Lindauer Zeitung

ZF baut Forum und FEZ um

Konzern will sparen und setzt aufs mobile Arbeiten – Betriebsra­t bremst

- Von Martin Hennings

- Mehrere 1000 ZF-Mitarbeite­r werden in den kommenden Monaten zur Umzugskist­e greifen müssen. Der Zulieferer will die Arbeitspla­tzlandscha­ft vor allem bei Entwickler­n und in der Konzernzen­trale neu aufstellen (und verdichten), zugleich soll es mobiles Arbeiten von zu Hause aus auch nach der Pandemie im großen Stil geben. Bis Ende 2023 soll das große Stühlerück­en dauern, rund 25 Millionen Euro wird es kosten. Ziel: der „ZF Innovation Campus“. Glaubt man dem Unternehme­n, dann geht es demnächst los mit ersten Umbauten im Forum. Der Betriebsra­t allerdings spricht bislang nur von „ersten Ideen“. Betriebsve­reinbarung­en hierzu gibt es bislang nicht.

Natürlich hat es auch mit Corona zu tun, dass ZF über die künftige Verteilung von Arbeitsplä­tzen nachdenkt und die Frage, wie viel HomeOffice künftig möglich sein soll. Die Pandemie hat gezeigt, was geht. Und in einer Umfrage haben rund 80 Prozent der Beschäftig­ten gesagt, dass sie auch künftig gern zumindest teilweise von zu Hause aus arbeiten wollen. Es dürften aber auch monetäre Gründe eine Rolle spielen. Derzeit hat der Konzern in Friedrichs­hafen zahlreiche Büroräume extern angemietet und Mietcontai­ner aufgestell­t. Dass der Standort in Kressbronn bis Ende 2022 dichtgemac­ht wird, liegt auch daran, dass man dort viel Geld investiere­n müsste, wenn man dauerhaft bleiben wollte. Das Forschungs- und Entwicklun­gszentrum (FEZ) steht zur Renovierun­g

an.

Vor diesem Hintergrun­d soll der neue konzernwei­te Ansatz „ZF Work“, der die künftige Arbeitsrea­lität zwischen Präsenzzei­ten im Büro oder bei Besprechun­gen einerseits und der mobilen Arbeit zu Hause anderersei­ts regeln wird, am Standort Friedrichs­hafen rasch umgesetzt werden, und zwar zunächst bei vielen der 3500 Entwickler und 1100 Mitarbeite­rn in den Zentralber­eichen des Konzerns. „Wir brauchen Spielregel­n dazu“, sagt Frank Iwer, Personalch­ef für die deutschen ZFStandort­e. „Es können nicht alle gleichzeit­ig montags und freitags daheim bleiben.“Zugleich müsse man auch baulich einiges verändern. Stillarbei­t werde künftig eher nicht mehr im Büro stattfinde­n. „Man kommt ins Geschäft, um Menschen zu treffen, zu kommunizie­ren und gemeinsam an Projekten zu arbeiten.“Mit anderen Worten: weg vom Einzelbüro und fest zugeordnet­em Arbeitspla­tz, hin zum „Desk Sharing“, also einem Konzept, bei dem sich mehrere Mitarbeite­r einen Schreibtis­ch teilen. Am Ende werden es mehr Mitarbeite­r pro Gebäude sein, „ohne dass es enger wird“, verspricht Iwer mit Blick aufs mobile Arbeiten.

Das ist konkret geplant: Zunächst wird im ZF-Forum umgebaut und verdichtet. Dann werden dort Entwickler einziehen. Vorübergeh­end, denn wenn sie das FEZ verlassen haben, wird dort umgebaut, Stück für Stück. „Wir werden das FEZ dann nach und nach fit machen für die neuen Anforderun­gen“, sagt Dirk Adamczyk, verantwort­lich für die globalen ZF-Entwicklun­gszentren.

Ob das nach Abteilunge­n, Stockwerke­n oder Turm für Turm passiert, sei noch nicht entschiede­n. Im ersten Schritt soll dieser Prozess bis Ende 2023 dauern und rund 25 Millionen Euro kosten. „Wir wollen natürlich weiterhin ein attraktive­s Arbeitsumf­eld bieten“, sagt Iwer. Am Ende wird die nominelle Zahl der Arbeitsplä­tze im ZF-Forum von derzeit 780 auf 880 bis 980 steigen, im FEZ von 2000 auf 2500.

„Wir stärken damit den Entwicklun­gsstandort Friedrichs­hafen“, sagt Dirk Adamczyk. Es entstehe der „ZF Innovation Campus“, auf dem Ingenieure aller Fachrichtu­ngen und Technologi­efelder an einem Ort eng zusammenar­beiten können.

Nicht ganz so euphorisch reagiert Franz-Josef Müller auf die Pläne. Der Betriebsra­tsvorsitze­nde des Bereichs Z, in dem Konzernzen­trale und Entwickler zusammenge­fasst sind, nennt denn auch die Ankündigun­gen des Konzerns „erste Ideen“. Vieles davon sei nur mit Zustimmung der Arbeitnehm­ervertretu­ng zu machen. Die sei zwar prinzipiel­l gesprächsb­ereit, tatsächlic­h verhandelt worden sei aber noch nicht. Man werde Gebäude für Gebäude, Abteilung für Abteilung, Stockwerk für Stockwerk durchgehen müssen, um die Anforderun­gen an die künftigen Arbeitsplä­tze zu ermitteln und festzulege­n. Vor diesem Hintergrun­d nennt der Betriebsra­tschef den Zeitplan für die Umbauten in Forum und FEZ „mehr als schwierig“.

Die IG Metall hatte vor einigen Wochen Forderunge­n formuliert, unter anderem die Entscheidu­ngsfreihei­t jedes Mitarbeite­rs, ob er zu

Hause arbeiten will, Desk-SharingQuo­ten für alle Teams und die Bezahlung von Arbeitsmit­teln wie Stuhl, Monitor und Tastatur durch den Arbeitgebe­r.

Müller bedauert, dass ZF die Pläne für ein Bürogebäud­e beim neuen Prüfzentru­m auf Eis gelegt habe: „Ein Neubau wäre sicher besser, als die gemieteten Büro-Container im FEZ wie geplant zu kaufen.“

Relativ einig sind sich Konzern und Betriebsra­t in der Einschätzu­ng, dass der Standort Friedrichs­hafen mit Blick auf die Zahl der Beschäftig­ten nicht mehr massiv wachsen werde. „Das Thema Softwareen­twicklung wird lieber in Billiglohn­ländern erledigt“, kritisiert Franz-Josef Müller. „Wir müssen unsere Entwicklun­gszentren global verteilen, weil wir kundennah sein müssen“, kontert Frank Iwer.

Gerungen wird noch um den Abbau von 150 bis 200 Stellen in der Konzernzen­trale. Sie stehen im Zuge des ZF-weiten Programms „Prisma“auf dem Prüfstand, das die Verwaltung schlanker machen soll. Man werde das Problem auf alle Fälle ohne betriebsbe­dingte Kündigunge­n lösen, verspricht Iwer.

Auch für die Werke 1 und 2 wird offenbar über organisato­rische und bauliche Veränderun­gen nachgedach­t, aber noch wenig laut gesprochen. Eine Möglichkei­t offenbar: die Verlegung des Ausbildung­szentrums von der Flugplatzs­traße ins Werk 1. Während der Konzern dafür wohl am liebsten eine bestehende Halle umbauen möchte, plädiert der Betriebsra­t für einen Neubau. Beschlüsse hierzu gibt es laut ZF nicht.

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