng zusammenarbeiten können.
Nicht ganz so euphorisch reagiert Franz-Josef Müller auf die Pläne. Der Betriebsratsvorsitzende des Bereichs Z, in dem Konzernzentrale und Entwickler zusammengefasst sind, nennt denn auch die Ankündigungen des Konzerns „erste Ideen“. Vieles davon sei nur mit Zustimmung der Arbeitnehmervertretung zu machen. Die sei zwar prinzipiell gesprächsbereit, tatsächlich verhandelt worden sei aber noch nicht. Man werde Gebäude für Gebäude, Abteilung für Abteilung, Stockwerk für Stockwerk durchgehen müssen, um die Anforderungen an die künftigen Arbeitsplätze zu ermitteln und festzulegen. Vor diesem Hintergrund nennt der Betriebsratschef den Zeitplan für die Umbauten in Forum und FEZ „mehr als schwierig“.
Die IG Metall hatte vor einigen Wochen Forderungen formuliert, unter anderem die Entscheidungsfreiheit jedes Mitarbeiters, ob er zu
Hause arbeiten will, Desk-SharingQuoten für alle Teams und die Bezahlung von Arbeitsmitteln wie Stuhl, Monitor und Tastatur durch den Arbeitgeber.
Müller bedauert, dass ZF die Pläne für ein Bürogebäude beim neuen Prüfzentrum auf Eis gelegt habe: „Ein Neubau wäre sicher besser, als die gemieteten Büro-Container im FEZ wie geplant zu kaufen.“
Relativ einig sind sich Konzern und Betriebsrat in der Einschätzung, dass der Standort Friedrichshafen mit Blick auf die Zahl der Beschäftigten nicht mehr massiv wachsen werde. „Das Thema Softwareentwicklung wird lieber in Billiglohnländern erledigt“, kritisiert Franz-Josef Müller. „Wir müssen unsere Entwicklungszentren global verteilen, weil wir kundennah sein müssen“, kontert Frank Iwer.
Gerungen wird noch um den Abbau von 150 bis 200 Stellen in der Konzernzentrale. Sie stehen im Zuge des ZF-weiten Programms „Prisma“auf dem Prüfstand, das die Verwaltung schlanker machen soll. Man werde das Problem auf alle Fälle ohne betriebsbedingte Kündigungen lösen, verspricht Iwer.
Auch für die Werke 1 und 2 wird offenbar über organisatorische und bauliche Veränderungen nachgedacht, aber noch wenig laut gesprochen. Eine Möglichkeit offenbar: die Verlegung des Ausbildungszentrums von der Flugplatzstraße ins Werk 1. Während der Konzern dafür wohl am liebsten eine bestehende Halle umbauen möchte, plädiert der Betriebsrat für einen Neubau. Beschlüsse hierzu gibt es laut ZF nicht.